Nachtrag zu deutschem Energie-Bluff betreffend Peak Oil

Kritikfähigkeit und Skepsis sind für sich selbst genommen noch keine Tugenden. Kleinkinder mögen die Warnung nicht auf die heiße Herdplatte zu greifen, durchaus skeptisch sehen. Sie ist dennoch gerechtfertigt. Man kann (und muss) auch die ursprüngliche Peak Oil-Theorie skeptisch sehen, vor allem deren Prognosen. Sie stimmt in der Hauptsache trotzdem.

Das soll heißen, dass das, was wir Öl nennen, eine begrenzte Ressource ist, deren Verfügbarkeit in jenem Zeitraum, den wir unter Gegenwart verstehen, zurückgehen wird.

Die kornukopischen Kritiker dieser Perspektive, die u.a. in Wirtschaftsredaktionen massiert auftreten, wenden ein, dass die menschliche Innovationskraft unendlich ist und der technische Fortschritt immer schon Schritt mit der Erschöpfung der Ressourcen gehalten hat.

In der Tat.

In der Tat  scheint die menschliche Innovationskraft unerschöpflich zu sein, z.B. beim Herstellen von Statistiken, die unliebsame Entwicklungen ausblenden – indem man beispielsweise die Kategorie “crude oil” durch “all liquids” ersetzt.

Das hat den schönen Effekt, dass nicht nur Biotreibstoffe, sondern auch sogenannte NGL aus der Gasproduktion als Öl gerechnet werden, dazu etwas ausführlicher z.B. hier.

NGL sind, zusammen mit unkonventionellem Erdöl (“shale”), ein substanzieller Teil der einschlägigen Post Peak Oil Story. Das ist auf konzentrierte Weise z.B. dieser Grafik im Blog von Gail Tverberg zu entnehmen.

Aber nicht nur die Fähigkeit zum Fälschen von Statistiken ist schier grenzenlos.

Auch die technischen Möglichkeiten zur Ausbeutung seit langem entdeckter Ressourcen schreiten ständig voran – da haben die cornucopians ohne Zweifel recht.

Indem beispielsweise die Flutung der Reservoire mit Salzwasser durch eine mit Kohlendioxid und die wiederum durch eine mit einer Polymerlösung ersetzt wird. Oder indem man beginnt, Öl unter Salzstöcken hervorzukitzeln.

Die Frage, die sich hier stellt, ist m.E. nicht etwa wie man auf die Idee verfallen kann, dass Erdöl eine begrenzte Ressource darstellt.

Die Frage ist eher, wie sich die geschilderten Praktiken mit fallenden und niedrigen Ölpreisen vertragen.

Das ist nicht einmal eine Fachfrage aus dem hoch spezialisierten Gebiet des petroleum engineering.

Das wäre eine Frage, die der durchschnittliche Wirtschaftsexperte aus einer durchschnittlichen Wirtschaftsredaktion beantworten können müsste   :mrgreen: .

Unabhängiger Journalist

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