‘Töpfchen koche’: Das Märchen von der österreichischen Asylstatistik

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Zusammensetzung der Asylsucher

2016 haben sich die in Österreich gestellten Asylanträge halbiert, während die zugehörige Bürokratie ins Kraut geschossen ist. Der Akten-Berg ist gemäß EU-Statistik kaum kleiner geworden – trotz 400 neuer Mitarbeiter. Eurostat zeigt auch, dass in der ersten Instanz 70 und nicht, wie suggeriert, 50% der Anträge genehmigt werden. NB:Reale Anerkennungsquoten Syrer, Iraker und Afghanen.

Im Jänner 2016 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) noch von einer erstinstanzlichen Anerkennungsquuote von 39 Prozent gesprochen, 2017, also vor drei Wochen, räumte es schon 48 Prozent “schutzgewährende Entscheidungen” im Vorjahr ein, siehe .z.B. hier:

ss_Anerkennungsquote Innenministerium

Doch selbst das ist noch weit von der Wirklichkeit entfernt.

Der Wirklichkeit einer inoffiziellen, aber staatlich gemanagten Massenimmigration, deren Schaltstelle das BFA ist.

In der Realität winkt das Amt bereits in der ersten Instanz zwischen 70 und 75 Prozent der Antragsteller durch, was zu 80 Prozent mit der Flüchtlingskonvention begründet wird (diese wurde 1951 nicht ins Leben gerufen, um sich Vertriebenen aus Kriegen und Bürgerkriegen und schon gar nicht Wirtschaftsmigranten zu widmen).

Das BFA bemäntelt seine Rolle mit einer Zählweise, in der, wie beschönigend gesagt wird, “Entscheidungen und nicht Personen als Mess-Einheit genommen werden”.

Konkret passiert das dadurch, dass man die Basis, auf die man die positiven Entscheidungen bezieht, künstlich mit routinemäßigen Verwaltungsentscheidungen aufbläht, beispielsweise den jährlich fällig werdenden Verlängerungen des subsidiären Schutzes, siehe .z.B. hier (Grafik!).

Eurostat nimmt auf die PR-Erwägungen des Bundesamts keine Rücksicht.

Die Luxemburger Datenbank listet die Gesamtheit der getroffenen Entscheidungen auf und ordnet diese einer Begründung zu.

Die Kategorie “total positive decisions” fasst die positiven Aufnahmebegründungen (Flüchtling, subsidiärer Schutz, humanitärer Status) in einer Zeile zusammen.

In den ersten drei Quartalen 2016 sind von etwa 29.000 getroffenen Asylentscheidungen 21.000 oder 72 Prozent positiv erledigt worden

Auf die ersten drei Quartale heruntergebrochen, sieht das folgendermaßen aus:

Asyl-Entscheidungen 2016, 1. Instanz
  Q1 Q2 Q3
alle
 7.745  10.790  10.530
davon positiv  5.990  7.635  7.325
davon Genfer K.  5.145  6.495  5.830

Es kommt eben drauf an, wer was auf welche Weise zählt (und welche Zuhörer beeindruckt bzw. beschwichtigt werden sollen).

Der Vorteil der Eurostat-Metrik ist, dass sie nur das Kerngeschäft zeigt, das für die Öffentlichkeit relevant ist. 

Ein Vergleichsblick auf länger zurückliegende Daten zeigt, dass sich die Anerkennungsquote nach der Umgründung des Amts 2013/14 mehr als verdoppelt hat, unabhängig von der Zahl der Anträge.

Beim “Vorgänger” Bundesasylamt, lag die Quote in der ersten Instanz noch bei 25 bis 30 Prozent, wie die folgende Tabelle zeigt:

Entscheidungen 1. Instanz, “historisch”
gesamt tot. positiv Prozentsatz
2013 16.610 4.920  29,6%
2014  9.405 7.175  76,3%

Im 2. Halbjahr 2015 eskalierte dann die Zahl der Neuanträge und der bis heute unbewältigte Akten-Rückstau bildete sich.

unerledigte_verfahren_15_master_2Der Direktor der Behörde, Wolfgang Taucher, versuchte diese Entwicklung zunächst mit der Neuanstellung von 200, im Jahr 2016 von weiteren 389 Leuten zu bewältigen.

Was haben diese und die im gleichen Jahr neu eröffneten sieben Außenstellen bewirkt?

Wenig bis gar nichts.

Obwohl sich nach offiziellen Zahlen die Neuanträge halbiert haben – womit auf wundersam genaue Art der Regierungsplan erfüllt wurde -, will der Topf mit den Asylersuchen nicht und nicht leerer werden.

Die Situation erinnert ein wenig an das Märchen vom süßen Brei, wo das Zaubertöpfchen so lange überkocht, bis die Pampe das ganze Dorf bedeckt.

Hier die aktuellen Eurostat-Zahlen über die in der Alpenrepublik anhängigen Asylverfahren (“Persons subject of asylum applications pending at the end of the month”).

Offene Verfahren, 1. Instanz
2015/12 79.665
2015/05 84.675
2016/11 78.815

In diesen 12 Monaten sind ziemlich genau 40.000 Anträge neu dazu gekommen, freilich ziemlich genauso viele auch wieder abgearbeitet worden (29.065 in drei Quartalen 2016).

Und weil Verfahren von Amts wegen auch eingestellt werden (z.B. wegen “Dublin-Abschiebungen”), hätte sich die Zahl der nicht entschiedenen Verfahren eigentlich deutlich verringern müssen.

Weniger ist trotz 400 neuen Leuten aber kaum etwas geworden.

Das Innenministerium erklärt sich die Sache mit in Luxemburg vorgenommenen Rundungen und sagt, die Eurostat-Zahlen beinhalteten auch die offenen Verfahren in der 2. Instanz, die sich fast verdoppelt hätten.

Selbst nach der Metrik des Innenministeriums wären die offenen Verfahren in erster Instanz um nur 7.000 zurückgegangen, was bei einer im Endausbau verdreifachten perrsonellen Ausgangslage nicht wirklich beeindruckend wäre.

Junge Immigranten aus Afghanistan

Wo kommen nun die Einlass begehrenden 79.000 Asylwerber her? Hier eine selbst gebastelte Tortengrafik des “Bestands” (per Ende November 2016): master_Asylwerbertorte_finished

Die Syrer machen gerade einmal 14 Prozent aus, die afghanischen Asylanträge fast dreimal so viel.

Und wie setzen sich die von dort kommnden Migranten zusammen, Menschen die immerhin über den halben Erdball bis in die Alpenrepublik “geflüchtet” sind?

Es handelt sich um eine sehr junge und – statistisch gesehen – ziemlich männliche Population.

40% sind jünger als 18, was nach den bestehenden Usançen garantiert, dass alle Minderjährigen bleiben können (sofern ihr Verfahren hier läuft und sie bzw. ihre Eltern plausibel machen können, dass sie aus dem Land am Hindukusch kommen).

Durchschnittlich 72% der Antragsteller sind männlich – was den Blick darauf verstellt, dass bei den jungen Kohorten der Anteil der Burschen und Männer viel höher liegt.

Nämlich bei 85 Prozent unter den Jugendlichen (14 bis 17 Jahre) und 79 Prozent unter den jüngeren Erwachsenen (18 – 34).

Bei den Kindern unter 14 ist das Geschlechterverhältnis dagegen noch einigermaßen ausgeglichen.

Vergleicht man die Afghanen mit den Syrern, zeigt sich, dass deren Männeranteil deutlich kleiner ist – 59 Prozent -, dass aber der Prozentsatz der Kinder unter 14 höher liegt.

Die neuen Antragsteller werden jedenfalls immer jünger.

In den ersten elf Monaten des vergangenen Jahres haben die Minderjährigen zum ersten Mal mehr als 50 Prozent aller afghanischen Asylanträge ausgemacht.

Ohne “Scouts” geht bei einer Fernreise wie einer aus Afghanistan gar nichts.

Die Schlepper mögen den Familien am Hindukusch Märchen über das goldene Leben im Westen erzählen – mit der Information, dass Minderjährigen in Mitteleuropa ein Bleiberecht zukommt, liegen sie nicht falsch.

Glaubt man dieser UNHCR-Mitarbeiterin,schicken afghanische Väter ihre Söhne als eine Art von familiärer Zukunftsinvestition auf die kostspielige Reise.

Dass die jugendlichen Entsandten nicht einfach den langen Weg zurück geschickt werden, dieses Kalkül ist bisher aufgegangen.

Dass von den Söhnen aber Geld oder geldwerte Vorteile zurück kommen, ist wenig mehr als kühne Hoffnung.

Nachbemerkung, 9.2., 9.30 Uhr: Klar, auch die vom BFA angeführten Anerkennungsquoten für die einzelnen Nationen sind Schmonzes, weil zu tief gegriffen. Nach einer Überschlagsrechnung für die ersten drei Quartale, haben praktisch alle Syrer in der ersten Instanz einen Schutzstatus zugebilligt bekommen, 83 Prozent der Iraker und 55 Prozent der Afghanen.

Unabhängiger Journalist

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