Der seit 25 Jahren laufende “Kyoto-Prozess” ist nur gescheitert, wenn man sein offizielles Ziel ernst nimmt. Hier ist festzustellen: Von 1990 bis 2015 hat der globale CO2-Ausstoß um 60% zugenommen. Hinsichtlich ihrer versteckten Zielsetzungen waren die Klimaverträge aber Erfolge – der Umindustrialisierung der Welt und der Neuverteilung verfügbarer Energieressourcen.
Zunächst zwei Tortengrafiken, die die Emissionen 1990 mit jenen ein Vierteljahrhundert später vergleichen. Die Daten stammen aus der Datenbank EDGAR, die den Ausstoß auf eine spezielle Art definiert (“Lulu” wird z.B. nicht erfasst).
Die Angaben sind daher nicht per se gültig bzw. ein allgemein akzeptierter Standard.
Sie sind aber “über die Zeitachse” vergleichbar (real noch nicht existierende Entitäten wie EU-28 wurden zurückgerechnet).
Zunächst die Verteilung der emittierten CO2-Äquivalente im Jahr 1990.
Damals sind aus den Ländern der G 7 plus Australien ziemlich genau die Hälfte der weltweiten Emissionen gekommen. Die Volksrepublik China und Russland (damals noch im Rahmen der Sowjetunion) haben jeweils etwa 10 Prozent der Emissionen verursacht. Auf die restlichen rund 170 Nationen haben sich weniger als 30 Prozent verteilt.
Ein Vierteljahrhundert später hat sich das Bild drastisch verändert. China stellt fast 30 Prozent des CO2-Ausstoßes, die traditionelle “industrialisierte Welt” (exklusive Russlands) gibt etwa ebenso viel ab, und die etwa 170 “Habenichtse” haben ihren Anteil am Emissionskuchen um sechs Prozentpunkte vergrößert.
Dass so etwas mit einer Emissionssteigerung von “nur” 60 Prozent abgegangen ist, ist dem verminderten Ausstoß der “industrialisierten Welt” zu danken, speziell in Europa.
Hier eine kleine Tabelle, die zeigt, dass mehr als 60 Prozent des Emissionszuwachses aus China stammen (der Rest kommt aus der sogenannten Dritten Welt in ihrer Gesamtheit).
1990 (Gt) | 2015 (Gt) | δ in Gt | |
EU-28 | 4,4 | 3,5 | - 0,9 |
USA | 5,0 | 5,2 | + 0,2 |
JKA*) | 1,9 | 2,3 | + 0,4 |
RoW | 6,7 | 12,9 | + 6,2 |
China | 2,3 | 10,6 | + 8,3 |
Russland | 2,4 | 1,8 | - 0,6 |
Welt | 22,7 | 36,2 | + 13,5 |
*) JKA = Japan, Kanada, Australien. Eine Gigatonne sind 1.000 Millionen, also eine Milliarde Tonnen.
Nimmt man die (in Äquivalente umgerechneten) Emissionen als proxy für den Einsatz von “auf dem Weltmarkt” verfügbaren fossilen Energieträgern, kann man den “Kyoto-Prozess” als eine Art gesteuerte Re-/Umindustrialisierung auf globaler Ebene verstehen (Ölanalyst Jeffrey J. Brown zeigt übrigens, wie ein immer größerer Anteil der schrumpfenden, dem “Markt” zur Verfügung stehenden Ölexporte nach China und Indien wandern).
Sonderfall USA
Nun lässt sich richtigerweise einwenden, dass die USA ja gar nicht am Kyoto-Prozess teilgenommen hätten.
Die USA sind aber ein Annex 1-Land, dessen “Emissionspfad” größeren Annex 1-Vertragsstaaten stärker ähnelt als jenen der Entwicklungsländer.
Die Hauptgründe für die relativ gute Performance der USA sind die Krise 2008/09 sowie das “umweltschädliche” gefrackte Schiefergas, das bei der Stromerzeugung die “schmutzigere Kohle” zunehmend ersetzt (das Gleichbleiben der Emissionen ist jedenfalls nicht/kaum auf Präsident Obama zurückzuführen).
Der Hauptbeitrag der USA zur Industrialierung Chinas dürfte aus dem finanz-industriellen-Komplex rund um die Fed stammen, der für den “zu hohen Yuan” wenigstens miterantwortlich zeichnet – wenn dieser nicht der Verursacher selbst ist.
Die (auch) aus dieser Währungsmanipulation stammende Deindustrialisierung der USA war bis dato letztlich gravierender als die sogenannte Klimaschutzpolitik des Emissionsmusterschülers Europäische Union.
Die fanatisierten (und/oder tödlich erschreckten) politischen Eliten des alten Kontinents setzen freilich nach wie vor alles daran, ihrer (direkt oder indirekt emissionsabhängigen) Industrie den Garaus zu machen.
Damit sind nicht nur Stahl und Zement gemeint. Next in line sind die auf die Nachfrage nach PkW mit Verbrennungsmotoren angewiesenen Autohersteller und ihnen zuzuordnende Zulieferindustrien.
Für ein so “irrationales Verhalten” sind wohl nur drei Erklärungen möglich:
- Die gewählten Politicos bzw. die nicht-gewählten Entscheidungsträger sind bestochen und/oder werden erpresst.
- die Politiker sind, weil sie die Materie kognitiv nicht durchdrungen haben, Geiseln von Beamten, Beratern und Lobbyisten, die die Interessen Dritter vertreten, oder
- sie glauben, mit ihrer weltweit einzigartig dastehenden “Verzichtspolitik zu Lasten der eigenen Bürger” den alten Kontinent auf das Post-Kohlenstoff-Zeitalter vorbereiten zu können.
Bild: Presidencia de la República Mexicana via Wiki Commons [CC BY 2.0]
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