Eine liberale US-Politikwissenschafterin trifft in einer Turnhalle auf einen zornigen Landsmann, der ihr unverständliche Ansichten äußert und beginnt nachzuforschen, warum “alle auf alle die ganze Zeit so super-zornig sind”. Dabei stößt sie auf eine rechtsgerichtete mediale Echokammer, wo Primitive hausen, die unter dem Einfluss ihrer Priester die Außenwelt ablehnen. Mithilfe von Interviews mit Stammesangehörigen einer konkurrierenden, wiederum liberalen Echokammer entschlüsselt die Expertin das Geheimnis der rechtsgerichteten Filterblase, die schon die Wahl des aktuellen Großen Häuptlings bewerkstelligt hat.
Das soeben erschienene Buch der Alison Dagnes lässt aus “neuenglisch-demokratischer” Sicht die vergangenen 50 Jahre Revue passieren, nämlich ein halbes Säkulum rechter Verunglimpfung von Intellektuellen, dem Staat und den Medien.
Solches begann nach dieser Erzählung bereits während des Vietnam-Kriegs, als damals junge Liberale noch gegen die von den Rechten okkupierten Institutionen mobil machten und führt bis zur (vor)letzten Etappe, als die nach 2008 draußen vor der Tür stehenden Rechten wütend gegen Obama & die Liberalen anrannten die (vor Trump) die Kontrolle über den Staatsapparat hatten.
Ein durchaus interessantes Kapitel widmet sich den technologischen Veränderungen seit den 1980ern, zunächst der “Medienexplosion” im Fernsehen, gefolgt vom Internet im Allgemeinen und den sozialen Medien im Besonderen.
Auf diese, erläutert die Dagnes überzeugend, gingen die Schnelligkeit des heutigen Nachrichtenzyklus zurück, die Überfülle an Information – aber auch die Entstehung quasi autistischer, hyperparteilicher Echokammern, deren Adepten den anderen nicht mehr zuhörten.
Natürlich sind rechte Echokammern & Filterbubbles speziell hasserfüllt und kognitiv dysfunktional – wogegen die eigentlich viel größeren liberalen und Mainstream-artigen Bubbles tendenziell von wohlmeinenden, aufgeklärten und professionell arbeitenden Journos gepflegt werden.
Dort gebe es zwar auch “ideologische Cluster”, diese seien aber (eigene Übersetzung)
nicht so kohäsiv, selbstverstärkend und vereinigt wie die rechtsgerichteten (Medien-)-Kreise.”
Letztere seien eher als “Journalistenkrieger” zu begreifen und für die Polarisierung der Bevölkerung hauptverantwortlich.
Im Zentrum des rechten Spinnennetzes stünden das rechte talk radio und der 1996 gegründete Nachrichtensender Fox News, der zwar echte Journalisten beschäftige, sich andererseits aber zum Fixstern am Firmament des nicht-professionellen right wing media circle entwickelt habe.
Der bias von Fox News habe sich u.a. im Oktober 2016 gezeigt, bei der Veröffentlichung einer elf Jahre alten Sprachaufnahme von Donald Trump, einen Monat vor der Präsidentenwahl.
Während die anderen Sender und Networks die frauenfeindlichen Äußerungen des republikanischen Kandidaten groß aufgezogen hätten, habe Fox gerade einmal die Berichterstattung der Konkurrenz gecovert (und dadurch abgelenkt).
Und als ein ehemaliger Wahlkampf-Manager Trumps angeklagt wurde, vor sieben Jahren gegen diverse Gesetze verstoßen zu haben, habe Fox über “Uranium 1″ gesendet, einem von der Obama-Administration abgenickten Teil-Verkauf einer amerikanischen Uran-Firma an die Russen.
Den Amerikanern gehe heute halt ein gemeinsames “Set von Fakten” ab und daher sollten die Leute im Gebrauch der Medien ertüchtigt werden (“media literacy”) und dazu angehalten, den anderen besser zuhören.
Und die Diversität im profesionellen Journalismus müsse primär durch das Heranziehen von mehr Schwarzen und Frauen erhöht werden.
Tech-Firmen sollten mittels Algorithmen den fake news-Seiten das Wasser abgraben – besser seien aber noch Vorgangsweisen, bei denen “wirkliche Journalisten” die Vertrauenswürdigkeit von Inhalten beurteilten, die in den Suchmaschinen dann mit einem grünen oder roten Icon ausgestattet werden könnten, etc.
Kommentar überflüssig.
Alison Dagnes, Super Mad at Everything All the Time: Political Media and Our National Anger.2019
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