Die Chemtrails der Geo-Ingenieure: Spurensuche aus 15 km Entfernung

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Chemtrail-Skizze zu einer Geoengineering-Studie

Dass eine ordentliche Luftverschmutzung der Erderwärmung entgegenwirkt, ist eine gut abgesicherte Erkenntnis, ebenso wie der Umstand, dass die CO2-Klimamodelle während der vergangenen zwei Jahrzehnte ziemlich versagt haben. Ersteres hat dazu geführt, dass seit geraumer Zeit diskutiert wird, ob man die Atmosphäre nicht mit ein paar Megatonnen Schwefel anreichern sollte. Angeblich ist damit noch nicht begonnen worden. Es wäre jedenfalls kein allzu großer Aufwand, kommerziell genutzte Flugzeuge so umzubauen, dass sie aus großer Höhe sprühen können.

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Anonymer Poster auf wattsupwiththat

Chemtrails bzw. die Überzeugung, aus hoch fliegenden Flugzeugen mit allen möglichen Wirkstoffen besprüht zu werden, erfreuen sich in der Vorstellung “der Bevölkerung” großer Popularität. Das sich darin zeigende Misstrauen gegen die (eigene?) Obrigkeit ist wenig verwunderlich, wurden die Vorfahren dieser Leute doch millionenfach in Kriegen verheizt und zu Hunderttausenden für alle möglichen Experimente missbraucht, in diktatorischen wie in “demokratischen” Zeiten.

Ihr angeblicher Aberglaube wurzelt jedenfalls in einer konkreten Beobachtung – dass sich nämlich viele “Kondensstreifen” am Himmel anders verhalten als die ihnen bisher bekannten und dass diese “Kondensstreifen” daher vermutlich gar keine sind.

Wissenschafter und Journalisten, die sich für besonders gut informiert und aufgeklärt halten, werden nicht müde, solche Meinungen als Legenden bzw unwissenschaftlichen Unsinn abzutun. Sie machen geltend, dass solche Sprühaktionen technisch gar nicht möglich seien bzw. dass sie, wenn sie es wären, viel zu teuer kämen. Wer derlei ernsthaft vetritt, ist die Gage, die er/sie bezieht, nicht wert.

Einzuschränken ist hier nur, dass nach dem heutigen Stand des Wissens/der Urteilsfähigkeit bestimmte operative Ziele nicht erreicht werden können. Zum Beispiel die Besprühung einer lokalen Population mit bewusstseins-/verhaltensverändernden Wirkstoffen – jedenfalls nicht aus der Stratosphäre. Ein solches Vorhaben müsste anders bewerkstelligt werden – etwa über das Trinkwasser, mit tief fliegenden Flugzeugen oder über diverse Trägersysteme für B- und C-Waffen.

Wenn in der oberen Troposphäre bzw. in der Stratosphäre gesprüht wird, kann es sich nur um ein globales Programm handeln. Das versprühte Zeug würde nämlich lange “oben” bleiben und sich rund um den Erdball verteilen, ehe es über viele Monate verteilt “ausgewaschen” und zur Erde sinken würde. Viel mehr als 90 Prozent würden letztlich vergeudet, weil sie ins Meer oder auf unbewohntes Gebiet fallen würden.

Diese Einschränkung macht für Aktionen im Rahmen des sogenannten Sonneneinstrahlungsmanagements (solar radiation management/SRM) aber keinen Sinn. Diese wären ein ganz anderes Paar Schuhe. Das wäre ein Programm, das global wäre und bei dem das Sprühgut schon deswegen nicht “vergeudet” werden kann, weil es von vornherein zum Verbrauch bestimmt ist.

Hinter den Begriffen SRM bzw. dem allgemeineren Geoengineering verbergen sich Technologien, die seit 10 bis 15 Jahren diskutiert werden. Sie zielen darauf ab, die Sonneneinstrahlung so stark zu vermindern, dass die (angeblich) menschengemachte Erderwärmung kompensiert werden kann. Mit diesem Thema sind gegenwärtig mehrere Tausend Wissenschafter beschäftigt, wie einschlägigen Nachschlagewerken zu entnehmen ist. Ein Wikipedia-Überblicksartikel zum SRM findet sich hier, hier gibt es eine Perspektive vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und da ist ein Interview mit dem kanadischen Geoengineering-Guru David Keith. Hier ist eine weitere Studie aus dem Jahr 2010.

arosols_coverDieses 2013 erschienene Buch und dieser im Jahr davor erschienene Sammelband enthalten viel Material zu dieser Diskussion, u.a. folgende Passage:

arosols_handbookAls Schwebeteilchen, die Sonnenstrahlen reflektieren, könnten Abkömmlinge von Schwefeldioxid verwendet werden, das sich in unserer Atmosphäre in eine Schwefelsäure verwandelt.

Aber auch via Nanotechnologie hergestellte Partikel kommen in Frage, z.B. welche, die Aluminium enthalten. Als natürlicher Benchmark für diese (Gedanken)Experimente fungiert der Ausbruch eines philippinischen Vulkans im Jahr 1991, der ca. 20 Megatonnen SO2 in die Atmosphäre geschleudert und dadurch die Erdtemperatur um bis zu 0,5 Grad Celsius gesenkt hat.

Durch die europäische und amerikanische Umweltgesetzgebung der 1970er- und 1980er-Jahre sind die industriellen Abgase um netto (weltweit) 25 Megatonnen SO2 reduziert worden, und das wird von manchen dissidenten Klimabeobachtern als Ursache der Erderwärmung bis zu Ende der 1990er-Jahre gesehen. Ähnlich argumentiert übrigens auch eine 2009 erschienene NASA-Studie.

Ein gezielter Geoengineering-Eingriff in die Atmosphäre wird in der erwähnten Literatur systematisch als irgendwie utopische, rein theoretische Option dargestellt. Es stellt sich aber die Frage, ob diesem Aussagemodus der Wissenschaftler zu trauen ist oder ob staatliche oder überstaatliche Stellen nicht schon längst tätig geworden sind.

Es trifft jedenfalls nicht zu, dass dafür eine heute noch nicht bekannte, sozusagen eine UFO-Technologie benötigt würde. Noch wäre der Aufwand prohibitiv hoch, wie z.B. dieser Professor für Atmosphärische Wissenschaften überzeugt ist.

Die Kosten dafür wären gering, behauptet zum Beispiel Geoengineering-Befürworter Keith. So gering, dass diese als Gegenargument Verwendung fänden.

 Der übliche Vorbehalt gegen das Geoengineering ist, dass es so leicht zu bewerkstelligen und billig sei (eine Milliarde Dollar pro Jahr), dass die Zivilisation “abhängig” würde und das Geoengineering für immer fortsetzen wolle – statt den teuren und schwierigen Weg zu gehen, die Treibhausgase zu reduzieren.”

Nun, eine Milliarde Dollar scheint definitiv zu niedrig gegriffen, denn die Maschinen müssten mit besseren Motoren ausgestattet und auch sonst ordentlich umgerüstet werden, dazu kämen noch der Treibstoff und die Anschaffungskosten für das Verbrauchsmaterial. 

Aber die Sache wäre weder besonders schwer durchzuführen noch jenseits der finanziellen Leistbarkeit. Für die Ausbringung von 7,5 Megatonnen Sulfat im obigen Beispiel wären 375.000 Flüge im Verlauf von 18 Monaten nötig. Das wäre nicht einmal ein Prozent der in diesem Zeitraum absolvierten gut 50 Millionen zivilen Flüge (Annahme: die Verwendung adaptierter A 320 mit einer Nutzlast von jeweils 20 Tonnen). Die zugrundeliegenden, weltweit 37,4 Millionen Flüge pro Jahr stammen von hier.

Das wären aber nur die Erfordernisse für die Hochphase eines solchen Programms – während des ramping up müsste nicht so viel investiert werden. All das kann kann ohne weiteres in den Militärbudgets – speziell in dem der USA – untergebracht werden.

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Dieses Posting verfolgt nicht das Ziel, Aerosole zum Haupttreiber des Weltklimas zu erklären. Das wäre so selbstzerstörend wie die Behauptung, das CO2 oder gar: das menschengemachte CO2 erfülle diese Funktion.

Ich habe, zugegeben, nicht das Rüstzeug eines studierten Klimawissenschafters, aber ich weiß, welches Schindluder mit sogenannten Modellrechnungen getrieben werden kann (und wird). Zweitens sagt mir mein “Hausverstand”, dass es ziemlich irrwitzig ist, den Einfluss der wichtigsten, nein: letztlich einzigen Energiequelle unseres Planeten zu vernachlässigen oder herunterzuspielen.

Und in dieser Hinsicht schauma so aus: Von den 1940er-Jahren bis Ende des 20. Jahrhunderts brachte ein Sonnenzyklus nach dem anderen Rekordaktivitäten der Sonne – mit Ausnahme der Nummer 20 von 1964 bis 1976. Seit Zyklus 23 ist “Klimapause” angesagt. Wer das für einen Zufall hält, soll damit fortfahren. Ich glaube an keine Zufälle.

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Clette e.a. in Balogh e.a. Solar activity cycle, 2015, p. 96

Literatur: André Balogh, Hugh Hudson, Kristóf Petrovay, Rudolf von Steiger (Hg.), The Solar Activity Cycle, 2015

Foto: Oscar Escobar El Chino, Wikimedia Commons

Edit 1: In Pinatubo-Passage “durchschnittliche Erdtemperatur um 0,5 Grad Celsius gesenkt” zu “Erdtemperatur um bis zu 0,5 Grad Celsius gesenkt”.

Unabhängiger Journalist

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