Schweden jagt mal wieder U-Boote – russische, eh klar. Ganz wie 1982, als mysteriöse U-Boote eine Staatskrise auslösten und Kolumnisten auf der ganzen Welt es als bewiesen ansahen, dass der Warschauer Pakt nach Belieben im neutralen nordeuropäischen Land operierte. Die Vorfälle versetzten den Schweden einen nachhaltigen Schrecken und führten zum Einfrieren der Beziehungen zwischen Stockholm und Moskau. Erst 20 Jahre später wurde bekannt, dass die U-Boote von Amerikanern und Engländern geschickt worden waren.
Fremde Periskope in eigenen Hoheitsgewässern haben heute noch ein Je-ne-sais-quoi, einen Appeal, dem auch sogenannte seriöse Medien nicht widerstehen können. Dass man nichts Genaues weiß, macht nix. Denn wenn man Sachverhalte nicht wirklich behaupten kann, legt man sie halt auf eine Weise nahe, dass selbst der Dümmste den richtigen Schluss ziehen muss. Wie in: “Moskau wiegelt ab: Mysteriöse U-Boot-Suche vor Schweden”. Man nennt Leute, die so etwas tun, “Medienprofis”.
Das U-Boot-Spielchen ist alt aber gut und funktioniert heute wie eh und je.
Ausgangspunkt des zeithistorischen Alarms war ein echter Vorfall gewesen, als ein sowjetisches U-Boot der Whisky-Klasse in schwedischen Hoheitsgewässern auf Grund lief (“Whisky on the rocks”). Die Sowjets entschuldigten sich damit, dass sie “technische Probleme” gehabt hätten und die Schweden reagierten verständlicherweise ziemlich verschnupft. Doch nach 14 Tagen schien der Vorfall applaniert, wenigstens für die Öffentlichkeit.
Kurz danach häuften sich jedoch die Sichtungen von fremden U-Booten in schwedischen Gewässern, was der internationalen Presse den “Beweis” dafür lieferte, dass der Schutz der schwedischen Küsten löchrig war wie ein Schweizer Käse. Stockholm ordnete Planquadrate auf hoher See an und setzte auch hochmoderne Mini-U-Boote dafür ein. Politisch verhielt es sich aber seltsam passiv.
Kein Wunder, schrieben die Journalisten daraufhin. Die Hosenscheisser in Stockholm haben Angst vor den Russkis.
Das Halali am Meer erbrachte nichts und irgendwann hörten die Sichtungen Unidentifizierter Tauch-Objekte (UTOs) von allein auf. Die Sache schlief ein. Alles schien wie vorher – nur dass die Schweden, die sich bis dahin kaum bedroht gefühlt hatten, plötzlich Angst hatten, wie eine hier zitierte schwedische Meinungsumfrage belegt.
21 Jahre später schrieb ein Professor namens Ola Tunander ein Buch über die mysteriösen U-Bootsichtungen, in dem er den dokumentarischen Beweis dafür antrat, dass die UTOs aus dem Westen gekommen waren. Der frühere US-amerikanische und dessen britischer Amtskollege gaben dies im schwedischen Fernsehen auch zu, erklärten aber, dass man nur die Bereitschaft der Skandinavier habe testen wollen und dass die schwedische Regierung unterrichtet gewesen sei.
Wenigstens Letzteres klingt verdammt plausibel, wenn man sich das Vorwort des Tunander-Buchs durchliest, das Lars Hansson, zum fraglichen Zeitpunkt Kommandeur der militärischen Küstenwache, geschrieben hat.
Der General erinnert sich, dass schwere Unterwasserminen gegen die nicht identifizierten Objekte eingesetzt wurden und dass er unmissverständliche Anzeichen dafür hatte, dass eines der Boote unter Wasser repariert werden musste. Obwohl man eines der Boote zum Auftauchen hätte zwingen können, habe der schwedische Oberbefehlshaber (= Ministerpräsident !?) einen Waffenstillstand angeordnet – was das Boot nutzte um sich abzusetzen.
Und die Moral von der Geschicht’: Trau dem von den Medien erzeugten Anschein nicht. Die Sache ist vielleicht spannend, aber der Film “Jagd auf Roter Oktober” war das auch. Deswegen muss er nicht auf wahren Geschehnissen beruhen.
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