Schlappe für Moskau, Erfolg für Brüssel: die Russen haben wegen des Störfeuers der EU eine Pipeline abgesagt, über die Südosteuropa mit Gas versorgt werden sollte. Motiv für die Obstruktion war das Bestreben, die strategische Position der Ukraine zu stärken. Diese soll auch künftig in der Lage sein, die südliche Hälfte der EU von russischem Erdgas abzuschneiden. Die Wiener Regierung, die Koalitionsparteien, aber auch Grüne und NEOS fördern diese Politik nach Kräften – oder halten wenigstens still.
Bei einem am Montag absolvierten Staatsbesuch in der Türkei hat der russische Präsident den immer wieder verzögerten Bau der “South Stream” endgültig abgeblasen, einer Leitung, die über Bulgarien, Serbien und Ungarn laufen sollte. Die Begründung: Russland werde nicht Milliarden für die Verlegung von Röhren im Schwarzen Meer auslegen, wenn das Projekt dann keine Genehmigung bekomme. Putin und der türkische Präsident Erdogan vereinbarten den Bau einer weiteren russisch-türkischen Gaspipeline sowie eine Kapazitäserweiterung für die bereits bestehende “Blue Stream”.
Nach dem Scheitern der von der EU favorisierten Nabucco im vergangenen Jahr hat sich Brüssel darauf verlegt, das russische Gegenprojekt zu torpedieren. Es agiert damit gegen den Willen und die Interessen der South Stream-Anrainerstaaten, der EU-Mitglieder Bulgarien, Ungarn und Österreich sowie Serbiens.
Offiziell wird die Blockade durch die EU mit wettbewerbsrechtlichen Bedenken begründet – die bei der vergleichbaren, 2011 eröffneten North Stream durch die Ostsee keinerlei Probleme bereitet hatten. Wie bei der geplanten South Stream ist die russische Gazprom bei North Stream 50-Prozentpartner.
Der wirkliche Grund der Haltung Brüssels wurzelt in Militärstrategie und der Konfrontation, die sich die USA und Moskau um die Ukraine liefern. Die EU hat sich in dem Konflikt voll auf die Seite Washingtons geschlagen.
Jede weitere Pipeline, die eine Umgehung der durch die Ukraine führenden Druschba ermöglicht, verringert das Erpressungspotenzial, das die Ukraine gegenüber der EU hat. Die Verhinderung der South Stream stärkt Washington und Kiew in ihrer Auseinandersetzung mit Moskau.
Daraus ergibt sich folgende paradoxe Situation: Die EU versucht, mit dem Argument der Versorgungssicherheit die Erpressbarkeit Europas durch den großen Erdgaslieferanten Russland zu verringern. Durch die Verhinderung der alternativen Gasleitung werden aber sowohl das Versorgungsrisiko als auch das Erpressungspotenzial gegenüber Südeuropa (durch die Ukraine) erhöht.
Die west- und nordeuropäischen Staaten sind vom dem Streit fast nicht betroffen – Südosteuropa, der Balkan, Österreich und Italien aber sehr wohl. Spanien und Frankreich brauchen kein russisches Gas und Deutschland und Polen haben ihre eigenen Pipelines, die nicht über ukrainisches Territorium führen.
Die österreichische Politik macht gute Miene zum bösen Spiel bzw. trägt die EU-Linie mit.
Im österreichischen “Gas-Hub” Baumgarten hätte ein Ausläufer der South Stream enden sollen. Wien, das nach wie vor der bestimmende Eigentümer der OMV ist, hat das Projekt unterstützt. Die Republik hatte aus mehreren Gründen Interesse an der South Stream. Sie wird sich aber hüten, Brüssel aus der Sache Vorwürfe zu machen.
Die Parlamentsparteien unterstützen – mit einer Ausnahme, der FPÖ – die Schädigung der österreichischen Interessen. Die Abgeordneten von Rot, Schwarz, Grün und Rosa zum Europäischen Parlament haben bereits im September für eine Beendigung des Pipeline-Projekts votiert.
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