Tragikomödie Dt. Kohleausstieg

strommix_2018_master_ADie ideologisierte, fahrlässige oder verbrecherische Energiepolitik Berlins stellt das dortige Stromnetz infrage (und damit auch das öst.). Im Zentrum steht der Kohleausstieg, der teilweise ja bereits vollzogen ist. Die in Dtl. verstromte K., Stein- und Braunkohle zusammen, erzeugt nur 0,5% der weltweiten Treibhausgase- dafür wird die Stabilität der deutschen Stromversorgung aufs Spiel gesetzt.

Die Zahlen zur obigen Grafik stammen von der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen und sind hier zu finden.

Die Torte zeigt die Anteile bei der deutschen Stromerzeugung (brutto), die im vergangenen Jahr 647 Mrd. Kilowattstunden betragen hat (was wiederum nur ca. ein Viertel des deutschen Primärenergiekonsums ausmacht).

Der Graph bildet für 2018 einen ungefähren “Gleichstand” zwischen Kohle und Erneuerbaren ab, zu denen auch die “alten Erneuerbaren” Holz und Wasserkraft gezählt werden.

Inzwischen dürften die renewables die Nase vorn haben, weil – wie diekaltesonne.de gezeigt hat – heute in der Stromproduktion praktisch keine Steinkohle mehr eingesetzt wird,

2018/19 bildet wahrsscheinlich die letzte Etappe des bereits seit 2007 erfolgenden schrittweisen Ausstiegs aus der Steinkohle, mit der damals noch 22,1% des deutschen Stroms produziert wurden. Siehe dazu folgende Tabelle (Quelle wie oben):

Strom aus Steinkohle
 Jahr  Produktion in Mrd. kWh Anteil in Prozent
 2010  117  18,5
 2011  112,4  18,3
 2012  116,4  18,5
 2013  127,3  19,9
 2014  118,6  18,9
 2015  117,7  18,2
 2016  112,2  17,2
 2017  92,9  14,2
 2018  83,2  12,9

Der Braunkohle-Anteil ist lange konstant geblieben und sinkt erst seit 2015 deutlich (auf 22,5% im Jahr 2018).

Zappel- statt Grundlast-Strom

Was ist dagegen einzuwenden – ist denn nicht alles, was die CO2-Emissionen verringert, “gut”?

Nein.

Abgesehen davon, dass die Kausalität von atmosphärischem CO2 und “Klimawandel” durchaus fragwürdig ist, gibt es einen (weiteren) wesentlichen Unterschied zwischen Strom aus Kohle und solchem aus (“neuen”) Erneuerbaren Energien:

Strom aus Kohle ist steuerbar und lässt sich gezielt ins Netz entsenden, ist “dispatchable”.

Elektrizität aus Wind und Sonne dagegen kommt und geht wie es Wetter und Tageszeit gefällt. Sie ist “intermittent”.

Ein stabiles Netz benötigt aber immer genausoviel Strom wie nachgefragt wird – und ist einmal zu wenig da (z.B. in einer windstillen Nacht), muss aus dem Ausland zugekauft werden.

Die deutschen Netzbetreiber tun das bereits – doch je größer der Anteil von intermittentem Ökostrom ist, desto höher das Risiko, dass das Zukaufen einmal nicht klappt und das Netz großflächig kollabiert.

Schon heute wird eine Gratwanderung unternommen siehe z.B. hier.

Ursprünglich wollte man entsendbaren Strom durch neue Speicher oder eine historisch beispiellose geographische Ausdehnung des Netzes garantieren – aber das ist, wie bekannt, bisher immer an technischen (physikalischen) und praktischen Hürden gescheitert.

- und viel spricht dafür, dass das auch in Zukunft so bleiben wird. 

Daher hängen Energiewende und Stromversorgung in Mitteleuropa heute davon ab, dass die Netzbetreiber immer rechtzeitig und ausreichend Kilowattstunden zukaufen können – von Atom-, Kohle- oder Gaskraftwerken anderer europäischer Länder.

Ein Fehler, der wenig ändert

An dieser Stelle muss dieser Blogger einen Gedankenfehler einräumen, der ihm gestern Abend unterlaufen ist.

Ich habe nicht in Rechnung gestellt, dass die heutige deutsche Stromproduktion nach der aktuellen (eigentlich falschen) Berechnungsart etwa zur Hälfte kein CO2 freisetzt – nämlich bei (“alten” und “neuen”) Erneuerbaren und bei Atomstrom.

Im Gegenstz dazu entsteht bei der anderen Hälfte sehr wohl CO2 – bei den 35,4 Prozent Kohle-Strom; absolut und relativ mehr als bei den 12,9 Prozent, die aus Erdgas kommen (das Problem mit der Rechenweise besteht übrigens darin, dass bei Renewables und Atomstrom keine embedded/embodied energy kalkuliert wird).

Mea Culpa – ich bedanke mich bei H,, der mich drauf aufmerksam gemacht hat. Dieser Fehler wirft freilich das gezeichnete ‘big picture’ nicht um.

Der Irrtum hat das Argument lediglich verschärft und seine Beseitigung mildert es nun ein wenig ab.

Konkret: Die deutsche Energieindustrie ( = Stromerzeugung) ist laut UBA für 299 Millionen von 866 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente verantwortlich (wie erwähnt).

Der Löwenanteil davon – etwa 250 Millionen Tonnen – ging 2018 auf das Konto der Verstromung von Kohle (Steinkohle und Lignit).

Das sind ungefähr 29 Prozent des gesamten deutschen CO2-Ausstoßes und 0,5 Prozent der globalen Emissionen. Diese Werte beinhalten beide Kohlearten und sind etwa um den Faktor 2 nach unten (oben) berichtigt.

***

Die Diagnose bleibt die nämliche: Die deutsche Politik ist bereit, für eine vernachlässigenswerte Reduzierung der Emissionen die Stabilität des deutschen Stromnetzes aufs Spiel zu setzen –

  • ohne dass eine technische Lösung für das hartnäckige Intermittenz-Problem gefunden worden wäre und
  • ohne sicherstellen zu können, dass auch pro futuro zur richtigen Zeit die richtige Menge Regelenergie zugekauft werden kann.

Ein derartiges Verhalten lässt sich nur mit ideologischer Verblendung, Fahrlässigkeit und/oder Bestechung bzw. Erpressung erklären. Das komödiantische Element besteht im krampfhaften Bemühen der Politicos, die selbst geschaffene Zwangslage zu übersehen.

Literatur:

Frank Hennig, Dunkelflaute: oder Warum Energie sich nicht wenden lässt.2017

Unabhängiger Journalist

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