Theresa May hat unerwartet das Misstrauensvotum im britischen Unterhaus überstanden, was paradoxerweise eine ganz neue Situation schafft. Statt eines neuen PMs, der den Austrittsantrag zurück zieht, bleibt eine Regierungschefin im Amt, die sich immer wieder auf den Austritt fest legt – so oder so. Gleichzeitig ist der mit Brüssel verhandelte Deal Makulatur. Die Union muss entweder doch noch “nachbessern” oder die Republik Irland dazu zwingen, eine EU-Außengrenze zu errichten, die sie wieder von den nordirischen Geschwistern trennt – keine Option mit Erfolgsaussichten.
Nach Meinung von Brendan Simms, einem aus Irland stammenden Geschichte-Professor in Cambdridge, ist die EU durch die Londoner Voten von Dienstag und Mittwoch in eine “sehr schwierige Situation” gekommen, aus der sie sich nur befreien kann, indem sie UK erlaubt “Rosinen zu picken” und aus der Union auszutreten ohne auf die Vorteile des großen kontinentalen Binnenmarkts zu verzichten.
Das meint Simms in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.
Er hat dabei richtig antizipiert, dass May jenen Misstrauensantrag überstehen würde, der für den Abend des Publikationstags seines Interviews angesetzt war.
Seine Überlegungen sind wie folgt:
May wird ihrem Parlament einen modifizierten Brexit-Deal vorlegen, einen, der keinen irischen Backstop enthält und das wäre für ihren Koalitionspartner DUP, Teile der konservativen Brexiteers und vielleicht sogar für Labour akzeptabel.
Die EU könnte sich zwar weigern, den mit London verhandelten Brexit-Deal “aufzuschnüren”, würde dann aber
- die Schuld für einen harten Brexit im März 2019 zugeschoben bekommen und
- müsste von Dublin verlangen, “entlang der irisch-irischen Grenze eine EU-Zollgrenze zu errichten”. Es sei wenig wahrscheinlich, dass die Iren das täten. Diese Situation laufe faktisch auf Freihandel zwischen der EU und UK über Nordirland hinaus. Für dieses Endergebnis sei aber der von London bevorzugte Freihandelsvertrag noch günstiger.
Ich glaube, die einzige Möglichkeit ist, dass man dem Vereinigten Königreich einen so erträglichen wirtschaftlichen Deal gibt, der übrigens auch für die Europäer sehr gut sein würde, dass eine Grenze nicht nötig wird. Das würde natürlich Rosinenpickerei bedeuten, aber darum geht es ja.”
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