Matthias Weik, bis vor kurzem Teil eines bekannten Bestsellerautoren- und Vermögensberater-Duos, hat ein neues Buch vorgelegt, das die Standort-Misere des “wiedervereinigten Deutschland der vergangenen 30 Jahre” thematisiert. Der Text ist eine unausgesprochene Abrechnung mit der politischen Kaste dieses Landes – wiewohl nicht ausschließlich mit dieser. Der Niedergang der Bundesrepublik hat viele Mütter und Väter, auch nicht-deutsche. Interessant ist jedenfalls, dass sich Weiks schonungslose Bilanz an den Kriterien einer gerade zu Ende gehenden Epoche orientiert.
Wegen reißerischen Buchtiteln wie “Der größte Crash aller Zeiten” mussten sich Marc Friedrich und Matthias Weik eine Menge hämischer Kritik nach dem Motto Na, wo bleibt er denn, Euer Crash? anhören (“Crash-Propheten”);
im Regelfall
- von Vertretern der allgegenwärtigen etatistischen Wirtschaftstheorien,
- von als Opposition getarnten Produktionsverweigerern,
- selbst ernannten Tradeunionisten und
- Apologeten des sg. europäischen Sozialmodells, die die lange Dauer weltgeschichtlicher Prozesse nach Jahren oder gar Quartalen zu beurteilen pflegen.
Für Leute dieses Schlags haben historisch schon deswegen nie Zusammenbrüche stattgefunden, weil Vorgänge wie zB. der spätbronzezeitliche Kollaps im östlichen Mittelmeer oder der Untergang der klassischen Maya-Stadtstaaten in Mexiko nicht wie der Börsekrach vom 24. Oktober 1929 anmuten, sondern sich
über mehrere Jahrzehnte (oder Jahrhunderte) hin gezogen haben und womöglich erst aus einer Entfernung mehrerer Säkula erkennbar werden
(sofern man sie überhaupt bemerkt).
Altbekanntes, aber realistisches Lamento
Die ersten zwei Drittel von Weiks Buch widmen sich einer Schelte der aktuellen “Standortbedingungen” in der Bundesrepublik,
die zwar schon seit Jahren kritisch thematisiert werden, die seit der Pseudo-Seuche, dem Ukraine-Krieg und dem immer schrilleren Klima-Katastrophismus aber massiv an Triftigkeit gewonnen haben.
Im letzten Drittel, das über bloß ein einziges, nämlich das achte Kapitel schwappt, verwurstet Weik Wissen, das er über sagen wir: 15 Jahre als Finanzberater erworben hat
- zuerst für (potenzielle) Daheimbleiber, für die W. Assetklassen und Stiftungsmodelle Revue passieren lässt und danach für (potenzielle) Auswanderer, für die auch Ausflüge in die Lebens- und Lifestyleberatung unternommen werden.
Doch zuvörderst tischt der Autor die terminale Agonie von deutscher Chemie- und Autobranche auf,
zweier ehemaliger Vorzeigeindustrien, zu der das dortige sich demokratisch nennende Politgesindel wesentlich beigetragen hat (eigene Wortwahl).
Das deutsche “Geschäftsmodell” der Nachkriegszeit, erklärt Weik, funktioniere heute nicht mehr und das liege u.a. an
- Bildungsnotstand & Fachkäftemangel,
- inflationistischen & umverteilenden Finanz- und Währungspolitiken,
- pathologisch anmutendem Realitätsverlúst in der Klima- und Energiepolitik,
- sowie an einem katastrophalen außenpolitischem Kurs, der die auf Prozesswärme aus Gas angewiesene lokale Industrie um einen der letzten verbliebenen Standortvorteile bringe.
Es folgt eine Abrechnung mit dem “Infrastrukturdesaster Deutschland”, ein Kernbereich des Texts.
Dabei wird unter “Infrastruktur” freilich nicht die quasi altvatrische, klassische “built environment” verstanden,
es geht eher um Standortfaktoren wie Schulen und Kliniken, aber auch Bürokratie und Mentalitäten (Besteuerung, “Leistungsgesellschaft”) sowie um die Verfügbarkeit und Preise von “dichter Energie”.
Die beim nördlichen Nachbarn angeblich zu kurz kommende Digitalisierung ist der der materiellen Welt noch am nächsten kommende Themenbereich.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit der fragwürdigen Energiewende und das fünfte hat die VR China zum Thema, die W. als international bedeutendste Konkurrentin von “Exportweltmeister Deutschland” ansieht.
Der sechste Abschnitt widmet sich dem Ukraine-Krieg sowie den europäischen Selbstmordsanktionen gegen Russland und der siebte Euro und realer EU.
Auch Letzteres ist heute nicht mehr besonders originell und wurde und wird seit Jahren von Hankel bis Sinn und Bandulet bis Schachtschneider durchgekäut, wird dadurch aber keineswegs “falscher”.
Allenfalls täte man sich von einem popularisierenden Text wie diesem mehr “nicht-technische, klare und undiplomatische Worte und Erklärungen” wünschen,
- beispielsweise warum die EZB die BuBa wegen deren positiven Target-Saldo von 1.200 Milliarden an den Eiern hat
- oder warum und wie die deutsche Exportindustrie, die soeben Meier gemacht wird, jahrelang vom Euro profitiert und das böse Spiel daher mitgemacht hat.
Maßstäbe des Industrie-Zeitalters
Alles in allem, muss man aber zugestehen, ist der erste Teil des neuen Weik-Buchs eine gute Zusammenfassung jahrelang diskutierter deutscher “Gravamina”, von denen höchstens die vorgebliche Info-Elite der MSM-Journaille nichts weiß.
Das Problem ist “nur”, dass die vom Autor angelegten Kriterien dem Industrie-Zeitalter der vergangenen 200 Jahre entnommen und nur in diesem Kontext gültig sind
(was weniger mit “Klima” denn mit “Energie” zu tun hat).
Denn: Was würden die beeindruckendsten heutigen Digitalisierungs-Erfolge nutzen, wenn künftig Strom für die Beladung von Power-Tools gespart werden müsste,
oder super duper ausgebildete Fachkräfte für diskretionäre Dienstleistungen, die sowieso zum baldigen Sterben verurteilt sind?
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