
Die politische Klasse dieses Landes, die seit Jahrzehnten das Projekt einer “transatlantischen Umgründung” der Republik verfolgt, scheint eine weitere Initiative gegen die nach dem Zweiten Weltkrieg verkündete “immerwährende Neutralität” starten zu wollen. Dabei werden die Dienste eines vor 20 Jahren aus dem Amt geschiedenen deutschen Außenministers in Anspruch genommen, dem – allen Geschehnissen zum Trotz – noch immer der Nimbus des “Friedensapostels” anhaftet. Der übergroßen Popularität eingedenk, den dieses staatspolitische Konzept im hiesigen Wahlvolk genießt, wird die Realität schlau zur bloßen “Neudefinition” umgewortet, alles mithilfe der staats- bzw. “EU-tragenden” lokalen Journaille, die schon in den 1990ern dabei geholfen hat, die Neutralität mit dem Beitritt vereinbar zu machen. Das verlogene Filmchen um ‘Reform’ und ‘Neudefinition’ ist mittlerweile freilich bekannt.
Legt man “alte Maßstäbe” an, ist das Mindeste, was jetzt passieren müsste, ein (natürlich geheuchelter) “Empörungsschrei” aller österreichischen Politicos gegen “Zurufe von außen”,
wie das bis vor kurzem noch so geheißen hat, zumal es sich beim “Wortspender” um einen ehemaligen deutschen Außenminister handelt, gegen den der vielbeschworene “Geist der Lagersraße” theoretisch geschlossen mobil machen müsste, wenn
die Bevormundung, für die ein Joschka heute steht, nicht einen Berliner, sondern einen westeuropäischen oder gar amerikanisch-englischen Akzent trägt.
Ein solcher Gängelungs-Akzent wird noch lieber gesehen, wenn die “Wortspende” nicht gewissermaßen aus der falschen Ecke kommt, wie kürzlich jene des US-amerikanischen Vizepräsidenten,
der weder Verständnis für die neuen Zensurgelüste in deutschen Landen aufbrachte, noch für die anscheinend demokratische Gepflogenheit, die politische Opposition mit geheimdienstlichen Mitteln verfolgen zu lassen oder gar zu verbieten.
In einem solchen Fall (“Ezzes aus der falschen Ecke”) freilich gehen, wie kürzlich auch in D zu besichtigen, die Wogen hoch wie bei Dieben, die sich auf frischer Tat ertappt fühlen. Dann wird plötzlich das “nationale Souveränitäts-Register” gezogen, das ansonsten verpönt ist.
Rückblick auf 1994
Verpönt wie beim EU-Beitritts-Schwindel, den die herrschende Klasse in den 1990er-Jahren in Österreich abgezogen hat
(und ja, dieser Blogger gehörte damals zur “Betrüger-Seite”, was er heute bereut und wofür er die Entschuldigung seriöser Schauspieler(innen) für dverse Sünden ihrer frühen Jahre auch für sich in Anspruch nimmt: “Ich war jung und brauchte das Geld.” )
Die Chose böte Stoff für mehrere hundert Seiten und wen es interessiert (und wer die Zeit aufbringen kann), sollte diesen Text, die Keimzelle dieses Blogs, anlesen
(sehe soeben, dass das in diesem Zusammenhang zentrale Kapitel “Das Kidnapping 1995 – 2000″) gar nicht im Volltext verlinkt wurde – mein Exkurs über die “Neutralität im Termitenhaufen” hingegen sehr wohl).
Der zentrale Befund dieses meines niemals in Print erschienen Texts ist, dass das heimische Wahlvolk im Juni 1994 mit Zweidrittelmehrheit dem Beitritt zu einer Gemeinschaft zustimmte, die im Begriff war, eine Union zu werden,
dass dieses Ergebnis aber aus einer Mischung von Fehl- bzw. Mangelinformation, “weaponisierten” Propagandatechniken und eigenen Illusionen entstand.
Wohl wahr, dass von den damaligen Beitritts-Propagandisten kaum oder gar nicht “frontal gelogen” wurde,
man bediente sich aber fragwürdiger “Persuasionstechniken”, die heute in keinem kleinen Konsumentenschutz-Prozess Bestand hätten.
Wohl wahr, niemand aus der politischen Klasse (oder nur wenige) versprach vor 1994 explizit weitere Referenda
- das Elektorat konnte sich damals aber nicht vorstellen, dass die “eigene politische Klasse” z.B. die Kühnheit besitzen würde, ohne Abstimmung den Schilling abzuschaffen und durch eine europäische Währung zu ersetzen.
Das ganze Ding war von Anfang an ein “Staatsstreich in Zeitlupe”, der durch Zusammenbruch der Sowjetunion und russische Schwächephase erst ermöglicht worden ist, was am Beispielfall des kleinen Österreich besonders deutlich wird.
Der zentrale Begriff lautete in diesem Zusammenhang “Neutralität”, wozu sich die Zweite Republik 1955 verpflichtete, quasi als Preis für Unabhängigkeit & Selbstständigkeit zwischen den Blöcken des Kalten Kriegs.
Definitionsfrage Neutralität
Bis in die 1990er galt ein EU-Beitritt der östlichen Alpenrepublik als undenkbar, weil Moskau – eine Garantiemacht des “Staatsvertrags 1955″ – lange einen solchen als mit der Neutralität unvereinbar erachtete.
Das änderte sich in den 1990er-Jahren insofern, als “Jelzin-Moskau” die Doktrin akzeptierte, dass die österreichische Neutralität allein durch die Bundesregierung in Wien definiert würde.
Und diese – eine sozialdemokratisch geführte Große Koalition – befand schon in den frühen Stadien des Beitrittsprozeses: “vereinbar”.
In diesem Licht ist auch der Fischer-Sager zu sehen.
Entscheidend ist letztlich nicht, was “das Volk” für neutral hält, sondern was die Regierung so definiert.
Und wenn diese z.B. sagt, Waffentransporte durch die Republik seien mit der “immerwährenden Neutralität” vereinbar, sofern es gegen einen “Aggressor” geht, liegt und pickt das
- ganz egal,wie absurd der Begriff würde.
Geht es um die Neutralitä, hat “Österreich” vulgo “der Ballhausplatz” das Pouvoir “rot” als “schwarz” zu definieren.
Die Bundesregierung hat es mMn nur noch nicht getan, weil sie Angst vot “blau” hat.
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