Der jüngste Incrementum-Goldreport bringt ein langes Gespräch mit FOFOA, einem nur unter Pseudonym auftretenden Verfechter der sogenannten Freegold-Theorie. Das ist die Perspektive spezieller “physical gold advocates”, die in mancher Hinsicht das genaue Gegenteil dessen darstellen, was üblicherweise unter Goldbugs verstanden wird. Freegolder sind vehement gegen den Goldstandard und finden fiat money cool – solange die Möglichkeit besteht, in physischem Gold zu “sparen”. FOFOA rechnet mit der bevorstehenden Verfünfzigfachung des Unzenpreis auf einen Schlag (“revaluation”).
Das Interview wird im Gold-Report selbst nur gekürzt gebracht, ist im ganzen Wortlaut aber als ausgekoppeltes PDF herunterzuladen. Es findet sich bei Incrementum und hier auf FOFOAs (öffentlichem) Blog.
Geführt hat es Niko Jilch, ein Redakteur der österreichischen Tageszeitung “Die Presse”.
Der Text liegt nur auf englisch vor, kann aber als simpler Einstieg in einen ganzen Korpus gelesen werden, der sich seit wenigstens zehn Jahren lianenartig verzweigt – zunächst in einem öffentlich zugänglichen Blog und seit fünf Jahren vor allem im kostenpflichtigen Speakeasy FOFOAs.
FOFOA bezieht sich auf die Postings zweier ebenfalls anonymer Blogger, die von 1996 bis 2001, am Beginn des Internetzeitalters, in einschlägigen Foren geschrieben haben – und von denen wenigstens der ältere, “Another”, EZB-nahe war und zu den Architekten des Euro gezählt haben dürfte.
Der andere, FOA (“Friend of Another”) war Übersetzer des “Anderen” (aus dem Französischen), sowie dessen Helfer und kongenialer Interpret.
FOFOA, der “Freund des Freundes von Another” legt seit etwa zehn Jahren die Postings der beiden Original-Freegolder aus und erweitert und systematisiert sie dabei – was mit beachtlichem finanztechnischen Wissen und ebensolcher Beharrlichkeit geschieht.
Freegold statt $IMFS
Ein Leitmotiv von Freegold der Marke FOFOA ist die Trennung der drei klassischen Funktionen des Gelds (Tauschmittel, Medium zur Aufbewahrung von Wert und Recheneinheit).
Als store of value soll künftig primär physisches Gold fungieren – die anderen Funktionen bleiben den national gemanagten Währungen vorbehalten (wobei der Euro als über-nationale Währung eine herausgehobene Rolle spielt).
Das andere wichtige Leitmotiv ist der unabwendbare Niedergang des heutigen internationalen Währungssystems, des” $IMFS”, wie der Blogger das bezeichnet (“dollar international monetary and financial system”).
Heute geht es aber weder um das historische System von Bretton Woods, noch um jenes von 1971, nachdem US-Präsident Nixon die Konversion von Dollars in physisches Gold beendet hatte.
Es ist das System eines (zunächst) “nur mit Erdöl gedeckten” US-Dollars, in das sich 1976, in den Jamaica Accords, die anderen Währungen integrierten, in ein System flexibler Wechselkurse gegeneinander, aber auch gegen “Gold”.
Der Dollar floatet auch, verschafft den Staaten aber das “exorbitante Privileg” der internationalen Reservewährung, in der die anderen “sparen” bzw. ihre Reserven akkumulieren (was auch bedeutet, dass sie Dollarkredite aufnehmen und dass die Fed mit ihrer auf eine Nation ausgerichteten Geld- und Zinspolitik regelmäßig extistenzielle Krisen anderswo verursacht).
Dieses System soll in absehbarer Zeit scheitern – sobald es nämlich keine Kapitalzuflüsse in die USA mehr gibt.
Die EU hat schon vor langem damit begonnen, nämlich vor 20 Jahren mit der Schaffung des Euro (tatsächlich gibt es in der EZB-Bilanz nur mehr wenige in Dollar denominierte Aktiva).
Ab 2013, sagt FOFOA, hätten auch die restlichen Notenbanken keine Dollar mehr gekauft, sodass heute nur mehr die privaten Zuflüsse den Wert der US-Währung stützten.
Aber auch das werde mit dem Crash der “US-Vermögensblasen von Aktien bis Immos” zu Ende gehen.
Nach dem Krach würden die Zuflüsse ausbleiben, was indirekt eine Hyperinflation auslösen werde (und auch die anderen Währungen würden, sofern die Zentralbanken Dollar-Anlagen hätten, hyperinflationieren).
Das Nachfolgesystem werde, was die staatlichen Reserven betrifft, auf Gold beruhen – Gold, das (heute) niemandes Währung sei und über das das sogenannte Triffin-Dilemma gelöst werden könne.
Sparen statt spekulieren
Wie die Staaten würden künftig aber auch Private in Gold sparen – jenes “dumb money”, das mit Finanzrepression und Asset Inflation in die “Haifischbecken der Wall Street” gelockt worden (und das dort umgekommen) sei.
Aurum selbst, meint FOFOA wird im $IMFS nicht “manipuliert” – nicht im Sinn eines micro management und schon gar nicht dahingehend, dass Finanzdienstleister oder Zentralbanken chronisch gesetzeswidrig agierten.
Aber der im 20. Jahrhundert entstehende Papiergoldmarkt habe ein “Phantomangebot” entstehen lassen, das sozusagen systemisch auf den Preis des heutigen Golds drücke, des “Finanzgolds” (eigener Ausdruck).
Ein physischer Markt, verbunden mit dem zusätzlichen Treibsatz der Umstellung des Finanzsystems soll den Preis der Feinunze in lichte Höhen katapultieren – ohne dass die Fiat-Währung gegenüber den Gütern des täglichen Bedarfs inflationieren würde (sodass das Verhältnis von Öl zu Gold von derzeit 18 auf über 500 ansteigen werde).
Diese Neubewertung soll aber nicht sukzessive, im Rahmen eines Bullenmarkts erfolgen, sondern mehr oder minder auf einmal.
Physisches Gold werde mit der Revaluation zum “Master Proxy für echtes Vermögen” (der Goldpreis würde freilich so hoch sein, dass sich unter Freegold erworbene Lebensersparnisse im Gramm- und höchstens Unzenbereich bewegen würden).
Und wann soll das alles stattfinden?
I think we’re close. I think we’re almost there. Like I said, I think a good stock market crash like 2008 will do it.”
***
Viel ist zugunsten der Praktikablilität und schlichten Einfachheit des Freegold-Systems anzuführen – psychologisch, aber auch innen- und außenpolitisch scheint es dem Goldstandard deutlich überlegen zu sein.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob es sich dabei
- tatsächlich um eine sozusagen überhistorisch “sachlich optimale Lösung handelt” und ob sich die Voraussetzungen nicht völlig verändert haben, von denen Another und FOA zur Zeit der Entstehung des Euro ausgehen konnten.
- Auch die energieökomomischen Gegebenheiten sind in den vergangenen 20 Jahren ganz andere geworden. Um 2000 war Ghawar noch nicht 70 Jahre alt und die konventionelle Förderung eilte von Rekord zu Rekord – ganz ohne Statistiklügen und teures unkonventionelles Öl.
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