Der jährliche globale Vermögensreport der Allianz ist erschienen und die österreichische Presse interessieren daran zwei Dinge: Dass die Ösis im Schnitt höhere Finanzvermögen als die Deutschen haben und dass, zweitens, deren Verteilung immer ungleicher wird (wie eh schon immer). Dass Letzteres was mit unserer speziellen Form von kreditgetriebenem Finanzkapitalismus zu tun hat (der kein Kapitalismus im klassischen Sinn ist), raffen die Journos nicht. Und auch nicht, dass die 2014 um weltweit acht Prozent gewachsenen Anlagen großteils Scheinvermögen sind. Ein Kurzkommentar.
Die Hauptergebnisse des Allianz Global Wealth Report 2015 können in fast jeder Zeitung nachgelesen werden, am gescheitesten ist aber, die Studie selbst zu überfliegen. Sie findet sich hier. Es geht dabei nur um Haushalte und ausschließlich um Netto-Finanzvermögen, also Einlagen, Versicherungen und Pensionen (nur kapitalgedeckte?) sowie Wertpapiere minus Schulden. Das lässt schon einmal viel “außen vor”, beispielsweise den privaten Immobilienbesitz oder die Aktiva von Unternehmen.
Dass die privaten Netto-Finanzvermögen um 8,1 Prozent gestiegen sind, während z.B. die G-20-Länder um real 3,4 Prozent gewachsen sind (eine mit Sicherheit zu hohe Zahl), hätte einem zu denken geben und auf die Idee bringen können, dass der verzeichnete Vermögenszuwachs vielleicht nicht ganz “echt” war.
Man hätte sich im Sinne des gesunden Hausverstandes auch dem Gedanken hingeben können, dass diese Vermögen nur so gut wie die jeweiligen Gegenparteien (Banken, Versicherungen oder Staaten) – und dass sie daher “nicht in Stein gemeißelt” sind, wie eine beliebte Redewendung hierzulande lautet.
Aber nix da ! Das Zeug musste raus, und da konnte man – ich versteh es ja -, nicht lange herumphilosophieren. In solchen Situationen kommt es nur darauf an, die primären Bedürfnisse des Nachrichtenkonsumenten zu befriedigen: den Trieb nach Vergleich (“Ich bin reicher als Otto Piefke”) sowie das Primärbedürfnis nach Umverteilung (“Da müsste man ganz einfach eine weltweite Vermögenssteuer..”).
Es ist jedenfalls das klare Beispiel einer versäumten Chance auf die Gewinnung neuer Erkenntnisse, für Schreiber und Leser.
Zum Beispiel auf die Erleuchtung – eine vage Ahnung würde vorerst reichen -, dass der Großteil der Vermögenszuwächse – und ihre ungleiche Verteilung – auf die segensreiche Tätigkeit der internationalen Zentralbanken zurückzuführen ist..
Aber sowas trauen wir unserem Ewald N. natürlich nicht zu und deshalb ist so ein Gedanke prima facie nicht ernstzunehmen Und überhaupt: Was haben Notenbanken schon mit Aktienkursen und Bondwerten zu tun ! Absurd sowas ! Wie jedes Kind weiß, setzen die nur Eckzinsen fest und lassen Geldscheine drucken !
Man könnte die Allianz-Studie aber auch zum Anlass nehmen sich anzuschauen, welche europäischen Assets sich wie entwickelt haben und wie sich das mit anderen Weltgegenden vergleicht. Dann wäre man auf Sachen draufgekommen, die man als Wirtschaftsredakteur eigentlich sowieso weiß (wissen sollte).
Zum Beispiel, dass die Aktien in Europa bei weitem nicht so viel zum Wealth-Wachstum beigetragen haben wie in China oder den USA; dass Europas Haushalte aber – welche eigentlich? – massig an der Bond-Bubble verdient haben (woher ist die nur gekommen ?).
Oder dass die Europäer bevorzugt Kredite abzahlen und die Einlagen mit Ausnahme der Krisenländer trotzdem deutlich wachsen – obwohl es keine Zinsen für sie gibt. Vor lauter (berechtigter) Angst sparen und zahlen die Europäer ab und konsumieren weniger.
Das ist paradox. Das ist ganz und gar nicht im Sinne des Erfinders, um das einmal so auszudrücken.
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