Kapitel 5 – Wut und Planwirtschaft

 

Wer zahlt fürdie europäische Bauernhochzeit ? Bruegel-Gemälde, 1567
Wer zahlt für die europäische Bauernhochzeit ? Bruegel-Gemälde, 1567

Die ersten zehn Jahre der neuen europäischen Währung waren wie ein riesiges Familienfest, zu dem jeder eingeladen war, bei dem aber nie offen debattiert worden war, wer die Rechnung bezahlt. Selbst heute, 2014, ist der Festsaal noch lang nicht aufgeräumt. Fünf Jahre nach ihrem Beginn ist die Krise quicklebendig wie eh und je.

 Die Europäer sind zornig aufeinander. Böse Worte und Schuldzuweisungen fliegen quer über den Kontinent. Griechen und Spanier fühlen sich kolonisiert und die Deutschen empfinden sich als Zahlmeister für eine Kreditblase missbraucht, deren Vorteile anderswo konsumiert wurden.

Das Gelage hatte mit der Euroeinführung begonnen, bei der die Zinsen früherer Weichwährungsstaaten auf die Hälfte oder gar ein Drittel ihrer ursprünglichen Höhe absanken.

Manche wollen den Euro als Beispiel einer “Tragödie der Gemeinwirtschaft” sehen, wie das der deutsch-spanische Ökonom Philipp Bagus ausgeführt hat.Er meint damit, dass der Euro konzeptionell die Trittbrettfahrerei begünstigt.

Er kann auch als Prokrustesbett verstanden werden, mit dessen Hilfe EU-Zentralplaner unterschiedliche Mentalitäten und Volkswirtschaften auf ein Standard-Format vereinheitlichen wollen.

Es ist jedenfalls eine neue Form von Staatsplan, die da im entstehen ist. Gosplan hieß der auf fünf Jahre ausgelegte , alte sowjetische Variante. Stattdessen hat Europa seit 2010 ein Dutzend neuer Plan-Instrumente eingeführt. Sie reichen vom Fiskalpakt (Staatsbudget) bis hin zur sogenannten Makroökonomischen Überwachung (Außenwirtschaft).

Das System unterscheidet sich vom Vorbild aus dem 20. Jahrhundert, der Mechanismus ist aber der gleiche:  Das fehleranfällige, aber üblicherweise rationale Verhalten von Unternehmen und Haushalten wird von willkürlichen Entscheidungen von Bürokraten und Politikern überlagert -  oder sogar ersetzt.

Der wichtigste Stützpfeiler dieses Systems ist die EZB bzw. das Europäische Zentralbankensystem. Es ist die mächtigste Kreatur zwischen Spitzbergen und Athen – eine Institution, die zwar niemandem Rechenschaft schuldig ist, nach deren Pfeife aber getanzt wird. Kein Politiker und kein Politikmacher, aber auch keine Lobby hat Lust, die Politik dieser Struktur zu hinterfragen – eine Geheimpolitik, die weit über die traditionelle Domäne der Notenbanken, die Geldpolitik hinausgehen soll.

Unter den EU-Eliten erfreuen sich EZB und Zentralbankensystem ungebrochener Beliebtheit – zumindest solange als diese die Zinsen nahe Null halten. Das bedeutet gratis Geld für Neuschuldner – solange diese als kreditwürdig gelten. Der Rest soll sich zum Teufel scheren.

Kapitel 5 ist unter “Volltext” ab Freitagabend downloadbar

Foto: Pieter Bruegel, Kunsthistorisches Museum Wien, Wikimedia Commons

Unabhängiger Journalist

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