In Wien ist (u.a.) Karl-Heinz Grasser wegen zweier Vorgänge angeklagt worden, die in seine Zeit als Finanzminister fallen. Der Staatsanwalt hegt den Verdacht, dass Entscheidungen im Amt aus Bereicherungsmotiven gefallen seien (es gilt die Unschuldsvermutung). Die Anklage ist ein sichtbares Signal, dass auch demokratisch ins Amt gekommene Funktionsträger weder Narrenfreiheit genießen, noch über dem Gesetz stehen.
Schon bisher haben die Ermittler tausende Stunden für die Causa aufgewendet und 700 Einvernahmen und 600 andere Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen, Sicherstellungen, Telefonüberwachungen oder Kontenöffnungen durchgeführt. Das ist der Grund, warum die Medien die Ermittlungen ein Mammutverfahren nennen.
Die Sache ist durchaus interessant, nicht nur wegen diverser streng riechender Begleitumstände rund um die Wohnungsprivatisierung (Siegreiches “Österreich-Konsortium” u.a. mit Ingerenz durch Raiffeisen und den seligen Lokalpolitiker Haider) – die freilich unter jeder anderen Regierungskonstellation genauso eingetreten wären.
Es ist auch unterhaltsam und lehrreich, die Aufdeckung von Provisionsflüssen an einen Grasserfreund aus der eigentlich damit nicht zusammenhängenden Constantia/Immofinanzaffäre 2008 ff. nachzuvollziehen – aber das ist in den Details was für Feinspitze mit tiefer Information und einem Faible für austriakische Absurditäten.
Ohne Lokalkolorit mag das Thema auch etwas für unsere deutschen und Schweizer Freunde sein, die Ähnliches von daheim kennen werden. Sofern sie’s interessiert, können sie u.a. hier und hier nachlesen.
Die Anklage beziffert den der Republik entstandenen Schaden mit 10 Millionen Euro und das ist gut geschätzt, aber immerhin nicht völlig aus der Welt (eine ehemalige Grünpolitikerin vermeinte allein bei der Buwog-Privatisierung einen Schaden von einer Milliarde Euro erkennen zu können).
Nun gibt es Defätisten, die meinen, angesichts solch strafverfolgerischen Aufwandes und des Umstandes, dass die angeblichen Delikte gut 10 Jahre zurückliegen, sei ein solches Verfahren sinnlos. Denen ist zu antworten: Nichts da!
Ein vermuteter leichtfertiger oder gar krimineller Umgang mit öffentlichen Ressourcen im Amt ist kein Kavaliersdelikt und gehört scharf verfolgt.
Die Staatsanwälte haben lange bis zur Anklageerhebung gebraucht, aber gut Ding braucht Weile. Es ist zu hoffen, dass sie gut recherchiert haben und auch, dass den Angeklagten ein fairer Prozess gemacht wird.
Die Causa hätte die Chance, ein Goldstandard für die Verfolgung von Korruption in öffentlichen Funktionen sowie zu einer Sternstunde für die accountability von Politikern zu werden.
Natürlich muss das, was für Grasser und seine Spießgesellen gilt (sie alle bestreiten die Vorwürfe), auch für die vor und nach ihm gelten und ich alter Verschwörungstheoretiker habe so das Gefühl, dass unser Traum-Schwiegersohn i.R bzw. seine Berater Provisionsspielchen um Staaatsaufträge nicht neu erfinden mussten.
Ich Verschwörungstheoretiker hänge der Meinung an, dass andere Akteure in anderen Parteien ggf. ebenso korrupt waren (sind) und dass die 10 Millionen Euro Schaden, die Grasser & Co. vorgeworfen werden, ein Klacks dagegen sind.
Auch diese Dinge müssen ans Licht und das werden sie auch, wenn es in diesem Staat keine selektive Strafverfolgung gibt (was wir ja doch nicht glauben wollen).
Gleiches Recht für alle ! Dieser Meinung sind sicherlich auch unsere Möpse, die – ich erinnere mich genau -, dem nun angeklagten jugendlichen Helden damals aus der Hand gefressen haben.
Grafik: Markus Szyszkowitz, www.artoons.at, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0
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