“US-Zinswende”: Börsen, Medien lassen teureren Kredit hochleben

Die US-Notenbank hat zum ersten Mal in sieben Jahren die Leitzinsen erhöht. Während sonst erzählt wird, dass keine/niedrige Zinsen gut seien, wird jetzt das Gegenteil unter die Leute gebracht: US-Börsen feiern Fed-Entscheidung. Die Begründung lautet: Happy days are here again, die alte Normaltät kommt zurück. Doch diese story ist ziemlich unglaubwürdig.

Die per 16. Dezember erreichte federal funds rate ist weit von jeglicher Normalität entfernt. Hier ist die Entwicklung seit den 1990ern (die blaue Linie sind die amerikanischen Leitzinsen).

LeitzinsenDE.svgDas kann man freilich nicht vorbehaltlos als Normalität bezeichnen – aber sagen wir: Es ist die Normalität der zehn Jahre vor 2007.

Würde die Fed nur annähernd so stark die Zinsen anheben wie zwischen 2004 und 2006 (bzw. ihre QE-Runden ernsthaft zurücknehmen), sind Washington, die US-Volkswirtschaft – und die Weltwirtschaft - Toast. Ein Zinsschritt wie der gestrige sagt erst einmal gar nichts.

Ein Faktor, der oft als Treiber des Wirtschaftswachstums angeführt wird, ist Erdöl – und das ist bis zu einem gewissen Grad zutreffend: Billiges Öl hat einen psychologischen Effekt auf die Konsumenten, einen Kosteneffekt auf die produzierende Industrie und dämpft die Teuerungsrate. Die US-Autoindustrie hat davon profitiert, aber selbst diese seltsam schaumgebremst: die light vehicle sales sind bis inklusive November gerade einmal um 5,4 Prozent gestiegen.

Drei Prozent mehr Treibstoff sind verkauft worden und die Raffinerien freuen sich über Rekord-Margen.

Na und ? Ist das der Aufschwung ? Volle Öllager gelten üblicherweise nicht grad als Zeichen für gute Konjunktur, siehe Querschüsse, hier:

querschuesse_volle_öllagerDie diversen öffentlich zugänglichen Indizes über Produktionstätigkeit und Geschäftsklima zeigen bestenfalls ein ambivalentes Bild, siehe z.B. hier und hier und die Kehrseite der Ölpreise, der starke Dollar, hilft der Exportindustrie auch nicht gerade.

Die sinkende Arbeitslosenrate, die immer wieder herangezogen wird, ist ein aus politischen Motiven fabrizierter Dummy, der nach Meinung vieler mehr über das Thema Lügen via Statistik aussagt als über die reale Arbeitslosigkeit. Faktum ist, dass für das BLS immer weniger Amerikaner überhaupt existieren und dass 94 Millionen Amerikaner gar nicht als zur labor force zugehörig gezählt werden.

Wo, bitte, brummt hier irgendein Wirtschaftsmotor? Nicht einmal der Antrieb eines kleinen Rasenmähers! Die einzigen Dinge, die wirklich mirakulös sind, sind die enorme Fähigkeit zur amtlichen Schönfärberei und die unersättliche Gutgläubigkeit der medialen Schoßhündchen.

Foto:Kopiersperre, original author is Thomas Steiner, Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.5

Unabhängiger Journalist

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