Während die Regierung May im Gleichklang mit der EU (Rat) eine langfristige Verzögerung des für den 29. März angesetzten Austritts des Königreichs aus der EU anstrebt, haben sich die Präferenzen der Unterhaus-Abgeordneten merklich zugunsten eines No Deal Brexit verschoben. Letzteres meinte der aus dem United Kingdom stammende Politologe John James am Donnerstag in Wien.
Der Vortragende sprach auf einer von bachheimer.com und dem Hayek-Institut organisierten Veranstaltung, siehe hier.
Als Beleg für einen laufenden Meinungsumschwung im House of Commons führte James die schon am Mittwoch abgehaltene Abstimmung über einen No Deal-Brexit an, die wesentlich knapper gegen einen “harten Brexit” ausgegangen ist als erwartet.
Zwar kam es zu einer absoluten Mehrheit gegen einen solchen harten Schnitt, 278 Abgeordnete haben allerdings gegen diesen Antrag votiert.
Am Tag davor hatte James gemeint, dass bereits gut 200 Gegenstimmen (ein Drittel der Abgeordneten”) ein Erfolg für die Brexiteers wären.
Der Beobachter geht davon aus, dass die überwiegende (nun wohl schrumpfende) Mehrheit im Unterhaus für ein Beibehalten EU-Mitgliedschaft ist, dass die Wählerbasis der Abgeordneten allerdings eine klare Präferenz für einen Austritt hat.
In weiteren Abstimmungen heute, Donnerstag, hat das House of Commons prinzipiell für eine Verschiebung des Austritts gestimmt, wobei die Regierung May dem Parlament nur dann eine kurze Verschiebung zubilligen will, wenn es auch für die Annahme des von ihr mit der EU verhandelten Ausstiegsvertrags stimmt.
Das fand die “Rückendeckung” von EU-Ratspräsident Donald Tusk, der sich für eine möglichst lange Verzögerung einsetzt – siehe z.B. hier.
Es stellt sich freilich die Frage, ob es im Ermessen der Regierung liegt, eine derartige “Präjudizierung” des Parlaments vorzunehmen.
Der britische Hohe Gerichtshof hat bereits einmal den Versuch der Regierung unterbunden, den Ausstieg aus der EU am Parlament “vorbeizuschwindeln”.
Der Vortrag von John James konzentrierte sich u.a. auf die unterschiedlichen, oft konträren politischen Kulturen und (verfassungs)rechtlichen Rahmenbedingungen von EU und UK.
Das oberste Entscheidungsgremium des United Kingdom war und ist demnach das Parlament – was sich deutlich vom politischen System der Europäischen Union unterscheidet.
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