Dieses Email richtete sich an eine Studentin einer naturwissenschaftlichen Studienrichtung. Anlass war eine Diskussion um die Theorie zum menschengemachten Klimawandel bei einem Familientreffen. Meine zentralen Punkte: Ein energetischer Engpass wird uns nicht durch das Klima, sondern durch natürliche Ressourcenerschöpfung auferlegt. Europa muss sparsam mit Energie umzugehen, kann aber kein Interesse daran haben, von vornherein “freiwillig” auf fossile Quellen zu verzichten.
Liebe L….,
Unsere kleine Auseinandersetzung zum Thema menschengemachter Klimawandel hat nicht aufgehört, mich zu beschäftigen und so schreibe ich Dir in der vagen Hoffnung, Dich davon überzeugen zu können, dass vielleicht doch nicht alles so ist, wie sie es Euch an der Uni erzählen. Ich schreibe Dir auch deswegen, weil Du eine Studentin der Naturwissenschaften bist und Du kraft Deines Studiums über das Rüstzeug verfügen musst, Dich schnell in die Argumente zu dem Thema einzuhören.
Laien müssen sich meist so intensiv in die Vorbedingungen einlesen, dass sie dann kaum mehr die Zeit haben, zum Kern des Streits “CO2 durch industriell verursachte Emissionen” und zum angeblichen Kausalzusammenhang von menschengemachtem CO2 und dem “Klimawandel” vorzudringen. Dieser Nexus und die weltpolitischen (historischen, ideologischen) Konsequenzen, die daraus gezogen werden, sind aber absolut zentral – nicht die Frage, ob “wir” Energie sparen müssen. Das ist eh klar: Wir müssen.
1.) Ich sage: Es existiert kein (fachwissenschaftlicher) Konsens über diesen zentralen Nexus, zumindest nicht in dem Ausmaß, in dem er behauptet wird (97 Prozent). Es gibt sehr wohl eine qualifizierte Minderheit, die die zugrundeliegende Frage nicht wirklich als geklärt betrachtet. Ein Teil von diesen betrachtet AGW als widerlegteTheorie. Die anderen halten AGW “nur” für nicht ausreichend bewiesen oder weigern sich, die Rolle des Wissenschafters mit der von Aktivisten zu vertauschen.
2.) Ich gebe zu, dass der Expertenkonsens mit großer Mehrheit dem “man made warming” zuneigt, sagen wir beispielsweise zu 80 Prozent. Es ist letztlich aber unerheblich, ob der Konsens 70 oder 90 Prozent ausmacht. Es handelt sich um eine Konsenswahrheit, aus der noch dazu gravierende politische Konsequenzen gezogen werden. Auch diese Konsenswahrheit wurde fabriksmäßig hergestellt. Die Produktionsstätten waren aber nicht die Massenmedien, sondern die Universitäten und staatlich gesponserte Forschungseinrichtungen.
Man kommt um Konsenswahrheiten wahrscheinlich nicht herum, man sollte sie aber wenigstens als solche erkennen und distanziert mit ihnen umgehen. In diese Richtung zielte auch meine Erinnerung, dass es im Mittelalter theologische Konsenswahrheiten z.B. darüber gegeben hat, wie viele Engel auf einer Nadelspitze tanzen können. Dass eine Mehrheit der Wissenschaftler zum Thema AGW (anthropogene Klimaerwärmung) eine bestimmte Theorie vertritt, hat Gewicht, ist aber etwas, was gerade Naturwissenschaftler nicht einfach als Wahrheitsbeweis akzeptieren sollten.
3.) Das Gesamtbild hinter der Theorie ist so vielfältig und oft widersprüchlich, dass auch Wissenschaftler über den vielen Bäumen den Überblick über den gesamten Wald zu verlieren drohen. Das zeigt sich an so unterschiedlichen Dingen wie daran, dass immer öfter vom Klimawandel statt von der menschengemachten Erderwärmung gesprochen wird, daran, dass der Anstieg der mittleren Erdtemperaturen haltgemacht hat, dass sich die Eisschicht in der Antarktik anders verhält als sie es eigentlich tun müsste und dass der relativ schnelle Anstieg der “sea levels” nach 2003 zum Erliegen gekommen ist.
4.) Für alle diese Phänomene gibt es Antworten innerhalb und außerhalb des AGW-Paradigmas und es ist selbst für die Interessierte nicht sinnvoll/möglich diesen Detaildiskussionen zu folgen.
Ich selbst bin kein Natur- und schon gar kein Klimawissenschaftler wie Dir bekannt ist. Ich weiß nur eins: Die Entwicklung geht weder auf lineare noch auf exponenzielle Weise in eine Richtung vor sich, wie das durch die angebliche “Sättigung” (CO2 ist ein Spurengas) der Atmosphäre zu erwarten wäre. Die Modelle der AGW-Wissenschaftler sind eben das: Modelle und Extrapolationen. Vorhersagen, die sich weit in die Zukunft erstrecken und die schon deshalb nicht falsifizierbar sind. In dem Moment, wo die sich die Aussagen auf einen überprüfbaren Zeitraum erstrecken, ist das Malheur schon passiert.
5.) Konventionelle Klimawissenschaftler führen ins Treffen, dass die von ihnen so bezeichneten “climate science deniers” außerwissenschaftliche, nicht ehrenhafte Motive haben könnten – zum Beispiel, dass sie von der Ölindustrie bezahlt werden. Das ist möglich.
Praktisch nie erinnern sie aber daran, dass das für sie selbst auch gilt. Das zeigt sich z.B. darin, dass man für “klimaskeptische” Forschung fast nirgendwo (zusätzliches) Geld bekommt, weil AGW eine sozusagen approbierte Theorie ist und daran, dass man als Mainstreamwissenschaftler Angst um seine “Reputation” und vielleicht seinen Job haben muss, wenn man sich als “Dissident” betätigt.
Diese “Reputation” wäre noch viel stärker gefährdet, wenn herauskäme, dass die Theorie, die diese Wissenschaftler seit 20 Jahre mit aller Kraft unterstützen, Bullshit ist. Deshalb “muss” sie wahr sein. AGW ist, wie man sonst oft über die Banken sagt, “too big to fail”, zu groß um scheitern zu dürfen. Die 2000 AGW-Wissenschaftler mit ihren Zehntausenden peer reviewed findings, die hinter den IPCC-Berichten stehen, wären runiert, wenn herauskäme, dass ihre Theorie nicht haltbar ist. Deshalb darf diese Theorie auf keinen Fall scheitern. Darum muss auch ignoriert werden, was nicht wirklich erklärt werden kann.
Auch die staatlichen Sponsoren dieser Wissenschaftler haben für jeden ersichtlich ein starkes Interesse daran, AGW für eine weitere Variante ihrer Weltpolitik zu verwenden, eine Politik, deren wahre Ziele durchaus ganz andere sein können als sie sie auf Klimakonferenzen beschrieben werden.
Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass in Sachen Handel und Währung bereits eine solche Weltpolitik geführt wird, und dies muss und wird in letzter Konsequenz in eine Weltherrschaft einiger Tausend oder Zehntausend über neun Milliarden andere münden.
Die Globalisierungskritiker glauben halt nur, dass die eine Weltpolitik böse (“kapitalistische, neoliberale WTO” ) und die andere gut ist (“damit alle Staaten auf die Zukunft unserer Kinder achten”). All diese Politiken laufen letztlich darauf hinaus, dass Politiker (oder sonstwer) von ganz oben, also die Player hinter dem IPCC, der WTO und dem IWF, den Durchgriff nach ganz unten (= z.B. Österreich) bekommen. Das Herunterbrechen der global formulierten Ziele auf das Niveau eines Kleinstaats, ist wohl das, was das W-Institut & Konsorten (auch) machen. Sie schaffen den Transmissionsriemen zwischen der künftigen Weltregierung und den lokalen Regierten. Ich habe meine Zweifel, dass das eine Heldentat ist.
6.) Diese Vermischung zwischen einer politischen (versteckten) Agenda und wissenschaftlicher Unredlichkeit hat 2009 zu einem riesigen Wissenschaftsskandal geführt, Climategate, als Klimawissenschaftler Rohdaten trickreich so verändert haben, dass sie zur Theorie passten. Hier ist ein Youtube-Video aus einer Vorlesung eines Berkely-Professors, der das erklärt.
Und dass politische Bedürfnisse an der Wurzel des ganzen Skandals lagen, wird in Kapitel 22 des dem Email angehängten epub geschildert (Darwall, The Age of Global Warming).
7.) Liebe L…, bei allen Meinungsunterschieden in konkreten Dingen gibt es eine Grundüberzeugung, die wir beide teilen: dass wir auf einem begrenzten Planeten leben und dass daher unbegrenztes Wachstum kaum möglich sein wird. Wenigstens solange es nicht ständige wissenschaftliche Revolutionen gibt, die eben dieses Wachstum ermöglichen (was ich für unwahrscheinlich halte). Das ist das Elend der menschlichen Zivilisation.
Ich habe aber eine andere Brille auf als Du und F…. Ich will nicht so recht glauben, dass das Kohlendioxid bzw. das Verbrennen von Kohlenstoffverbindungen an sich für die Malaise verantwortlich ist. Ich gehe eher davon aus, dass Erdöl und Gas ein rieiges Geschenk Gottes/der Natur sind, das das Anwachsen der Menschheit auf heute 7 (und bis 2050 auf 10) Milliarden erst ermöglicht hat. Ohne die in Öl, Gas und Kohle gespeicherte Sonnenenergie (bzw. ohne ergiebige Folgetechnologie) müssen vier Fünftel der zehn Milliarden den Löffel abgeben. Die carrying capacity des Planten ist ohne diese “Energiesubvention” halt nicht größer.
Dieses langfristige “große Bild” sieht mit der AGW-Brille nicht wesentlich anders aus als mit der Peak Oil-Brille.In der einen Version kommen die Unglücklichen durch Naturgewalten ums Leben oder werden vergiftet, in der anderen verhungern sie.
Sehr unterschiedlich sind aber die mittelfristigen politischen Folgerungen, die man aus den beiden Szenarien ziehen muss/kann.
Grob gesprochen: AGW und der “Top down-Ansatz” (Weltpolitik) läuft letztlich darauf hinaus, dass Europa und die USA von den Weltenplanern weniger CO2-Ausstoß zugeteilt bekommen würden, mit der historischen Begründung, dass sie (bei ihrer Industrialisierung) ohnedies schon zum Zug gekommen seien. Das würde gerade im energiearmen Kontinent Europa (angeblich) historisch gerechte, aber ganz konkrete Massenarmut für Generationen bedeuten, die noch gar nicht geboren sind. “Dagegen kann man nicht argumentieren”, würde es heißen. “Die Weltpolitiker haben in einem (künftigen) politischen Lenkungsgremium zum IPCC die Ziele beschlossen und die Experten haben die Zuteilungsquoten objektiv und nachvollziehbar errechnet. Widerstand dagegen ist internationaler Terrorismus.”
Die zweite Variante wären internationale Verteilungskämpfe zwischen den Staaten. Ist erst einmal klar, wie wertvoll ein Barrel Öl mit einem sogenannten EROEI (Energy Return on Energy invested) http://en.wikipedia.org/wiki/EROEI von z.B. 30 ist, würden heiße Kriege um dieses Barrel geführt werden, wenn die restliche Energieproduktion über Wind und Solar und Biomasse gleichzeitig z.B. einen EROEI von 5 oder 6 hätte. (Beachte bitte das Diagramm im Eintrag. Der in Wikipedia erwähnte EROEI von 20 für Wind sieht nach reinem Wunschdenken/Propagdanda aus.) Das Konzept des EROEI lehrt uns einen enorm wichtigen Gedanken: dass Kilojoule nicht Kilojoule ist und dass es einen Unterschied macht, welchen Aufwand wir treiben müssen, um es zu erlangen.
Auch die Konliktvartiante ist keine, die jemand ernsthaft anstreben kann – außer vielleicht jenen, die die stärksten Waffen haben.
Es gibt aber noch ein drittes Szenario, das m.E. günstiger als die beiden anderen ist: die wachsende Einsicht und eine langsame, friedliche Adaptierung an eine nicht veränderbare Situation, eine Anpassung, die “von unten” erfolgt. Das wäre der Weg, der am effizientesten wäre und der irgendwie “freiwillig” auf sich genommen werden würde (so “freiwillig” wie ein Magenkranker eine Diät einhält, um seine Lebenszeit zu verlängern). Wäre die Treibhausgashypothese ganz oder teilweise falsch oder auch eine probate Technologie zur Absonderung von CO2 vorhanden, könnte die Menschheit in dieser Phase noch mit Kohle und Gas “zufüttern”. Vor allem die Kohle hätte mit ihren massiven Vorkommen und ihrer hohen Nettoenergie das Zeug, auf 50 Jahre und länger zu einer echten Brückenenergie zu werden.
In diesem dritten Szenario hätten die Regierungen am wenigsten mitzureden. Sie werden weder als despotische Spitze auf Weltebene benötigt, die den Völkern Energie und damit Lebensrechte zuweist, noch zum Führen von Kriegen.
Weder AGW noch Peak Oil (PO) sind im strengen Sinn veri- oder falsifizierbar. Peak (Cheap) Oil liegt bereits hinter uns und welche schlimmen wirtschaftlichen Folgen der explodierende Aufwand in der Energieproduktion haben wird, werden wir noch leidvoll erfahren. Die Hinweise auf PO sind meiner Ansicht nach viel massiver und plausibler als für AGW. Trotzdem wird die Peak Oil-Theorie in der akademischen und allgemeinen Öffentlichkeit weitgehend ignoriert. Der diesbezügliche Kontrast zu AGW ist so schlagend, dass man sich eigentlich nur ratlos am Schädel kratzen kann.
Ich erspare es mir, PO hier sozusagen in einem Satz zu begründen und erinnere nur daran, dass es sich dabei um einen Wettlauf zwischen Fördertechnologie und natürlichem Produktionsrückgang (zwischen drei bis fünf Prozent pro Jahr) handelt. Neu entdeckte, mühsam erschlossene Vorkommen ersetzen in diesem Prozess alte, leichter ausbeutbare Quellen. Es dauert Jahrzehnte bis eine Art Endpunkt erreicht ist, auf dem Weg dorthin muss allerdings eine Energieform gefunden werden, die leistungsstark genug ist, um den Rückgang der Ölproduktion zu kompensieren. Derlei Alternativen sind aber nicht wirklich in Sicht, zumindest keine, die eine auch nur annähernd vergleichbare Energieausbeute versprechen.
Peak Oil wird zuerst nur den Transportsektor (Individuelle Mobilität, Warenaustausch) betreffen. Aber schon das wird die Produktivität stark in Mitleidenschaft ziehen. Öl ist, wie uns die amerikanische Energiestatistik EIA zeigt, der größte Primärenergieträger.Bitte beachte nur das erste Drittel der Graphik, der Rest ist eine Extrapolation, die man glauben kann oder nicht.
Wenn der Rückgang in der Ölproduktion erst richtig eingesetzt hat und gleichzeitig eine Ausdehnung von Energiegewinnung durch z.B Kohle “verboten” wird, dann gute Nacht !
Das würde nicht nur den angeblichen oder wirklichen Luxuskonsum z.B. in Europa treffen, sondern auch die städtischen Ballungszentren der Dritten Welt. Dann gehen Milliarden an Energiearmut zugrunde, lange bevor die erwarteten desaströsen Umweltkonsequenzen durch GW eingesetzt haben !
Liebe L…, eigentlich habe ich diesen Brief nur begonnen, weil ich ein Problem damit habe , wenn Theorien akzeptiert werden, weil die Regierungen und ein paar Tausend Wissenschaftler dahinterstehen. Noch größer ist aber mein Problem mit den aus dieser Theorie gezogenen, angeblich alternativlosen Handlungskonsequenzen.
Sie scheinen in der Praxis darauf hinauszulaufen, Europa aus der weltweiten Konkurrenz um hochwertiges Erdöl/Erdgas zu nehmen. In Kopenhagen, 2009, war die EU noch nicht bereit, freiwillig in diese Rolle zu schlüpfen. (Man könnte aus den gleichen “Fakten” übrigens leicht gegenteilige politische Schlüsse ziehen – zum Beispiel, dass die am wenigsten energieintensiven Volkswirtschaften bevorzugt mit Energie versorgt werden sollen).
Das darf nicht passieren, jedenfalls nicht, wenn Du und Deine Generation fair gegenüber Euren noch ungeborenen Kindern bleiben wollt. Das darf nicht passieren; nicht, wenn die Grundannahme der AGW-Theorie falsch, aber auch nicht, wenn sie korrekt ist.
LG, A.
Foto: Chappell, Oil City Pennsylvania, Wikimedia Commons; EIA/DOE, Wikimedia Commons
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