Schreiberlinge großer US-Zeitungen haben über den als “MBS” bezeichneten saudischen Kronzprinzen publiziert und bedürfte es dessen noch, müsste man fest stellen: Das Sentiment gegenüber dem De facto-König hat sich deutlich verschlechtert. Die Begeisterung über den Frauen-Auto-fahren-lassenden Reformer wurde zu Skepsis ggü. einem Machthaber, der auch nicht imstande scheint, dem Land die Zitzen des Erdöls zu entziehen. Das schaffen die Politicos des Westens zwar auch nicht (weil’s nicht so einfach ist) – aber das ist ja “was ganz anderes”. Über zwei Bücher, die es schaffen, “Ghawar” kein einziges Mal zu erwähnen.
Weder den Autoren von “Blood and Oil”, noch jenem von “MBS” scheint wirklich klar zu sein, woher der sagenhafte Reichtum des Mohammed bin Salman kommt,
der die Geldigen & Schönen dieser Welt und jene, die sich dafür halten, noch 2017 nach Riad gelockt hat.
Das liegt vielleicht daran, dass unsere Journos die Renewable-Visionen teilen, die bei der Erfindung von NEOM & Co. Pate gestanden sind;
jene Fata Morganas, denen die immer verzweifelter werdenden Finanzierungsbemühungen des MBS gelten.
Wohl wahr, Öl & Gas sind endliche, in den kommenden Jahrzehnten zur Neige gehende Rohstoffe und die Sonnenstrahlen in der Wüste (per se) gab’s während der vergangenen Jahr-Milliarden gratis.
Das bedeutet freilich noch lange nicht, dass die grotesk gehypten Alternativen zu den fossilen Brennstoffen auch wirklich “funktionieren”.
Der Giga-Prinz aus der Wüste hat sich von Talmi-Glanz & unrealistischen Versprechungen blenden und einreden lassen,
er könne mit derlei Traumtänzereien das “Ruder des Staatsschiffs”ernsthaft herumreißen
Und wahrscheinlich sieht die geophysikalische Realität der unteriridischen Öl- und Gas-Lagerstätten wirklich gräulich & abscheulich aus.
Nur: Die natürliche Erschöpfung saudischer Super-Giants ist kein stichhaltiger Grund für Realitätsverweigerung.
Anderen in ähnlicher Lage geht es ähnlich und der rückläufige “Erntefaktor” (EROEI) mag ein Problem für die Produzenten sein,
er ist aber ein noch größeres für viele Diesel/Benzin-Konsumenten.
Die sitzen auf seit Generationen angehäuften Verbrennungsmotoren und werden gar nicht anders können als mehr und vor allem werthaltigeres Geld für das Schwarze Gold zu bieten;
wenigstens dann, wenn sie den katastrophalen Verfall ihrer Arbeitsproduktivität nicht mehr hin nehmen können.
Saudi-Arabiens Problem besteht letztlich “nur” darin, in der Zwischenzeit liquid zu bleiben.
Dollar-Gavotte in Riad
“Zukunftsmusik”, zugegeben.
Bis heute ist der Dollar das “Maß aller Dinge”
- und das Getänzel um Einnahmen in der US-Währung ist bis heute der unverzichtbare Hintergrund der Ereignisse, die Hubbard, Hope und Scheck schildern.
Dazu gehört das amüsante, wechselvolle Schicksal der Investmentkonferenzen im Ritz-Carlton in Riad.
Im September 2017 versammelte sich in diesem Luxus-Hotel ein Milliarden schwerer Jet Set zu einer Party, während der der Kronprinz die 500 Milliarden Dollar teure Errichtung einer futuristischen Stadt am Roten Meer ankündigte,
Neom, das nicht weniger sein sollte als eine “Roadmap zur Zukunft unserer Zivilisation
(alles im Beisein eines Roboters mit weiblichen Rundungen, dem später die saudische Staatsbürgerschaft verliehen wurde).
Natürlich ging’s auch um Eitelkeit & Selbstdarstellung,
vor allem aber um das Hofieren potenzieller Investoren, denn 500 Milliarden hat nicht einmal ein Superreicher in der Kasse herum liegen
(wie unsere Autoren berichten, war das Verständnis dafür enden wollend und wenigstens ein Gast nutzte die Gelegenheit zum Gegen-Anpumpen, freilich auf höchstem Niveau, nach dem Motto:”Haste mal schnell ein paar Hundert Millionen Dollar – ich mach ‘nen neuen Fonds auf?”).
Naja, zwei Wochen später “lud” der Regent ein par Hundert Verwandte ins dasselbe Ritz-Carlton, das Helfer zuvor in ein Fünf-Sterne-Gefängnis verwandelt hatten
- im Regelfall Milliardäre und korrupt (was auch die Rechtfertigung für den crackdown lieferte).
Mit der Aktion, die Witzbbolde “Sheikdown” tauften, konnte ein unbekannter Milliardenbetrag lukriert werden, der – für sich genommen – freilich immer noch viel zu gering war.
Doch immerhin wurde der Tausende Köpfe zählenden königlichen Familie vor Augen geführt, wer jetzt der neue Herr im Haus war.
Der Vorgang machte im Westen keine allzu gute Presse – das war aber noch gar nichts gegen die Ermordung und Zerstückelung eines dissidenten Journalisten im saudischen Konsulat in Istanbul elf Monate später.
Saudi Aramco-IPO
Das machte wirklich schlechte Presse und war für die unmittelbar danach abgehaltene nächste Investmentkonferenz in Riad pures Gift.
Auch in den Börseplänen der Saudi Aramco war der Wurm drinnen und das Listing eines Mini-Anteils von Saudi-Aramco fand nicht in NYC oder London statt, sondern an der Tadawul in Riad.
Das erbrachte “nur”24 Mrd Dollar (aber eigentlich soll es ja primär ja ohnedies um die Bewertung von Saudi-Aramco als Sicherheit für Kredit egehen; ob dieser “Börsegang” dafür taugt, sei dahin gestellt ).
Bradley Hope, Justin Scheck, Blood and Oil.2020
Ben Hubbard,MBS.The Rise to Power of Mohammed bin Salman.2020
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