My US-Security Strategy – Europas “7 Vasallen-Zwerge” jetzt beleidigt

Dieser Blogger, in seinem Leben gleich mehrfach in der wissenschaftlichen Kunst der Interpretation geschult, hat sich über das Wochenende die 30 Seiten der neuen US-Sicherheitsstrategie (“NSS”) vorgenommen und fühlt sich durch diese in seinem schon länger gehaltenen Glauben bestätigt, dass sich die “Trump-Staaten” vom Globalismus des US-Dollar-Imperiums in die eigene Hemisphäre, also die Americas zurückziehen wollen, dass sie allerdings erwarten, dass künftig “befreundete Staaten” in Lateinamerika und der restlichen Welt (auch) das diskret signalisierte “geopolitische Geschäft” der USA erledigen (“enlist and expand”, was bei gleichzeitig wundersamer Aufrechterhaltung der Werthaltigkeit des US-Dollars funktionieren soll, NSS2025_Coverwenigstens zum größeren Teil). Die malkontenten europäischen Vasallenkönige, die lieber einen US-demokratischen “Augustus” an der Spitze des Imperiums gesehen hätten, geben sich beleidigt und haben u.a. einen (früheren?) Trump-Bundesgenossen zu 120 Mio. Dollar Strafe verurteilt.

Die hiesige Verschnupftheit wurde zunächst weniger in den mit Brüssel verbündeten nationalen Staatskanzleien deutlich, sondern eher in den EU-HQs selbst (Berlaymont und Consilium), die in der neuen NSS, ja nicht g’rad mit Samthandschuhen angepackt werden.

(z.B. “mangelndes Selbstbewusstsein gegenüber Russland”, “drohende zivilisatorische Auslöschung Europas”, siehe auch unten).

Der weltpolitisch vielleicht bedeutsamste Akzent der NSS 2025 ist jedoch die Ansage, dass sich Washington künftig auf geografisch näher gelegene “Sicherheitsprobleme” konzentrieren wolle,

was man in einem offiziellen Dokument natürlich nicht plump und direkt ausdrücken kann,

wie etwa, dass man ein paar Hundert weit entfernte Militärbasen aufgeben wolle, Veneuela angreifen, oder dass sich Japaner und Südkoreaner (sowie Deutsche) gefälligst selbst verteidigen sollten, mit eigenen bzw. auf eigene Kosten angeschafften Waffen.

Nein, da bemüht man lieber ewas altehrwürdiger klingendes als “America First”,

wie die 200 Jahre alte “Monroe-Doktrin” - siehe auch hier -, von der heute nur wenige wissen, was sie besagt und in welchem Kontext sie 1823 “verkündet wurde”.

Monroe-Doktrin redivivus

Die neue NSS tut genau das und

“provides the first explicit reference to the president replicating the Monroe Doctrine, calling for U.S. dominance in the Western Hemisphere.”

Dieser Hemisphäre, die gegen Nicht-Amerikaner verteidigt werden soll, dürften im Kern lediglich “die Americas” angehören, die sich freilich noch weiter in den Süden ausdehnen als das von der ursprünglichen “Monroe-Doktrin” erfasste Gebiet (bezüglich der “Hemisphären-Definition” hält sich Washington freilich ein Hintertürchen offen, vlt. für den Fall, dass die EU bzw. deren Nationalstaaten “rechtspopulistisch-botmäßig” werden). Gleich bleibt die erneuerte Monroe-Doktrin nur insofern, als nicht US-amerikanische Mächte ggf. militärisch ferngehalten werden sollen, aber nicht europäische wie damals, sondern z.B. die chinesische (Peru) und die russische (Venezuela) wie heute.

Besagte Staaten scheinen einen solchen “Deal” schon akzeptiert zu haben, wie erste Reaktionen aus Peking und Moskau nahe legen

(was auf dem Verständnis zu beruhen scheint, dass sich die USA im Gegenzug in der Ukraine und Ostasien nicht <mehr> “einmischen”).

Das sind zugegeben schlechte Nachrichten für lateinamerikanische Leftisten wie Maduro, Lula oder Sheinbaum

- aber wo gehobelt wird, fallen halt Späne  :mrgreen:

Trump und die NSS 2025 bestehen offiziell zwar auf einem “universellen burden sharing” für die Verteidigungslasten des Dollar-Imperiums, aber es bleibt abzuwarten, ob so etwas auch für Israel (mit und ohne Netanjahu) gilt,

oder nur für Japaner, Europäer und (Golf)Araber.   :mrgreen:

Eine Lasten-Teilung ist eigentlich keine so unbillige Forderung, bedenkt man, dass die Genannten bei den Vorteilen des “Imperium of Debt” bisher Trittbrett gefahren sind,

aber das taten die jetzt feindlichen Chinesen ja auch.

Die NSS 2025 beruft sich – wohl zu Recht – darauf, dass das US-amerikanische Elektorat es leid sei, dass “ihr Staat” ganz oder überwiegend die Verteidigungslasten anderer mit trage und Ähnliches lässt sich wohl von der “Massenimmigration” behaupten,

in den USA und “jenseits des Großen Teichs”.

Kritik an “Europa”

Nun ist die EU selbst mangels direkter Zuständigkeit nie offiziell und offensiv für die irrsinnige europäische Zu-/Einwanderungspolitik aufgetreten, die diverse “Rechtspopulisten” erst groß gemacht hat.

Es bedarf allerdings nur geringer Begabung um zu erkennen, dass wenn

  • zwei Dutzend von 27 Staaten für eine bestimmte Politik sind und
  • vereinzelte Gegner (ein vereinzelter Gegner) davon in Brüssel, Straßburg und Luxemburg ständig abgewatscht wird,

dann auch die Union mit von der Massenmigrations-Partie ist.

Aber es ist formell richtig, dass die Nationalstaaten für ihr Grenz-Regime primär noch immer selbst zuständig sind

und man sollte diesbezüglich zuerst etwa Merkel, Kern, Löfven etc. befragen, welcher Teufel sie 2016 geritten hat.

Davon abgesehen, gibt es eine ganze Menge, was die neue US-NSS Brüssel vorhält, beginnend von

  • “activities of the European Union and other transnational bodies that undermine political liberty and sovereignty”, über
  • “censorship of free speech and suppression of political opposition” (Letzteres zielt wieder primär auf die Nationalstaaten ab, aber nicht nur. An dieser Stelle soll an die ebenso blöde wie selbstschädliche Verurteilung von x.com für Verstöße gegen den “DSA” erinnert werden, aber auch an den zunächst “glorios gescheiterten” Hate Speech-Vorstoß von Trumps Justizministerin) sowie
  • “national and transnational regulations that undermine creativity and industriousness”,
  • bis hin zu den “disastrous ‘climate change’ and ‘Net Zero’ ideologies that have so greatly harmed Europe.”

Stoff genug für die Kommission und die anderen “sechs Zwerge hinter den sieben Bergen” beleidigt zu sein,

Akteure, denen ferner (zu recht) bescheinigt wird, dass ihre aktuellen Beziehungen zu Russland “stark geschwächt” seien und dass viele Europäer Russland heute als “existenzielle Bedrohung” wahrnähmen.

Daher mussten auch die EU-Oberzwerge (bzw. Kleinwüchsigen) heute in London zu Ukraine und Russland gipfeln (19 Sanktionspakete gegen die RF durch die EU zeugen übrigens weder von “mangelndem Selbstbewusstsein”, noch von irgendeinem “Unterlegenheitsgefühl”).

Der Traum vom Erdöl-Überfluss

Zum Schluss noch ein paar Worte zu einem Thema, bei dem die NSS und mit ihr der amtierende Präsident von Biskotten zu träumen scheint.

Die US, heißt es in der NSS, wollten künftig ihre

  • “enormous energy production capacity” entfesseln, “as a strategic priority to fuel growth and innovation, and to bolster and rebuild the middle class”,
  • ihre frühere “Energie-Dominanz” wieder herstellen sowie
  • ihre Position als (derzeit kleiner) “Netto-Exporteur” bei Öl und Gas ausbauen.

So können nur Leute daher reden, die entweder nicht sachkundig sind, oder die wenig kritisch den Erzählungen zweckoptimistischer “shale drillers” lauschen.

Selbst wenn das rezente Fördermaximum bei Schieferöl (und -gas) in den kommenden Jahren nicht so schnell wieder bergab gehen sollte, wie es vor zehn Jahren bergauf gegangen ist,

  • kann von künftiger “Energie-Dominanz” wie im und nach dem Zweiten Weltkrieg keine Rede sein,
  • steht die Rolle der USA als “Wieder-Netto-Exporteur” auf tönernen Füßen
  • und mögen psychologische und finanzielle “Gunstfaktoren” für die Shale-Revolution bedeutend – aber nicht “Spiel entscheidend” sein. Egal, wie gut und groß Technik und Unternehmergeist in den USA sind: Mehr als das, was im Boden ist, kann nicht gefördert werden.

Abgesehen davon kann man aus dem in den USA verarbeiteten leichten Schieferöl vlt. Benzin für den PkW, aber keinen (oder kaum) Diesel für gepanzerte Truppentransporter oder Kerosin für Flugzeuge machen.

Und wenn das jemand weiß, dann ist es “das Militär”, wo die neue NSS ja entstanden sein soll.    :mrgreen:

Unabhängiger Journalist

Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.