Das Wetter-Schwein Roms und die hunnischen Klima-Refutschies

Der US-amerikanische Althistoriker Kyle Harper hat ein Buch über Klima, Seuchen und das Ende Westroms veröffentlicht. harper_coverHauptaussage soll sein, dass der Klimawandel für den Untergang Roms verantwortlich gewesen ist. Dieser Blogger kann das nicht ganz nachvollziehen, von einer – allerdings gewichtigen – Ausnahme abgesehen. Der Klimawandel hat für Harper nämlich die Westbewegung der Hunnen ausgelöst. Diese bezeichnet er als “bewaffnete Klimaflüchtlinge zu Pferd”.

Römische Republik und Reich können ansonsten als ein prolongierter Klimagunst-Fall begriffen werden.

Aufstieg und Höhepunkt der Staatsmacht erfolgten innerhalb des sogenannten Römischen Klima-Optimums (RCO) zwischen 200 vor und 150 nach Christus.

Danach kam es, zugegeben, zu Dürren und Seuchen, aus denen Harper viel Aufhebens macht.

Sie “peakten” etwa zur Hälfte des dritten Jahrhunderts; es handelte sich um natürliche und quasinatürliche Umstände, die zwar eine Krise hervorriefen, die aber nicht zum Ableben des Imperiums führten.

Danach wurde das Klima wieder besser – und Rom ging unter, paradoxerweise.

Harper (p. 168):

But if the third century was the ‘old age of the world’, the long fourth century was unexpectedly a new lease on youth. The climate stabilized. After AD 266, there was not a major volcanic event for more than a century and a half. Solar output escalated, reaching its maximum across the entire Roman period around AD 300 and then maintaining high levels through the fifth century.”

Und während dieses sonnigen fünften Jahrhunderts fielen die Barbaren ständig ins Reichsgebiet ein (und führten sich dort wie ebensolche auf).

410 plünderten die Westgoten, 455 die Vandalen Rom. 476 schließlich gilt als das offizielle Sterbedatum der westlichen Reichshälfte (die oströmische lebte noch ca. 1.000 Jahre weiter).

Die folgenden Klimakatastrophen und Seuchen, die der Autor gekonnt schildert, geschahen samt und sonders nach dem Ende Roms und läuteten eigentlich das Frühmittelalter ein.

Eigentlich hätten Pest & Vulkanausbrüche zum Fall auch Ostroms und/oder zur Behinderung der fränkischen Reichsbildung führen müssen – das war aber offensichtlich nicht der Fall.

An einer Stelle meint Harper sogar, die Römer hätten alles in allem Klimaglück gehabt:

We are learning that the Romans were, in planetary perspective, lucky.” (p.14)

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Zu diesem Verdikt gibt es freilich eine große Ausnahme.

Diese ist aus Änderungen einer nordatlantischen Meereströmung entstanden – was in den Wüstengebieten Mittelasiens folgenschwere Auswirkungen hatte:

Katastrophale Dürren sollen das Steppenvolk der Hunnen in Bewegung gebracht haben, das über einen Domino-Effekt die für Rom letalen Barbarenstürme getriggert hat.

In the fourth century, the elements were in place for a prolonged drought in the steppe (…) Here, as Ed Cook has shown, was a time of megadrought. The two decades from ca. AD 350 to 370 were the worst multidecadal drought event of the last two millennia. The nomads who called central Asia home suddenly faced a crisis as dramatic as the Dust Bowl. The Huns were armed climate refugees on horseback.” (p. 191/192)

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Das ist hoch interessant, wenn auch nicht sonderlich überaschend.

Mindestens ebenso interessant ist Harpers “Globaleinschätzung” der klimatischen Variabilität des Holozän, die man gewissen Agitprop-Wissenschaftlern und -Journos ins Stammbuch schreiben möchte;

Pseudowissenschaftern, für die der “echte Klimawandel” erst mit der industriellen Verbrennung von Kohlenwasserstoffen begonnen hat. Harper (eigene Hervorhebungen):

Since long before humans started to load the atmosphere with chemicals that trap heat, the climate system has swayed and varied due to natural causes (…) While orbital mechanics still drive deep changes in the Holocene climate, solar energy varies in other consequential ways on shorter time- scales (…) Even in the friendly Holocene, then, orbital, solar, and volcanic forcing interacted with the inherently variable systems of the earth to make the climate far more volatile, and precarious, than we might have thought. The discovery of rapid climate change in the Holocene is a revelation.”(p.14)

Kyle Harper, The Fate of Rome. Climate, Disease and the End of an Empire. 2017

Unabhängiger Journalist

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