Christoph Badelt, der neue Chef des österreichischen Wirtschaftsforschungsinstuts, ist der Meinung, dass die Debatte um die Vereinheitlichung der Mindestsicherung schon deswegen unangemessen ist, “weil in Österreich alle staatlichen Einrichtungen jedes Jahr 104 Milliarden für soziale Zwecke ausgeben”. Die für die Mindestsicherung aufgewendete Summe mache weniger als ein Prozent davon aus. Früher sagte man Rabulistik zu solchen Vergleichen, von rabula, “marktschreierischer Advokat”. NB zu den Triebfedern für die angepeilte MiSi-Vereinheitlichung.
Es kommt eben immer auf den Vergleichsmaßstab an. Siehe dazu den Eintrag vom vergangenen April:
Vergleicht man sie mit der Entfernung von der Sonne, ist die Wegstrecke von Wien nach Texas ebenso vernachlässigbar.Wenn diese jedoch gehend und schwimmend zurückgelegt werden muss, ist die Distanz gewaltig.”
Soziale Zwecke bedeutet in diesem Zusammenhang: inklusive Aufwendungen für Pensionen und Gesundheitssystem, die zusammen fast drei Viertel der sagenhaften 100 Mrd. Euro ausmachen. Beide Ausgabenposten kommen aus Beiträgen aus der Kranken- bzw.Pensionsversicherung und sind eigentlich für die – marxistisch gesprochen – Reproduktion der Arbeitskraft gedacht.
Diese Beiträge sind nicht steuerfinanziert und ganz, ganz vereinfacht könnte man sagen: die Österreicher zahlen sich diese Beiträge/Umlagen heute selbst, damit sie und ihre Angehörigen morgen krank sein und übermorgen in Pension gehen können.
Das sind natürlich keine Sozialausgaben im engeren Sinn.
Badelt weiß das ganz genau, aber er zieht es vor, vor den Journos und der Öffentlichkeit Themen zu verschwurbeln.
Nachbemerkung, 27.11., 21.00 Uhr: Auch die verbleibenden knapp 30 Mrd. Euro sind nicht alle echte Sozialausgaben, aber ich bin momentan zu faul, die genaue Aufschlüsselung zu recherchieren. Besagte knappe Milliarde wird v.a. von Einkommens- bzw. Lohnsteuerzahlern und Konsumenten (Endverbrauchern) berappt.
Die Auslöser der Diskussion sind ganz klar die starken Steigerungsraten und der große Anteil, den Asylwerber daran haben, sowie die (verständliche) Tendenz neu Angekommener den höchten MiSi-Sätzen nachzuziehen.
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