Es ist schwierig, 13 Jahre danach über 9/11 zu schreiben. Alles scheint gesagt, und doch steckt das Geschehen voller Rätsel. Es ist eine große Lüge, die immer, Jahr für Jahr, nur noch offenkundiger zu werden scheint. Dennoch blicken die Offiziellen weder nach links noch nach rechts. Sie tun, als glaubten sie an die Story von den Teppichmesser-Terroristen, die es schafften, eine allmächtige Sicherheitsmaschine aufs Kreuz zu legen und so nebenher noch ein paar Naturgesetze umzustoßen. Helau!
Die einfachen Westler, jene ohne die guten Jobs, müssen es zwar nicht glauben, sie halten an der Lebenslüge ihres Systems dennoch fest. Sie pflegen die Selbsttäuschung, dass sie einer noch relativ gutartigen Struktur unterworfen seien, einer, in der selbstkorrigierende Mechanismen eingebaut sind, die die schlimmsten Fehlentwicklungen automatisch verhindern können.
Doch wenn der 11. September 2001 etwas gezeigt hat, dann, dass die Geschichte mit den “checks & balances” nur Wunschdenken ist. 9/11 hat auch gezeigt, dass es vielen sehr wohl möglich ist, neben und mit einer offen daliegenden Lüge zu leben, auch auf lange Zeit.
Es war uns möglich, 13 Jahre neben der Leiche der 96-jährigen Tante zu leben ohne dass z.B. ein Politiker aufgestanden wäre und mit dem Finger auf den Skandal gezeigt hätte – vielleicht mit Ausnahme eines 80-jährigen Italieners, der zu alt war, um noch etwas zu werden und auch, um sich noch zu fürchten.
Analoges lässt sich auch für die sogenannte Vierte Gewalt feststellen, wo im Lauf der Jahre gar nicht so wenige vom richtigen Glauben abgefallen sind – die es aber geschafft hat, ihre Apostaten geräuschlos zu entfernen.
Ultimative Ironie entstand in jenen Fällen, in denen Personen, die überreich mit Systemwissen und kritischem Potenzial ausgestattet waren, als irgendwie abergläubisch oder übergeschnappt weggesäubert wurden; oft von Leuten, die über eine aus Presseaussendungen entstandene politische Wahrnehmung verfügen, in deren Händen aber die Macht liegt, (angeblich) Richtiges von (angeblich) Falschem zu unterscheiden.
Die Grundsituation erinnert nicht zufällig an die Art, wie das Heilige Offizium den richtigen Glauben vom falschen trennte, auf Basis von standardisierten Verfahren, von “due proces” sozusagen.
Diese Verfahren waren bei Gott nicht willkürlich. Sie waren nicht weniger “rational” als unsere heutigen und wie diese setzten sie Recht und “stellten Wirklichkeit her”.
Die heutigen Ketzer müssen nur mehr selten mit der Todesstrafe rechnen. Wenigstens nicht im Westen, und das ist ein echter zivilisatorischer Fortschritt. Diese Milde scheint freilich nicht für jene zu gelten, “die es übertrieben haben”; die Geheimnisträger waren/sind bzw. die sich eine (echte oder eingebildete) Illoyalität zuschulden kommen ließen.
Für diese Leute, Westler und Nicht-Westler, gibt es keinen “due proces”, weil es auch kein “due indictment” gibt, geben kann. Sie werden von den Killern unserer Wertegemeinschaft eliminiert. Üblicherweise kräht dann kein Hahn mehr nach ihnen. In Lateinamerika wird so etwas als “ejecución extrajudicial” bezeichnet.
Das gibt es natürlich auch im politischen Osten und dieser bekommt von der ehrenwerten “internationalen Gemeinschaft” sein Fett dafür ab. Sicher zu Recht. Manchmal kommt einem nur vor, dass die Mordbuben dort ein höheres persönliches Risiko eingehen als im Westen.
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Was bleibt, um “on topic” zu bleiben und doch mit einer versöhnlichen Note zu schließen?
Die zivilisierte Welt hat lange Zeit neben und von ihrer toten Tante gelebt und dabei so getan, als würde sie nichts bemerken. Das heißt jedoch nicht, dass sie diese Situation weitere 13 Jahre aushalten kann. Der Körper strömt gegen alle biologischen Regeln einen immer penetranteren Verwesungsgeruch aus.
Der Gestank wird inzwischen immerhin von einer aktiven Minderheit erkannt. Diese mag zu Paranoia neigen, sie ist den harten Fakten letztlich aber stärker verpflichtet als jene, die glauben, die Rente der toten Tante weitere 13 Jahre kassieren können.
Das ist ein unschätzbarer Fortschritt gegenüber 2001, als der Begriff “unter falscher Flagge” noch ohne Ausnahme dem internationalen Seerecht zugeordnet wurde.
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