Vlad der Schreckliche und die Wiener Geschäftemacher

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Putin in Wien 2007: Erste Ansätze für Hitler-Bärtchen (bitte klicken)

Ober-Russe Putin hat am Dienstag eine sechsstündige Stippvisite in Wien absolviert und bei der Gelegenheit einen Kriegsgräberforscher geehrt…. äh…einen Vertrag über eine Pipeline mitgebracht, die nicht über das Territorium der Ukraine läuft. Die österreichische Regierung zeigte seltene Anzeichen von Zurechnungsfähigkeit.

Sie musste sich aber Mühe geben, diese zu verbergen, weil die anderen Insassen der Nervenheilanstalt EU vor Eifersucht ganz grün im Gesicht wurden und Wien ausrichten ließen, dass sich das nicht gehöre: ein Herrenbesuch, ganz ohne die Anwesenheit einer Anstandsdame.

Die Regierung tat, was ihr üblicherweise schwer fällt. Sie hielt die Klappe – wenn man von einem offenbar chronmisch gewordenen Sprechdurchfall absieht (“Brückenbauer”, “Dialogbereitschaft”). Es war – das muss man anerkennen – “ein Schritt in die richtige Richtung”.

Früher einmal wäre in jedem zweiten Satz auch was von Neutralität dahergelabert worden, aber das verkniffen sich die Herrschaften diesmal. Die Verwendung dieses Begriffs blieb FP-Strache vorbehalten. Hoffentlich glaubt der nicht wirklich, dass Österreich noch neutral ist.

Auch die Grünen sind früher einmal für die Neutralität eingetreten. Heute durften sie nach Herzenslust und ohne Vorbehalt “kritisch” sein, ohne irgendwas von Neutralität erwähnen zu müssen. “Bei Putin-Besuch sind Wirtschaftsbeziehungen wichtiger als Ukraine-Krise”, meinten sie.

Da könnten sie recht haben. Geschäfte wurden gemacht, nur nicht die der Grünen. Das Drumherum des Putin-Besuchs deutete in diese Richtung: sein Auftritt in der Wirtschaftskammer, das Agieren der OMV, die sichtlich bemüht war, den russischen Bären zu beschwichtigen und die diskrete Antichambrierei der Industrielobby, die die Machenschaften einer seltsamen Allianz durchkreuzen möchte, die darauf hinauslaufen, die russischen Gaslieferungen in den Westen zu unterbrechen.

Dieses Dramolett wird derzeit in ganz Europa aufgeführt – vor einem geschlossenem Publikum, versteht sich. Es ist ein Stück absurdesTheater mit vertauschten Rollen. Hätte man solches vor 20 Jahren vorhergesagt – man wäre für verrückt erklärt worden.

Die früheren Bösewichter, die Reaktionäre aus der Wirtschaft, spielen heute die Friedenstauben, weil sie meinen, ohne das Gas und die Rohstoffe aus Russland nicht leben zu können. Und die ehemaligen Ökopaxe machen auf Kriegstreiberei, weil sie den Amerikanern in den Arsch kriechen und den Österreichern den Verzicht auf russisches Gas vorschreiben wollen.

Um ausreichend kritisch sein zu können, griffen die Grünen nach allem, was sich irgendwie als politisches Wurfgeschoß verwenden ließ. Den Vogel schoss die Glawischnig ab, die sich nicht entblödete zu erklären: “Denn diese (Öl und Gas aus dem Ausland) bedeuten neben hohen Kosten auch eine Einschränkung der politischen Souveränität.”

Ha, der war gut ! Souveränität ! Die gleichen Grünen, die im österreichischen Parlament den – gescheiterten – Verfassungsvertrag, den Vertrag von Lissabon und die Eurorettungsschirme mitbeschlossen haben !

Kongenial war auch der ehemalige Rübenbauern-Lobbyist Hermann Schultes, ein Interessensvertreter aus echtem Schrot und Korn. Schultes ist seit vergangenem Februar Präsident der österreichischen Landwirtschaftskammer und vertritt als solcher die Interessen aller Bauern (= Biomasseerzeuger).

Schultes meinte: “Putin ist kein Symbol für sichere Energie (…) Gaslobby manövriert Österreich in sichere Abhängigkeiten hinein.”

Bei Schultes war wenigstens klar erkennbar, dass da jemand spricht, dessen Maul da ist, wo seine Brieftasche sitzt und der ein Konkurrenzprodukt zum russischen Gas verhökern muss. Jemand, der ein wirtschaftliches Interesse daran hat, dass die Southstream-Pipeline nicht zustandekommt. Da darf die Satzlogik schon einmal daherhinken wie der Glöckner von Notre Dame in seinen besten Jahren….

Ich weiß, das ist gar nicht nett gesprochen und ich gestehe, dass ich die erneuerbaren Energien ja auch geil finde (wer tut as nicht ?).

Mein Problemchen sind nur Tabellen wie die folgende aus dem Buch “Energy and the Wealth of Nations” von Charles A.S. Hall und Kent A. Klitgaard (Seite 313):

EROI-Tabelle_1

EROI-Tabelle_2Sie zeigen, dass Treibstoffe, die aus Biomasse gewonnen werden, kaum mehr Energie beinhalten als jene, die für ihre Produktion benötigt wird. In der Fachsprache: Der EROI der Biomasse liegt bei +/- 1 (es sei denn sie wird z.B. für Fernwärme verwendet.)

In den Anfängen wurde mit der Erdölgewinnung 100 Mal mehr Energie produziert als dafür aufgewendet wurde. Und bei Gas, das heute neu erschlossen wird, liegt der EROI noch bei wenigstens 1o. Vielleicht ist das russische Gas da doch noch etwas umweltfreundlicher.

Foto: Oliverdg, Wikimedia Commons

 

Unabhängiger Journalist

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