Roger Eatwell und Matthew Goodwin, ein Historiker und ein Politologe, haben mit National Populism. The Revolt against Liberal Democracy Nationalpopulismen thematisiert, von Donald Trump bis Viktor Orban und Nigel Farage bis Matteo Salvini. Es mag in manchen Details anfechtbar sein, im Großen und Ganzen aber ist es sachlich-nüchtern und argumentativ stringent. Die Hilfs-Ajatollahs der Political Correctness schreien buh, weil nur selten mit Kategorien wie rassistisch & faschistisch herumgefuchtelt wird.
Eatwell und Goodwin charakterisieren das Phänomen, das sich schon lange vor Brexit und Trump bemerkbar gemacht hat, anhand von “vier Ds“, als da sind:
- Distrust (Misstrauen gegen traditionelle Eliten).
- Destruction (Zerstörung traditioneller Gemeinschaften v.a. der Nation),
- relativer Deprivation (Auslieferung an einen räuberischen bzw. als räuberisch empfundenen Weltmarkt, verbunden mit der realen Bevorzugung “anderer, politisch sympathischerer, scheinbar zukunftstauglicherer Minoritäten” - Immigranten, Schwule, etc.) und
- De-Alignment (Abkehr von den traditionellen Massen-/Volksparteien).
Das ist zuviel des Guten – äh: der rationalen zeithistorischen Analyse.
Das reicht um Eatwin & Goodwell der Kollaboration mit, wenigstens aber der Sympathien für den Feind zu überführen, speziell der
unstinting (…) generosity to rightwing populist leaders (and) unfailing(ly) compassion(ate) to their supporters”.
Wer Studien in intellektueller Stutenbissigkeit betreiben möchte, kann seine Expedition jedenfalls an diesem Startpunkt beginnen.
Natürlich stellt sich immer die Frage, wo ein Thema beginnt, wie es abgegrenzt wird und wo es endet und das heißt oft: wie es “geframt” wird.
Man könnte beispielsweise über Populismus schreiben und bei dessen ursprünglichen Namensgebern in den USA beginnen, den Silber-Fans mit ländlichem Hintergrund, die gegen dem Gold verpflichtete städtische Plutokraten mobil machten;
über lateinamerikanischen populismo und caudillismo erzählen, nach dem Muster des Juan Perón – auch über die “progressive” Variante, die oft mit dem Namen des seligen Oberst Chavez verbunden wird.
Man könnte über den realen “jung-grünen, internationalistischen Linkspopulismus” schreiben wie Paolo Gerbaudo in The Mask and the Flag oder über Chantal Mouffes Aufforderung zum Gegen-Populismus.
Man könnte über Podemos reden oder den Populismus der traditionellen griechischen Zentrumsparteien wie Takis Pappas (siehe auch hier).
Aber natürlich kann und soll man auch über den rechten Nationalpopulismus schreiben.
Aber man soll nicht so tun, als wäre dies der einzige Populismus, den es auf der Welt gibt oder als wäre dieser primär ein Produkt mangelnder Aufklärung, was üblicherweise heißt: der Weigerung dem linksliberalen Zeitgeist zu folgen, der oft ein verbrämt sozialistischer ist.
Es gibt aber nicht nur “nationalistische Rechts-Popos”.
Würde dieser Blogger ein Buch über Populismus schreiben, würde er re Nationalpopulismus überhaupt nur auf die seiner Meinung nach fünf besten Bücher dazu verweisen und sich ansonsten über ganz andere Themen verbreiten, beispielsweise:
- Populismus und die Geld- und Zinspolitik der Zentralbanken,
- Populismus und die Tragfähigkeit geschlossener (neu entgrenzter) Solidarsysteme oder über
- Demokratischen Populismus und Zensur & Kriminalisierung.
Roger Eatwell, Matthew Goodwin, National Populism: The Revolt Against Liberal Democracy. 2018
Auch interessant:
Justin Gest, The New Minority. White Working Class Politics in an Age of Immigration and Inequality. 2016 sowie
Christophe Guilluy, La France périphérique: Comment on a sacrifié les classes populaires. 2017
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