Corona: Warum man sich auf ein “Globales Weimar 2020″ einstellen

GER-135-Reichsbanknote-2_Trillion_Mark_(1923)und jede Menge phys. Gold & Silber kaufen sollte, wenn man – anders als dieser Blogger – Mittel und Gelegenheit dafür hat. Weil es eine Reihe von Parallelen zwischen der heutigen (Post)Corona-Welt und Cuno-Deutschland gibt. Klar, auch Unsicherheiten & Unterschiede, die aber nicht unbedingt gegen die Hyperinflations-These sprechen. Und natürlich kann sich dieser Blogger, der kein Vermögensberater ist, irren. Caveat Emptor! NB: Auch die “Lineardenker” seien gewarnt.

Über das Was & Warum der deutschen Hyperinflation 1923 sind mehrere Stellmeter geschrieben worden und Generationen von Wirtschaftshistorikern haben darüber diskutiert.

Dieser Blogger behauptet weder der historischen Weisheit letzten Schluss zu kennen, noch will er sich zwischen Quantitäts-Theoretikern und Zahlungsbilanz-Erklärern entscheiden müssen (und Post-Keynesianisten sind auch nix für ihn).

Er nimmt die Rolle eines mit einem breiten Pinsel malenden Beobachters ein, der sich bewusst ist, dass er menschliches Verhalten letztlich nicht vorhersagen kann und der daher keine absoluten Zukunftsgewissheiten anzubieten hat.

Aber er kann “objektive Umstände”, sg. Sachzwänge und “historisches Verhalten” von Akteuren analysieren und versuchen, diese auf eine künftige Situation & andere Akteure zu projizieren

Kriegs- und Nachkriegsinflation

Beginnen tut die Geschichte der Papier-( = Inflations-)Mark so richtig erst mit Kriegsbeginn 1914, als auch hoch offiziell die Einlösbarkeit von Papiergeld in Gold abgeschafft wurde.

Anders hätte der Kaiser so einen riesigen Krieg auch nicht finanzieren können. “Druckerpresse”  (und Anleihen siegessicherer Patrioten) waren die einzigen Optionen.

Die Steuer-Schraube wäre für die Kriegsmoral nicht so gut gewesen und außerdem war das Zweite Reich diesbezüglich etwas “hinterwäldlerisch”.

Bis dahin kannten speziell die Norddeutschen den Begriff Inflation gar nicht (Borchardt, p. 133), aber den lernten sie im Krieg und in den ersten Nachkriegsjahren schnell kennen.

Zur Bebilderung:Während vor Kriegsbeginn das Austauschverhältnis zwischen Goldmark und US-Dollar 1:1 betrug, lag jenes von Papiermark zu Dollar 1921 bei 56:1, siehe z.B. hier.

Das war die Folge der “Kriegsfinanzierung über die Druckerpresse”, aber auch der Defizitpolitik der ersten Regierungen der Weimarer Republik.

Die deutschen Verbraucherpreise stiegen weniger stark, aber doch ziemlich -  und das war “ein großes Problem für kleine Rentiers”,  die den Lebensunterhalt aus ihrem fix verzinsten Finanzvermögen bestreiten mussten.

Die “echten Kapitalisten”, aber auch jene Lohnbezieher, die in starken Gewerkschaften organisiert waren, fuhren dagegen ganz gut damit.  Sie konnten die nominell gestiegenen Kosten überwälzen – auf die Kunden oder die Arbeitgeber.

Aus Sicht des Zahlers war das sogar super-günstig, weil Steuerschulden, wenn sie fällig waren, mit entwerteten Währungseinheiten gezahlt werden konnten (für den Staat war das dagegen ein schlechtes Geschäft).

1923: Industrieproduktion bricht ein

In den ersten Nachkriegsjahren “brummte daher die Wirtschaft” regelrecht, die Arbeitslosigkeit war niedrig, die Exporte liefen wie geschmiert (auch wg. der ständig schwächer werdenden Währung) und die industrielle Produktion erreichte 1922 wieder 86 Prozent des Vorkriegsniveaus (ggü. gut 40% 1919)

Hier ein selbst gebautes Balkendiagramm des deutschen Industrie-Outputs, das auf Index-Zahlen aus Graham, Exchange, Prices & Production, p. 287 beruht.

Dt. Industrieproduktion_masterGKurz: die Industrieproduktion (deren Index 1923 übrigens extrem schwierig zu errechnen war) zeigt im “Hyperinflationsjahr” einen gewaltigen Einbruch.

Die Geldentwertung der unmittelbaren Nachkriegsjahre schadete der Industrieproduktion also nicht nur nicht, sondern war ihr womöglich sogar förderlich. Die Hyperinflation dagegen stand auf einem ganz anderen Blatt.

Was war damals geschehen, dass es zu einem solchen Einbruch kommen konnte?

Die Franzosen und Belgier waren im Jänner ’23 in’s Ruhrgebiet einmarschiert, das industrielle Herz Deutschlands, weil sie dachten sich auf diese Weise Reparationen holen zu können, die ihnen lt. Friedensdiktat von Versailles zustünden; Reparationen, deren Höhe zunächst noch offen geblieben war  (die Deutschen hatten 1919 “mit vorgehaltener Pistole” unterschreiben).

1921 “einigten sich die Sieger” auf eine hohe, in harter Goldmark und rel. schnell zu bezahlende Summe (Franzosen und Engländer schuldeten ihrerseits den Amerikanern viel Geld/Gold).

Die deutschen Regierungen versuchten Zeit zu gewinnen und vielleicht doch noch Konzessionen zu erreichen, aber die Franzosen blieben hart und nahmen eine nicht eingetroffene deutsche Sachlieferung zum Anlass, mit Zehntausenden Soldaten in Westdeutschland einzumarschieren.

Berlin war nicht imstande militärisch zu reagieren, rief aber zum passiven Widerstand auf und begann, Widerstandskämpfer aus der Region zu entschädigen bzw. unterstützen – Arbeiter & Beamte, aber auch betroffene Unternehmen.

Man wollte auf diese Weise verhindern, dasss die Franzosen etwas von ihrer Militäraktion hatten (was zunächst, zunehmend aber immer weniger klappte).

Die Besatzer richteten daraufhin eine Zollgrenze ein, sowie eine Ausfuhrblockade gegen das Reich, u.a. von Kohle.

Das erklärt

  • den Großteil des Produktionseinbruchs.
  • Die zweite, ebenso fatale Seite der Medaille war, dass durch die neuen Lasten das ohnedies schon schwer defizitäre Budget ganz außer Kontrolle geriet. Weil die Regierung Cuno aus innenpolitischen Gründen nicht “zurück konnte”, wurden ihre Ausgaben  mit Anleihen finanziert, die von der Reichsbank monetisiert wurden. Ausländische Währungsspekulanten, die in den Jahren davor teilweise noch auf die Mark gewettet hatten, suchten das Weite und die Mark sank gegenüber anderen Währungen ins Bodenlose, während die Binnenpreise in aberwitzige Höhen kletterten. Im November 1923 betrug der Wechselkurs zum Dollar 4,2 Bio. Papiermark (= 4.200 Mrd. Mark).

Dann ist das Kabinett Cuno gestürzt und sein Nachfolger Gustav Stresemann hat über Ermächtigungsgesetze die Währungsstabilisierung eingeleitet, die von (wirklich) großen “sozialen Härten” begleitet war.

Die Stabilisierung gelang rasch und die Deutschen hatten (zu einem extrem hohen politischen & sozialen Preis) wieder ein allgemeines Tauschmittel.

Große Teile des Mittelstandes wurden durch die Hyperinflation ökonomisch ausgelöscht, aber die Republik hatte sich ihrer Schulden im Inneren entledigt (Kriegsanleihen) und ihre Verpflichtungen gegenüber Ausländern/Reparationen sollen über Fristerstreckungen tragbarer gemacht worden sein (“Dawes-Plan”).

Wirtschaftseinbruch & Gelddruckerei 2020

Diese Mischung aus einem Einbruch der realen Produktion, der Defizitfinanzierung via Notenbank, helicopter money sowie von diversen staatlichen Hilfs-Milliarden von der Kurzarbeit bis zur Abwrackprämie ist nach Ansicht dieses Bloggers eine Kombination, die sich auch für den kommenden Herbst abzeichnet.

Das zu  erwartende Massensterben der Firmen-Zombies – siehe Krall und Malinens Flut-Phase - mag einen mächtigen deflationären Impuls beinhalten – das bedeutet freilich keineswegs, dass der Euro & die in ihm denominierten Sparguthaben als kaufkräftige Währung(seinheiten) überleben werden.

Diverse MMT-affine “Experten” versichern inzwischen unablässig, dass Defizite keine Rolle spielten und dass sich Staaten beim Schuldenmachen daher keinen Zwang antun sollten.

Anders als 1923 wird es diesmal womöglich auch kein Innen und Außen und keine stabilen Devisen geben.

Bild: National Numismatic Collection,National Museum of American History / Public domain, via Wiki Commons

Literatur:

Knut Borchardt, Perspectives on Modern German Economic History and Policy. 1991 (Kapitel “Germany’s experience of Inflation”)

Costantino Bresciani-Turroni, The Economics of Inflation. 1968

Ray Dalio, Big Debt Crises, 2018 (Kapitel “German Debt Crisis and Hyperinflation 1918 – 1924″)

Frank D. Graham, Exchange, Prices, and Production in Hyper-Inflation: Germany 1920 . 1923. 1930

Gerd Krumeich/Wolfgang Schröder (Hg.), Der Schatten des Weltkriegs. Die Ruhrbesetzung. 2004

Friedrich Lütge (Hg.), Deutsche Sozial- und Wirtschaftsgeshichte. Ein Überblick.1975 (Subkapitel “Die Zeit yom Ende des ersten bis zum Ausgang des zweiten Weltkrieges und bis zur Gegenwart – Die Inflation”)

Wolfram Pyta, Die Weimarer Republik.2004

Joan Robinson on the Weimar Hyperinflation,2014

Frederick Taylor, The Downfall of Money. 2013

Nachbemerkung, 7.5.2020, 10 Uhr: Vergleichbar mit dem Dollarkurs in den Jahren 1921 und 1922 wird es auch hier Gegenbewegungen und “deflatorische Schübe” geben, die den Eindruck erwecken, Fiat wäre fester Boden. “Lineardenker ohne Ausdauer” werden daher auch in diesem Fall “die Patschen strecken” müssen, bevor sie posthum recht bekommen werden.    :mrgreen:

Unabhängiger Journalist

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