In der Alpenrepublik werden der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 14 weitere Verdächtige angeklagt, weil es handfeste Indizien gibt, dass beim Verkauf von “staatlichen” Wohnungsgesellschaften 2003 etwa ein Prozent Provisionen geflossen sind. Großartig ! Korrupte Praktiken mit öffentlichem Gut sind kein Kavaliersdelikt und gehören penibel untersucht und streng geahndet. Was für Grasser & Co. gilt, gilt freilich auch für alle anderen politischen Funktionsträger – nicht nur bei Privatisierungen, sondern z.B. auch bei Vergaben an “Freunde und Weggefährten”.
Denn natürlich kann auch mit öffentlichen Aufträgen Geld in die Taschen von Freunderln fließen und der Schaden, der dabei angerichtet werden kann, liegt um ein Viefaches höher als in den Causen Buwog und Linzer Terminal Tower angefallen ist, möglicherweise.
Realistischerweise könnte sich der bei der Wohnungsprivatisierung entstandene Vermögensnachteil für den “Steuerzahler” auf etwa 10 Mio. Euro belaufen – siehe meinen früheren Eintrag dazu, bei dem wenig zu korrigieren und ergänzen ist.(die Klage ist erst jetzt rechtskräftig geworden, die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe).
10 Millionen sind für Privatleute eine Menge Geld – und die in einem anderen Zusammenhang aufgetauchte Spur lässt ahnen, wie sich so ein Sümmchen verteilt haben könnte.
Im Rahmen einer Milliarden-Transaktion sind 10 Millionen aber nicht besonders viel Geld, Entschuldigung.
Der Schaden, der dem Steuerzahler durch den möglichen Verrat des Konkurrenzangebots entstanden sein könnte, kann – realistisch betrachtet – auch nicht wesentlich höher gewesen sein.
Die damals privatisierten “gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften” wurden samt ihren Schulden abgegeben und der dabei erzielte – um das Fremdkapital bereinigte – Preis war im internationalen Vergleich marktüblich (und eher am oberen Ende der Bandbreite angesiedelt.)
Dass sich die Buwog in der Bilanz der alten Immofinanz wohltuend ausgewirkt hat, steht auf einem anderen Blatt. Dieses hat mehr mit Bilanzierungsrichtlinien für Immobilien als mit einem besonders günstigen Einkauf zu tun.
Das soll keine Relativierung sein, sondern nur der vorsorgliche Hinweis, dass der bei dieser Gelegenheit möglicherweise entstandene Schaden nicht exorbitant größer war als ggf. durch andere “Missbräuche” mit öffentlichem Geld hervorgerufen wird.
Prinzipiell tut die Schadenshöhe nicht besonders viel zur Sache.
Korruption in öffentlichen Ämtern ist – davon unabhängig – etwas Schlimmes.
Bleibt nur anzumerken, dass die jetzt Angeklagten zu zwei Dritteln dem Einflussbereich einer Parlamentspartei zuzuordnen sind, die je nach Betrachtungsweise
- heute nicht mehr existent bzw.
- in Opposition ist.
Etwa ein Drittel der Angeklagten kann einer heutigen Regierungspartei zugerechnet werden – aber die Betreffenden sind z.B. aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verfolgbar. Wieder andere haben inzwischen das Zeitliche gesegnet.
Die Lehre daraus ist, dass Korruptionisten in Regierungsämtern der Prozess gemacht werden kann, sobald der unsichtbare machtpolitische Bann gebrochen ist, mit dem sich die Verdächtigen vor Strafverfolgung schützen – sobald sie und ihre Schutzherren nämlich nicht mehr in Machtpositionen sitzen.
Dann können Strafverfolger und Gerichte einigermaßen frei agieren.
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