Weil Öl und Gas aus Schiefer erstens einem Medikament gleichen, das hilflose Ärzte einem todkranken Patienten verabreichen; einer Behandlung, die das Ende um Monate oder bestenfalls Jahre hinauszögern kann. Und zweitens, weil Europa über gar keine nennenswerten Vorkommen verfügt.
Daher können Kohlenwasserstoffe aus Shale das Angewiesensein auf außereuropäische Energie-Lieferungen nicht einmal theoretisch abmildern – geschweige denn abschaffen.
Schon gar nicht gibt es Shalegas und -oil in Ländern wie Deutschland, das jetzt das bisher geltende Fracking-Verbot aufheben will.
Shale gibt es vor allem in Amerika und Asien, hat die US-amerikanische Energy Information Administration (EIA) in einer Studie festgestellt. Diese erschien vor ziemlich genau einem Jahr und beschäftigt sich mit den technisch förderbaren Schiefer-Ressourcen auf der ganzen Welt.
Die Studie findet sich hier. Sie enthält folgende Weltkarte:
Die Top Ten-Liste der Länder mit den größten Schieferöl-Ressourcen sieht folgendermaßen aus:
Die “Hitparade” bei Shale Gas sieht aus EU-europäischer Sicht ähnlich trist aus. Bei Gas ist statt Libyen Algerien das einzige Hoffnungsgebiet in der (südlichen) Nachbarschaft.
Nun ist klar, dass die EIA- Zahlen weder vollständig noch besonders belastbar sind. Noch können sie darüber Auskunft geben, was in der wirklichen Welt irgendwann einmal wirklich gefördert werden kann. Aber sie ermöglichen eine grobe Orientierung. Für die Europäer beinhalten die Zahlen zwei schlechte aber wichtige Nachrichten:
- Ein wenig Potenzial scheint es in Frankreich, in Polen/dem Baltikum bzw. in der Ostsee und der Ukraine zu geben – aber bei weitem nicht genug, um das triste Gesamtbild zu ändern. In der Ukraine bzw. im Schwarzen Meer sind die Tiefsee-Lagerstätten jedenfalls ungleich interessanter.
- Russland gehört mit der Region Westsibirien auch in Sachen Shale zu den “Top dogs”, nicht nur bei den konventionellen Lagerstätten. Es wäre – geostrategisch gesehen – der ideale “komplementäre” Partner für die produktiven Teile der europäischen Wirtschaft (wenn die Westeuropäer gemäß ihren eigenen Interessen entscheiden könnten/dürften).
Die Shale-Rechnung hat freilich einen beträchtlichen Pferdefuß: die Nettoenergie-Kalkulation. Der Abbau der Shale-Reserven erfordert selbst so viel Energie, dass sich die Frage stellt, ob bzw. inwieweit sich der monetäre und technische Aufwand überhaupt lohnt. Dazu mehr im nächsten Posting.
Auch die Russen werden Peak Oil früher oder später nicht entkommen.
Aus europäischer Sicht könnte das sogar ein “blessing in disguise” sein, ein Segen in einem Fluch. Denn Peak Oil könnte die Entwicklung jener einseitigen Beziehung verhindern, vor der die Transatlantiker seit Jahr und Tag warnen. Wenn Europa den Russen (Technologie-)Angebote machen kann, die diese für den eigenen Abschied vom Ölzeitalter benötigen, muss es auch nicht fürchten, auf den Status einer “Kolonie” abzusinken.
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