Ähnlich wie der Kampf gegen (quasi)staatliche Zensur oder jener für die Freiheit der universitären Lehre erfährt das für Deutschland bedeutsame Mem vom obrigkeitshörigen und denkfaulen Nicht-Citoyen “eine Parallelverschiebung nach rechts”. Das zeigt eine kürzlich erschienene Kampfschrift eines – mittlerweile pensionierten – konservativen Lehrers aus Bayern. Josef Kraus wendet die von Heinrich Mann erschaffene Karikatur vom Opportunisten des deutschen Kaiserreichs gegen den “linken autoritären Charakter” der Gegenwart, wo sich Selbstgefälligkeit, Feigheit und (meta)politischer Hyperkonformismus ebenso mischen.
Das Buch ist das wortgewaltige Pamphlet eines säkulären Schrift-Predigers der Gegenwart
- aber wer denkt, es hier bloß mit glitzernden Pirouetten oder gar “unreflektiertem Poltern” gemäß einer weit verbreiteten Karikatur des typischen Stammtisch-Rechten zu tun zu haben, irrt gewaltig:
Was Kraus anführt, ruht auf soliden faktischen Fundamenten und wird oft von jahrelang recherchierten Veröffentlichungen untermauert -
- ob es nun um die weitgehende Machtergreifung einer leftistischen Volksfront in unseren Links-Staaten des Westens geht (bzw. in deren politischen Systemen) – siehe dazu auch “Staats-Antifa” oder “Gegenmacht”; Systemen, deren Legitimation zunehmend auf der Propaganda-Attrappe des Antifaschismus beruht;
- einen mit gespaltener Zunge sprechenden “Antirassismus“, der nicht selten auf einen “reverse racism” gegenüber Weißen hinaus läuft;
- oder auch die korrosive Wirkung angeblich fortschrittlicher Identitätspolitik, inklusive Schuldkult und Opfer-Entrepreneurship – siehe dazu u.a. die “identitätslinke Läuterungsagenda” der sich weiter als “links” begreifenden Sandra Kostner.
Für einen konservativen vormaligen “Pauker” speziell interessant ist die Verwendung von Topoi und “Kritikpunkten”,
die über reichlich 100 Jahre angestammte Domäne diverser “Bewegungsparteien” liberalen oder sozialdemokratischen Zuschnitts waren:
- Der “nach oben buckelnde und nach unten tretende” überangepasste deutsche Spießer (aus der Feder eines dem “Nationalmasochismus” abholden Autors!),
- das Eintreten für Redefreiheit, auch für Nicht-PC-Redner
- der ostentative Verweis auf das Grundgesetz, auch angesichts angeblicher planetarischer Notstände, die dessen Suspendierung (letztlich wohl Abschaffung) begründen helfen: “Die Menschen dieses Landes sind freie Bürger, denen man nicht nach Lust und Laune qua Exekutive und medialem Einhämmern Freiheiten gewähren oder entziehen sowie Gebote oder Verbote verpassen kann.”
- Und last but not least die bissige Kritik an den “Akteuren des Untertanengeists” als da wären: “Kirchen und Glaubensgemeinschaften”, “Apportiermedien”, “Akklamationswissenschafter” sowie das “Autokratie-System Merkel” (auch Karlsruhe und die Parteien inkl. CSU “kriegen ihr Fett ab”).
Fast dem gesamten heutigen “Überbau” (wie Marxisten formulieren würden) wird mithilfe des literarischen Sozialcharakters am Zeug geflickt.
Der heutige Untertan ist, um 100 Jahre zeitverschoben, etwas Ähnliches wie Heinrich Manns Diederich Heßling
(veröffentlicht 1918, nach dem katastrophischen Ende des mit thematisierten Regierungssystems).
In der Weimarer Republik wurde die Satire dann zum Kultbuch der Linken, die in dem Roman jenes antidemokratische Milieu portätiert sah, das den “revolutionären Schutt wegräumen” wollte und zu diesem Zweck ein Bündnis mit den Nazis einging.
Bei den im 2. Weltkrieg siegreichen Westmächten avançierte Heßling zum Urbild des hässlichen Deutschen bzw. zum direkten Vorfahren der “Stechschritt-Nazis”
und in der (noch) stalinistischen DDR wurde der Roman 1951 verfilmt und wenig später zur Pflichtlektüre an den Schulen gemacht.
Vielleicht mit Ausnahme des bei H. Mann mehrfach aufblitzenden “preussischen Militarismus”, für den es keine Entsprechung gibt,
scheinen die im Kraus-Buch analysierten “progressiven” Untertan/inn/en des 21. Jahrhunderts in vielerlei Hinsicht mit Diederich Heßling vergleichbar.
Sie sind jedenfalls nicht weniger autoritätshörig, konformistisch, “karrierebewusst” und skrupellos..
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