Gold: Disinfla- oder Manipula-tion ?

Das Goldvertrauen hat Ronni Stöferle, den jugendlichen und doch schon legendären Analysten aus vergangenen Bullenjahren nicht verlassen. Vergangene Woche legten er und sein Geschäftspartrner Mark Valek den mittlerweile 9. Goldreport vor. Das Edelmetall, das im vergangenen Jahr von nirgendwo nach nirgendwo gegangen ist, wartet nach Meinung der beiden Autoren nur auf Inflations- (Stagflations)Signale, um seinen bis 2011 gewohnten Steigflug wieder aufzunehmen.

Den Hauptgrund für das nun schon seit fast drei Jahren andauernde Auf-der-Stelle-Treten des Edelmetalls sehen Stöferle und Valek in der Disinflation.

Darunter wird ein Zurückgehen der “Inflation”, also ein weniger stark steigender Konsumentenpreisindex verstanden, was historisch ein schlechtes Umfeld für den Goldpreis sein soll.

Die Symptome dieser Krankheit sind vor allem beim Öl, den Metallen und den agrarischen commodities zu erkennen und bei Ersterem hat es im Herbst vergangenen Jahres gar ein disinflationäres Erdbeben gegeben.

Stöferle und Valek gehen davon aus, dass die Preisbildung auch bei Öl durchgehend über das Kräftespiel von Angebot und Nachfrage erfolgt und dass das Schwarze Gold ebensowenig (geld-/macht)politischer Steuerung gehorcht wie das gelbe. Jedenfalls nicht auf längere Zeit (wie lange ist lange?).

Eine Gedankenfigur der beiden Fondsmanager, die der Österreichischen Schule der Nationalökoonomie – und deren Inflationsbegriff – verpflichtet sind, ist die monetäre Tektonik. Damit wird das “Kräftemessen”zwischen Deflation/sinkender Geldmenge und Inflation/steigender Geldmenge verstanden. Wie im Jahr davor hatten auch 2014 “die disinflationären Kräfte (…) wieder die Oberhand”.

Am geistigen Auge des Lesers zieht alsbald ein buntes Grüppchen von symbolischen Jammergestalten vorbei, der vom Fleisch gefallene schlechte Geschäftsgang & die hohlwangige Investitionszurückhaltung, die bulimische Arbeitslosigkeit & die fahlen Rohstoffpreise (unter ihnen das verkleidete Geldmetall Gold).

Aber dann kommen andere Grüppchen, die in demselben zweifelhaften Umfeld blühen und gedeihen: pausbäckige Aktien und feiste Anleihen, aus allen Nähten platzende Immobilien und übergewichtige Kunstwerke – um Steuern & Versicherungsprämien nicht zu vergessen. ;-)

Solange mir Stöferle & Valek nicht plausibel erklären können, auf welche Weise das Zentralbankgeld die eine Assetklasse ins Töpfchen wirft und die andere ins Kröpfchen stopft, werde ich bei meinem angestammten Verschwörungs-Aberglauben bleiben; dem Glauben, dass die Zentralbanken viele Wege gefunden haben, die (für sie) “guten Blasen” aufzupumpen und “böse Blasen” am Entstehen zu hindern (manche Praxis wird mittlerweile offen zugegeben – wie beispielsweise der Kauf von Aktien durch Zentralbanken – sie dürfen es und tun es.)

Jaja, ich weiß: eine derartig umfassende Manipulation der Märkte wird oft als unmöglich bezeichnet, weil sie noch keiner adäquat erklärt hat (so unmöglich wie sich schwere Körper in der Luft halten können, wie man im 19. Jahrhunert glaubte)..

Bis man in dieser Sache klarer sieht, halte ich mich jedenfalls an prominentere Verschwörungstheoretiker als ich einer bin, beispielsweise an Kevin Warsh, der nach seinem Abgang als Fed-Gouverneur geschrieben hat, dass policy makers (= Zentralbanker) auf der ganzen Welt “Marktpreise verzerren, die sie nicht mögen” und dass sie damit ” informierte (wirtschaftliche) Entscheidungen verhindern.”  Warsh meinte damals primär die EZB und ihren Feldzug zugunsten der europäischen Staatsanleihen – aber eben nicht nur die.

Der Goldreport von Incrementum, der neuen Firma von Stöferle & Valek, findet sich hier zum freien Download.

Unabhängiger Journalist

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