“Es gibt keine Märkte mehr, nur mehr Manipulation” – dieser halb erstaunte, halb zynische Sager frustrierter Shortseller transportiert, was ein hier unternommener Lokalaugenschein bestätigt: die “Finanzmärkte” verhalten sich quer durch den Gemüsegarten irrational. Welcher “Schöpfergott” ihre synthetische Realität erzeugt, darüber lässt sich nur spekulieren. Dieser Blogger sieht als Akteur ein Kartell aus Zentralbanken und anderen “monetären Behörden”, zusammen mit ausgewählten Investmenthäusern und Hedgefonds.
Der “Webstuhl”, auf dem die virtuelle Wirklichkeit generiert wird, ist einfach zu identifizieren – es sind die Super-Computer bzw. die von den nicht identifizierbaren Akteuren benutzten Handelsprogramme. Diese werden in den Berichten der Nachrichtenagenturen auf eine geradezu lächerliche Weise humanisiert (“traders”) – natürlich wider besseres Wissen.
Auf den Schultern von zerohedge unternimmt Steve St. Angelo eine tiefere Analyse der “verrückten Märkte” von Montag, dem 28. August.
Er zeigt anhand eines Charts, wie in der Nacht und den frühen Morgenstunden des ersten Handelstags lang laufende Staatsanleihen gestiegen und der Dollar (gegenüber dem Yen) gefallen ist – was von einer parallelen Schwächephase des Dow Jones (Futures) begleitet wurde.
St. Angelo interpretiert das als “in der ersten Wirklichkeit” in Asien und Europa stattfindende risk on trades, die im Wesentlichen auf Angst vor nordkoreanischen Raketen zurückzuführen sind.
Sobald die US-amerikanischen “Märkte” öffneten, war dagegen risk off angesagt: Anleihen und Finanzgold sanken, während es zu “Pankkäufen bei Aktien” kam – eine erneute Humanisierung der Algorithmen.
Die atomare Bedrohung durch Nordkorea, die biblischen Überflutungen in Texas und der bevorstehende ‘Schuldenplafonds’ (bei den US-Verbindlichkeiten) waren auf magische Weise nicht mehr relevant (…) Manche lachten nur und sagten: ‘Wenn eine Atombombe auf New York gefallen wäre, wäre der Aktienmarkt vermutlich auch gestiegen.’”
SRSroccoreport erinnert danach an eine 2012 erfolgte Analyse der Deutsche Bank, die die Risken/Unsicherheit (“uncertainty”) mit dem Verhalten der sogenannten Anleger verglich (wobei als Maßstab für die Unsicherheit gewisse Zeitungsartikel quantifiziert wurden).
Das Ergebnis: Im untersuchten Zeitraum zwischen 1996 bis 2011 bestand eine enge Korrelation zwischen der Berichterstattung über (“nicht Finanzmarkt”) Risken sowie dem Volatilitätsindex VIX.
Spätestens ab diesem Zeitpunkt – wahrscheinlich aber schon nach 2008 – änderte sich das Bild jedoch grundlegend:
Nach 2011 haben sich diese beiden (bisheigen) Risikoindikatoren entkoppelt, wobei der VIX trotz steigender Unsicherheit (konstant) niedrig geblieben ist. Der Zusammenbruch (der Korrelation) ist strukturell und erfolgte quer über alle Marktsegmente, nicht nur bei Aktien.”
Persönliches Fazit: Die anti-spekulative Sedierung der “Anleger” nach 2011 ist eine Realität, die sich nicht wegdiskutieren lässt.
Diese allein besagt freilich noch nichts über ihre Ursache – so könnte in diesen Jahren beispielsweise eine völlig neue Mentalität in jenen Köpfen/Schaltkreisen eingezogen sein, wo Investmententscheidungen getroffen werden
Jeder und jede soll sich selbst die Fragen beantworten, wie wahrscheinlich es ist, dass die geschilderte Entkoppelung Folge “eines neuen mindsets” unter Menschen war (und ob eine Stabilisierung dieser Art eine uneingeschränkt gute Sache ist).
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