Hypo Kärnten: Der dicke Hund liegt in Osteuropa begraben

 

Hypo Alpe Adria-HQ
Hypo Alpe Adria-HQ

Fragt man den ehemaligen Wirtschaftsprüfer Günther Robol, worin das Hauptmotiv für das aktuelle Handeln der Regierung in Sachen Hypo Kärnten besteht, bekommt man zunächst Einschränkungen zu hören. Natürlich will er keine Aussagen über Dinge treffen, die er nicht weiß, und natürlich müssten Politiker und Politikmacher eine solche Frage selbst beantworten.

“Sicher ist nur, dass die Schonung des Steuerzahlers kein solches Motiv ist.” Darüber hinaus hat er aber so seine Vermutungen – Ansichten, die bei jemandem, der sich Zeit seines Berufslebens mit Bilanzen beschäftigt hat, viel schwerer wiegen als bei Finanz-Amateuren.

Ja, wahrscheinlich gehörten die österreichischen Großinstitute zu den großen Zeichnern von Anleihen, mit denen sich die Hypo finanziert hat und würden von der Vermeidung eines Konkurses profitieren (d.h. keine Verluste erleiden). Weiters hätte ein Konkurs der Kärntner den Hypo-Haftungsverbund zwischen 1,5 und 3 Mrd. Euro gekostet, meinte Robol am Dienstagabend im Wiener Akademikerbund sinngemäß.

Der damit angedeutete Schutz konkreter Bankinteressen ist für die meisten Laien völlig ausreichend, um das wahre Motiv der Politiker auszumachen.

Für Robol ist das aber nicht ausreichend. Bei weitem nicht. Für ihn geht es nicht nur um jeweils ein paar hundert Millionen Euro. Er sagt: “Wenn man im Osten mitbekäme, dass die Tochter  einer österreichischen Bank in Konkurs geschickt wird, würde dort wahrscheinlich Panik ausbrechen.” 300 Milliarden Euro Einlagen, die die österreichischen Banken dort hätten, seien dann in Gefahr, abgezogen zu werden und die in der Region ausstehenden Kredite hätten die Größenordnung des österreichischen Bruttosozialprodukts. Gegen dieses Drohpotenzial nimmt sich für ihn das milliardenschwere Hypo-Problem “wie eine Kleinigkeit” aus.

Das ist für den Geschmack aalglatter Finanzpolitiker zwar viel zu konkret, mit der Legende, die sie für sich selbst stricken, ist es aber gut vereinbar. Diese lautet: “Wir tun das alles, um das Vertrauen in den Bankensektor zu erhalten.” Oder auch: “Wir tun das alles, um kein ungerechtfertigtes Misstrauen in unsere Banken entstehen zu lassen.”

Leute wie Robol würden vielleicht den ersten Satz akzeptieren, den zweiten aber wohl nicht mehr. Um einen Vergleich zwischen den faulen Südost-Krediten der Hypo Kärnten und den Ost-Krediten großen Wiener Banken gebeten, bemüht er finanztechnische Finessen.

Er erläutert beispielsweise, dass die sogenannten Nonperforming Loans (NPL; Kredite mit Rückständen bei den Zins-/Tilgungszahlungen) in der Regel nicht wertberichtigt seien und dass eigentlich “ein erheblicher Wertberichtigungsbedarf gegeben wäre”, wenn der Bankmanager wie ein “ordentlicher Kaufmann” agieren müsste. Manchmal bedürfe es nur eines Telefonats, um zu bewirken, dass ein in Verzug geratener großer Schuldner am nächsten Stichtag nicht mehr erfasst werden müssse. Und ja, der offizielle Anteil der NPL an den Gesamtkrediten bei den Wiener Großbanken liege bei um die 10 Prozent, und bei der Hypo Alpe Adria sei diese Maßzahl zuletzt doppelt so hoch gewesen.

Nun dürften die Ausfälle, die die Hypo-Abwicklungsgesellschaft zu erwarten hat, diese 20 Prozent aber weit übersteigen. Robol spricht nicht aus, welcher Schluss daraus zu ziehen ist, aber es ist nicht wirklich misszuverstehen was er meint.

Seine Aussagen decken sich mit einer Bemerkung, die er noch als aktiver Steuerexperte vor vier Jahren gemacht hat. Damals meinte er, dass auch für den Wirtschaftsprüfer die tatsächliche Ertrags- und Vermögenslage einer Bank nicht mehr feststellbar sei. “Für meinen Berufsstand ist keine unabhängige Prüfung mehr möglich.”

Robol wusste und weiß aus beruflicher Erfahrung, was bei der Erstellung des Zahlenwerks “alles geht”. Wenn aber selbst solche Leute kapitulieren müssen – was sollen dann die einfachen Bankkunden sagen (und tun)?

In einem offenen Brief stellt Robol Finanzminister Spindelegger zehn Fragen, mit einer Bürgerinitiative will er einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss erzwingen. Bis er dies erreicht hat will er “keine Ruhe geben”.

Foto: JJ55, CC 3.0

Unabhängiger Journalist

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