In einer historisch beispiellosen Initiative haben 136 Bürgermeister von SPÖ und ÖVP dazu aufgerufen, bei der Stichwahl zum Bundespräsidenten am 4. Dezember den ehemaligen Grünen-Obmann, Alexander Van der Bellen zu wählen. Kritiker zeichnen dieses Vorgehen nun als gesetzwidrig und haben die Bundeswahlbehörde zum Handeln aufgefordert. Die Aktion verstoße gegen die gesetzlich gebotene Unparteilichkeit der Wahlleiter und sei geeignet, einer erneuten Anfechtung den Weg zu ebnen.
Die legalen Anknüpfungspunkte der diesem Blogger vorliegenden Warnung an das Innenministerium sind das Bundespräsidentenwahlgesetz sowie die geltende Wahlordnung. Nach diesen müssen Bürgermeister, die als Wahlleiter von Sprengeln oder Gemeinden fungieren, sich jeder Parteinahme enthalten (oder ihre Wahlfunktion z.B. an den Stellvertreter abgeben).
Die Wahlleiter, die an einem bestimmten (heute bereits zurück liegenden) Stichtag bestellt worden sind, sind nach § 13 der NRWO zur “strengen Unparteilichkeit” verpflichtet – was nach Meinung des Anzeigers, eines nach Eigenangaben einfachen Bürgers, dem Aufruf einen bestimmten Kandidaten zu wählen, widerspricht.
Deswegen sei die Gültigkeit auch der Stichwahl “höchst gefährdet”, warnt Anzeiger Bernhard Rohrbeck.
Weil unter den appellierenden Bürgermeistern auch etliche von großen Städten sind – Michael Häupl (Wien) inklusive – , repräsentierten die Bürgermeister einen “sehr großen Anteil der gesamten Wähler und Wählerinnen”.
Alleine auf Grund der Autoritäts-Funktion verbunden mit der Amts-Funktion eines Bürgermeisters oder einer Bürgermeisterin, könnte es zu einer massiven Verschiebung des Wahlverhaltens kommen, was mir als Laie und Bürger als ‘ungerechtfertigte Einflußnahme von Amtsträgern’ erschiene.”
Grünes Establishment, alle gegen Hofer
Die Präsidentenwahl, deren erste Runde schon am 24. April 2016 stattfand, ist dabei, zu einer nicht mehr überschaubaren, unendlichen Geschichte auszuarten.
In die erste Stichwahl waren der Kandidat der Freiheitlichen, Norbert Hofer, sowie der “unabhängige” Kandidat Alexander van der Bellen gekommen.
Der frühere Bundesparteiobmann der Grünen, der von fast allen Parteien und Medien mit Ausnahme der FPÖ(-nahen) unterstützt wurde, konnte den Wahlgang am 22. Mai knapp, mit etwa 30.000 Stimmen für sich entscheiden – wobei eine Reihe von seltsamen Umständen aufgetreten ist (widersprüchliche Angaben über eingelangte Stimmen, Nachmeldungen von Wahlbehörden, etc.)
Die FPÖ brachte eine Anfechtung ein und auf dieser Basis hob der Verfassungsgerichtshof am 1. Juli die Stichwahl auf und verlangte eine Neuaustragung von dieser.
Die Wahlwiederholung wurde zunächst für 2. Oktober angesetzt, wegen “defekter Wahlkuverts” schließlich aber auf 4. Dezember verschoben. Mittlerweile wurde auch das Wahlgesetz geändert, was u.a. auch die Beteiligung von Jungwählern erlaubt, die im geschilderten Halbjahr der Verschiebungen das Wahlalter erreicht haben.
Vor gut einer Woche sind die beiden Kandidaten wieder in den Intensivwahlkampf eingetreten. Sie dürften nach wie vor Kopf an Kopf liegen.
Das Bemerkenswerteste an dieser Situation ist, dass
- trotz der gleichen Verteilung der Sympathien im Wahlvolk außerhalb der FPÖ kaum öffentliche Unterstützung für deren Kandidaten Hofer existiert sowie dass
- die Kandidaten der jahrzehntelangen Staatsparteien SPÖ und ÖVP bereits im ersten Durchgang gescheitert sind und dass Rot, Schwarz und zwei weitere Parlamentsparteien praktisch geschlossen ins Lager des “unabhängigen” (grünen) Kandidaten gewechselt sind.
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