Das Märchen von der Erholung: Industrie in der Eurozone

Rotweißrote Industrie: rasche Erholung, lange Stagnation
Rasche Erholung, lange Stagnation; Quelle: Querschüsse

Diese Woche hat die Statistik Austria gute Daten für die österreichische Industrieproduktion (inklusive Bau) berichtet. Auf vergleichbarer Basis – also bereinigt um die unterschiedliche Zahl der Arbeitstage – hat die Produktion im Jahresabstand um etwa fünf Prozent zugelegt. Das ist nicht schlecht, heißt aber nicht viel.Die Zahlen bedeuten schon deswegen wenig, weil der Jänner ungewöhnlich mild war und die Bauwirtschaft um neun Prozent mehr geleistet hat als im Jänner 2013. Auch der Umstand, dass der Wert ein neues Allzeithoch erklommen hat, hat nicht viel zu besagen.

Der Chart stammt aus dem empfehlenswerten deutschen Blog Querschüsse, der Datenreihen und Grafiken über lange Zeiträume hinweg zusammenstellt. Die Entwicklung seit dem Start der Eurozone ist von mir mit einer roten Ellipse gekennzeichnet.

Dieser Graph sieht in Deutschland und den USA ähnlich aus. Die Kernbotschaft lautet: Nach dem Einbruch von 2009 hat die Industrieproduktion rasch wieder die alte Höhe erreicht, stagniert seit 2011 aber.

In der restlichen Eurozone sieht das etwas anders aus. Auch dieser Chart ermöglicht die rasche Einordnung der Entwicklung. Ich übernehme ihn unverändert.

Industrie Südeuropa: Stagnation auf niedrigem Niveau
Industrie Südeuropa: Stagnation auf niedrigem Niveau

Die Grafik zeigt die Entwicklung der Industrieproduktion ohne Bauwirtschaft. Ihre Kernbotschaft ist: Bis auf Griechenland, wo alles immer nur schlimmer zu werden scheint, hat es bis Ende 2010 eine erkennbare Erholung gegeben – seither geht es aber auch im europäischen Süden “seitwärts”. Der Abstand zu Deutschland wird – wenn er sich überhaupt verändert -, eher etwas größer.

Die wirkliche Industrieproduktion liegt in Frankreich, Portugal, Italien, Spanien und Griechenland heute um 15 bis 30 Prozent unterhalb von 2000, also zum Start der Eurozone (der Chart ist deflationiert, also preisbereinigt).

Dieses große Bild sollte jeder im Hinterkopf haben, wenn er in den Mainstreammedien Meldungen nach dem Muster liest wie: “Industrie in Euroländern fährt Produktion merklich hoch” oder: “Steilster Anstieg seit dem Jahr xxx”, etc. Warum viele traditionelle Medien so agieren, ist ein eigenes Thema und kann hier nicht diksutiert werden.

Zum Schluss eine kleine Einschränkung: Die staatlichen Statistikzahlen können sehr trügerisch sein, vor allem wenn mit preisbereinigten oder “realen” Daten gearbeitet wird. Diese Zahlen sind oft nicht wirklich vertrauenswürdig. Der Haken ist nur, dass es meist keine anderen gibt.

 

 

 

Unabhängiger Journalist

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