Der Irak hat – mehr noch als die USA – das Zeug das Ölzeitalter um ein paar Jahre zu verlängern. Das ist Folge langer Kriege, Sanktionen und Invasionen. Vorausgesetzt, irakische Exporte sind weiter in der Lage den Flaschenhals von Hormus zu passieren.
Der Irak hatte bisher die drittgrößten Reserven an Erdöl, nach eigenen Angaben 153 Mrd. Fass – doch nächstes Jahr will Bagdad seine proved reserves verdoppeln;
was eine größere Menge wäre als die heute verbuchten angeblichen saudischen Reserven (und ungefähr gleich viel wie die venezolanischen Papier-Barrels).
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Nun sind Regierungen auf der ganzen Welt in Sachen Öl hyperoptimistisch – siehe Venezuela … und nicht alles, was so ein Ölminister von sich gibt, ist wörtlich zu nehmen.
Aber es ist, ehrlich gesagt, ziemlich glaubwürdig, dass im Irak noch Milliarden Barrel billiges (und vor allem echtes) Erdöl im Boden schlummern. Denn dieser Staat
- verfügt über eine erfolgversprechende Geographie/Geologie zwischen dem Felsschild der Arabischen Halbinsel und der Iranischen Platte. Das Gestein besteht aus porösem Kalk- oder Sandstein, was die Bildung konventioneller Reservoire begünstigt.
- Zweitens befand sich seine Erdölindustrie über lange Zeit unterhalb einer stinkenden Käseglocke aus Geldknappheit, amtlicher Vernachlässigung, Kriegen, Invasionen, Sanktionen und Aufstandsbewegungen, so dass die Förderung nicht annähernd so “entwickelt werden” konnte wie anderswo. Zum Beispiel: Seit 1968 regierte die Baath-Partei den Irak, die mehr auf Öl-Renten aus war denn auf Investitionen. Ab 1981 wurde Krieg mit dem Iran geführt, was für die Industrie auch nicht eben günstig war. Es folgten die Invasion Kuwaits sowie der Erste Irak-Krieg 1990, der die bestehende Öl-Infrastruktur verkrüppelte. Danach verheerende, 13 Jahre andauernde UN-Sanktionen und der Zweite Irak-Krieg.
- Erst danach konnten wieder Explorationen stattfinden und die Produktion angekurbelt werden. Das fand v.a. mithilfe ausländischer Konzerne (“IOCs”) statt, vor allem nach dem Inkrafttreten einer neuen Verfassung nach 2005. Das zeigt sich in der Beinahe-Verdoppeltung der irakischen Produktion und darin, dass gut zwei Drittel der inkrementellen Golf-Exporte zwischen 2005 und 2018 aus dem Irak stammen – siehe dazu BP und Matt Mushalik hier. Doch auch diese Entwicklung wurde von internem Streit (zwischen Arabern und Kurden sowie Schias und Sunnis), durch den IS, die Korruption und den Konflikt zwischen dem Iran und dem Westen gebremst.
Das Problem IS ist inzwischen militärisch “weitgehend gelöst” – nicht aber der zugrunde liegende Konflikt der mohammedanischen Glaubensrichtungen. Auch der Konflikt mit Erbil besteht fort – ebenso wie die Korruption, der chronische Geldmangel und die schwierigen geopolitischen Rahmenbedingungen.
Das alles sind teils schwere “Hypotheken”.
Davon abgesehen hat der Irak in den vergangenen zehn Jahren jedoch bewiesen, dass
- er seine Produktion mächtig ankurbeln kann,
- ohne dass diese hauptsächlich im Inland verbraucht wird und
- ohne dass es sich bei der Produktion um Pseudo-Öl wie z.B. Bitumen oder NGL handelt. Mehr als die Hälfte der dabei entstehenden Exporte geht nach Asien (Indien, China, Südkorea).
Literatur (Auswahl):
The Opening Of Iraq: Post-Sanctions Iraqi Oil, Its Effects On World Oil Prices,
Iraq’s Ambitious Oil Plan Faces One Major Problem,
BP Statistical Review of World Energy 2019
Iraq’s Petroleum Industry: Unsettled Issues
Geographical Distribution of Iraqi Oil Fields And Its Relation with the New Constitution
Bild: Mohammed Abdul Hussein [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons
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