Theresa May gewinnt das Misstrauensvotum im Unterhaus knapp mit 325 gegen 306 Stimmen, was eine deutliche Niederlage für Jeremy Corbyn darstellt. Sie betont sofort, sie werde Brexit durchführen und fordert die Führer der anderen Parteien auf, mit ihr Gespräche zu führen, damit sie am Montag gemäß der Anweisung des Parlaments eine Alternative zum Austrittsabkommen vorlegen kann. Von John James.
Der Labour-Führer sagte seine Zusammenarbeit zu, erklärte aber, er werde einen Brexit ohne Abkommen nicht unterstützen. Die Liberal Democrats sagen dasselbe.
Die nordirische DUP, Koalitionspartnerin der Tories, besteht darauf, dass das gesamte Königreich zu den gleichen Bedingungen aus der EU aussteigen muss. Die schottischen Nationalisten sagen etwas Vages über eine zweite Volksabstimmung.
Interessanterweise hat kein anderer Parteiführer diese Thematik erwähnt.
Mays Mehrheit betrug 19 Stimmen.
Ohne die 10 Stimmen der DUP hätte sie den Misstrauensantrag verloren. Dies zeigt, wie viel Einfluss die DUP in den nächsten 70 Tagen haben werden.
Den Irish Backstop kann man damit getrost begraben.
Die EU muss eine andere Lösung überlegen, falls sie einen Brexit mit einem Abkommen abschliessen will.
Die Union kann natürlich stur bleiben und hoffen, dass die Briten Angst vor der Unabhängigkeit bekommen und den Brexit zurücknehmen – meiner Meinung nach eine Strategie, die dem britischen Charakter in keinster Weise entspricht.
Theresa May, die Pfarrerstochter aus Eastbourne, entwickelt erstaunliche Steherqualtitäten. Niemals zuvor hat ein Premierminister so viele schwere Niederlagen überlebt.
Das heutige Ergebnis ist sehr gut für sie und schwächt mMn Jeremy Corbyn. Sie bleibt Führerin der Conservative Party und es wird auch keine Neuwahlen geben.
Also bleibt sie Premierministerin.
Die Initiative liegt bei ihr. Das Parlament hat versucht, sie unter Druck zu setzen, indem es ihr eine Frist von drei Tagen gesetzt hat, in der sie einen neuen Austrittsplan vorlegen muss.
Durch das schnelle Angebot zur Zusammenarbeit an die Oppositionsführer – eines, das diese annehmen mussten – hat sie einen geschickten Schachzug gemacht: Sie hat dafür gesorgt, dass sich die Opposition an der Erarbeitung dieses neuen Plans beteiligen muss. Wenn sie das ernst nimmt, kann sie das erzielte Ergebnis danach nicht desavouieren.
May betonte stets, dass sie Brexit durchführen wrd.
Lloyd George, Churchill, Thatcher, May?
Das, denke ich, ist ehrlich gemeint. Wenn ihr das tatschlich nach all diesen Unannehmlichkeiten gelingt, dann wird sie sich in eine Reihe mit Politikern wie Lloyd George, Winston Churchill und Margaret Thatcher stellen – Politiker, die unter grossem Druck standhaft geblieben sind und die Zukunft des Landes wesentlich beeinflusst haben.
Ich schreibe das, ohne den Inhalt ihrer Politk positiv oder negativ zu beurteilen. Nicht alles, was Lloyd George oder Thatcher gemacht haben. war positiv.
Sollte May Brexit andererseits abblasen, wird ein Gutteil der Bevölkerung sie als Tunichtgut oder – noch schlimmer – als Verräterin brandmarken. Eine schwere politische und Verfassungskrise und die Beschädigung ihrer Reputation wären dann das Erbe ihrer Amstszeit.
Das kann sie wohl nicht wollen.
Die EU-Anhänger sind zwar in der Überzahl, aber sie haben das Problem, dass sowohl May wie auch Corbyn für Brexit sind.
Sie müssen daher das Parlament gegen beide Parteiführer mobilisieren. Anscheinend haben sie dafür die Unterstützung des Speakers, der die Tagesordnung bestimmt.
Corbyn ist ein höflicher Sozialist und Basisdemokrat und seit 40 Jahren ein überzeugter EU Gegner. May ist eine klassische Christdemokratin.
Sollten sich diese zwei, trotz der enomen Differenzen in ihrer Wirtschafts- und Sozialpolitik, aus demokratischen und patritotischen Motiven auf einen Brexit-Modus einigen können, dann glaube ich, dass sie dem Sturm der Remainers standhalten können.
Es sind noch 70 Tage bis zum 30. März. Aber vielleicht haben sie sich schon vor langer Zeit geeinigt? Ich frage mich seit längerem: ist die Inkompetenz der britischen Politiker echt, oder nur gespielt?
Am Montag geht es weiter, da wird Plan B vorgelegt.
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