“In den letzten Tagen ist die gemeinsame Geheimstrategie hinter dem Verhalten der Herrn Karas, Mitterlehner und Brandstetter unverkennbar geworden. Sie alle richten den eindringlichen, wenn auch indirekten Appell an die bisherigen ÖVP-Wähler: Bitte nicht mehr diese Partei zu wählen! Wir machen sie bewusst für alle ÖVP-Wähler unwählbar.”

Das schreibt Andreas Unterberger in seinem Tagebuch, ein Mann, den man kaum als Newcomer oder sonstwie ephemäre Erscheinung in der Welt der bürgerlichen Politik abtun kann.

Unterberger war u.a. Chefredakteur der Presse und bekleidete das gleiche Amt bei der staatlichen Wiener Zeitung, zu einer Zeit, als die ÖVP unter Wolfgang Schüssel mit Blau bzw. Orange koalierte.

Obwohl sich Unterberger nie zu schade war, kritisch-solidarisch an der ÖVP herumzumäkeln, hat dieser sein Eintrag eine neue Qualität. Es ist so etwas wie ein ziemlich endgültig wirkender Abschied aus einem Haus, das sechs Jahrzehnte lang ein Elternhaus war.

Unterberger macht diesen Abschied an den Figuren dreier Politiker fest, an Othmar Karas, den (wie ich sage) bösen europapolitischen Geist der ÖVP, an Parteichef Reinhold Mitterlehner mit dessen “ursozialistischer” Wirtschaftspolitik sowie an Justizminister Wolfgang Brandstetter, den neuen Metternich im Justizministerium.

Mir fehlt die emotionale Schiene zu dieser Partei, aber Abschiede dieser Art stimmen auch mich ein wenig traurig.

Prosaisch-nüchtern ist aus dieser meiner Warte nur zu sagen: Diese Partei braucht (bundespolitisch) wirklich niemand.

Wer eine bessere Identitäts- oder eine robustere Sicherheitspolitik will, soll die FPÖ wählen, mehr Wirtschaftsliberalismus würden die NEOS und “grünere Politik” Glawischnig & Co.bieten (obwohl bei beiden einiges dazu/dagegen einzuwenden wäre).

Und wer mehr christlich möchte, der wird über kurz oder lang eine verfestigtere und größere christliche Partei zurAuswahl haben.

Wer die alte ÖVP wieder haben will, wird diese neu gründen müssen.