Dieser Blogger, der – wie immer wieder ersichtlich – zu den Verteidigern des Bargelds gehört (zuletzt siehe ein Zitat hier) leidet nicht an einer Persönlichkeitsspaltung. Es ist ihm bewusst, dass die bisher bekannten Hyperinflationen mit einer Schwemme von rasch wertlos werdendem Papiergeld verbunden waren und er hat u.a. hier und hier über die Hyperinflation in der “Weimarer Republik” geschrieben. Aber in Banken entstehendes Papiergeld, obwohl von Übel, ist immer noch “besser” als von Zentralbanken herausgegebene Digitalwährungen – und vermutlich auch diverse “Kryptos” -, weil Papiergeld u.a. anonymes Zahlen ermöglicht und nicht programmierbar ist. Das mag ggü. Räubern & Co. Nachteile bringen, verringert aber staatliche Gängelungsmöglichkeiten. NB zum Unterschied Papiergeld und CBDCs.
Im Regelfall geht die Inflation/Geldentwertung langsam vor sich und wird von den Zentralbanken sogar gewünscht. Ähnlich wie in hyperinflationären Episoden sind auch bei der “langsamen Inflation”
- die (Veränderung der) Menge der umlaufenden Zahlungsmittel sowie
- die (Veränderung der) Menge der angebotenen Güter und Dienstleistungen
wichtige Einflussfaktoren. Dazu treten noch Dutzende andere – manchmal “bloß psychologische” – Einflussfaktoren, beispielsweise Sicherheitsgefühl/Verunsicherung, Sparneigung, Verfügbarkeit von Kredit, “Markt- und Einkommensverhältnisse”, Veränderungen der “Produktivkräfte” etc.,
was konkret billigere Textilien oder Elektronik bedeuten kann, beispielsweise dank einem “weiteren Globalisierungsschritt”. Das hat nach 2000 die Kaufkraft der Walmart- und Target-Kunden erhöht und sich in einer niedrigeren “Verbraucherpreisinflation” niedergeschlagen.
Es gibt neben den “westlichen Konsumenten” freilich noch etliche andere Interessenten an einem niedrigen “CPI”, beispielsweise westliche Staaten, Unternehmen und Pensionskassen, die Jahr für Jahr Löhne, Pensionen und allerlei “Einkaufsgut” valorisieren müssen. Auch die Konditionen, zu denen Geld aufgenommen werden kann, variieren mit der “Verbraucherpreisinflation”.
Auch deshalb ist es naiv zu glauben, dass “Inflation gleich Inflation ist”.
Verbraucherpreisinflation ist nicht Inflation an und für sich – und zwar nicht aus “doktrinären Gründen der ‘Wiener Schule’”.
Es gibt eine “Asset Inflation”, die durch das Mengenwachstum der Geldmenge(n)” getrieben zu sein scheint, beispielsweise bei Aktien und Immobilien.
Zumindest Zweiteres ist für die Lebenshaltung von Otto und Grete Normalverbraucher relevant, wird aber nicht gebührend im Verbraucherpreisindex abgebildet.
Aus diesem und anderen Gründen gibt es Ökonomen unterschiedlicher Couleur, die aus diversen Gründen glauben, dass
- die aktuelle CPI-Messung viel zu niedrig ausfällt und dass das in den Staaten seit den 1980er-Jahren zunehmend so war, ermöglicht durch eine Reihe von “Reformen” in der Ermittlung der Verbraucherpreise (siehe John Williams, shadowstats.com) oder
- dass der “Deflator”, mit dem das reale BIP ermittelt wird, die für die Endverbraucher/Sparer relevante, wirkliche Inflation “bagatellisiert” ( etwa Tim Morgan, “SEEDS”)
Was immer davon zutreffen mag
- die medienübliche “monatliche Inflationsrate” ist nicht in Stein gemeißelt, sondern hängt von Konventionen und Annahmen ab, die in der Berichterstattung vielfach unreflektiert übernommen werden.
Man müsste sich u.a. den hiesigen “Warenkorb” genauer anschauen, diesem Blogger fehlt allerdings die Zeit (und wohl auch das erforderliche “statistische Rüstzeug”) dazu.
Und was für die “normale, relativ gutartige Inflation” gilt, gilt verschärft noch für die Hyperinflation, in der binnen kürzester Zeit auch die Funktion von “Geld als Tauschmittel” in Frage gestellt wird (die Funktion “Mittel der Wertspeicherung” sowieso).
Der in diesem Blog mehrfach thematisierte “Fall Weimar 1923″ (gilt vlt. auch für “Wien 1923″) hat diesem Blogger zur Ansicht verholfen, dass das “Gelddrucken der Zentralbank” ein wichtiger, aber nicht der einzige Bestandteil der Geschichte ist.
Der andere Teil scheint die Verfügbarkeit von Waren allgemein bzw. jene von Energie speziell zu sein (im Fall von “Weimar” Kohle).
Insofern würde dieser Blogger nicht in einen “Chor” einstimmen, der behauptet, dass “Inflation immer und überall (nur) ein monetäres Phänomen ist”.
Inflation – die Hyper-Variante eingeschlossen – dürfte nicht nur mit der Geldmenge und deren Umschlaggeschwindigkeit, sondern auch mit dem Warenangebot zusammenhängen.
Das ging in den vergangenen 200 Jahren im Regelfall nach oben, weil durch den technischen Fortschritt die Arbeitsproduktivität gestiegen ist.
Das muss aber nicht immer so sein. Die Arbeitsproduktivität kann auch wieder sinken, wenn beispielsweise der Treibstoff für verbesserte Maschinen fehlt.
Dann könnte auch die Menge der disponiblen Waren und Dienstleistungen sinken
- mit entsprechenden Folgen für den “Geldwert”.
Dagegen würde nicht einmal Gold helfen, das höchstens gegen den Zuwachs des Zeichengelds durch Kreditschöpfung im Bankenapparat (oder parastaatliche Druckorgien) hilft.
Gold kann nicht beliebig vermehrt werden wie z.B. von der Zentralbank ausgegebenes Papiergeld.
Deswegen tut sich Au bei der Hyperinflationierung schwerer, die “am Ende des Tages” aber auch nicht unmöglich ist.
Bild: Bain News Service, publisher, Public domain, via Wikimedia Commons
Nachbemerkung, 6. August 2025, 6.45 Uhr: Vielleicht sollte man – auch wegen des Titels – noch anfügen, dass Central Bank Digital Currencies (CBDC) für die ZBs ähnlich niedrige “Gestehungskosten” haben wie Banknoten; eigentlich noch weniger als die Bruchteile eines Cent, die bisher eine Banknote kostet. Die Unterschiede wären freilich:
- Kein anonymes Zahlen mehr
- Neue, bis dahin ungeahnte Möglichkeiten für (para)staatliches “Nudging”,
- sowie die neue Möglichkeit “widerspenstige Nutzer” per Mausklick von “Zahlungsmitteln” auszuschließen – ohne Gerichtsbeschluss, Kontrolle und (“zeitnah wirksame”) Berufungsmöglichkeiten.
Dagegen hülfen auch keine “Komittees von außen”, die im CBDC-Fall den Kurs der Zentralbank bestimmen, im Gegenteil.
Man stelle sich nur einmal vor, wie schon heute ein “divers”, auch zivilgesellschaftlich besetztes solches Komitee mit “klimaschädlichen” (Treibstoffe) oder “ungesunden” Ausgaben (Zigaretten, Zucker) verfahren würde. Analoges gilt für eine Geldschöpfung durch die ZB, wenn als Argument der “Investitionsbedarf der Wirtschaft” ins Treffen geführt würde.
Und schließlich, zur Vermeidung eventueller Unklarheiten: Bargeld aus Papier entsteht in der bzw. im Auftrag der Zentralbanken. Im bisherigen Normalfall konnte in den Banken geschaffenes Kreditgeld freilich problemlos zu Bargeld gemacht werden.
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