Die Männer von Rimini und die Techniken der Erziehungspresse

Am vergangenen Wochenende wurde am Strand in Rimini eine Polin vergewaltigt, wobei die Ermittler aus Nordafrika stammende Dealer verdächtigen. Diese Meldung ging so oder ähnlich um die ganze Welt. Die Erziehungsmedien in Deutschland und Österreich glauben aber noch immer, ihre Leser selektiv informieren zu können. Als FP-nahe geltende pöhse Konkurrenten konnten daher zu Recht schreiben: Mainstream verschweigt Täterherkunft.

In diesem Urteil des Wochenblick steckt sehr viel Wahres, aber auch ein wenig Übertreibung, weil wenigstens in einigen frühen Berichten, auf die sich Wochenblick bezieht, der Verdacht der Ermittler noch nicht bekannt gewesen sein muss. Außerdem ist ein Verdächtiger noch kein verurteilter Täter.

Faktum bleibt, dass der Schweizer Tagesanzeiger in seiner Internet-Ausgabe bereits Montagmittag die Frage aufwerfen konnte:”Drogendealer aus Afrika?”

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Quelle:tagesanzeiger.de

PC-Berichte, päpstlicher als der Papst

Das ist den österreichischen Kollegen bis zur Stunde nicht möglich.

Eine Google-Recherche (7.00 Uhr früh, 29.8.2017) zeigt, dass diese entweder überhaupt nicht oder über noch nicht ausgeforschte, unbekannte Männer berichten.

Im Laufe des Montagvormittag melden italienische Zeitungen (online) sowie die dortige Nachrichtenagentur ANSA zur Ermittlungsrichtung der italienischen Polizei.

In einem österreichischen Medium wird danach zwar die Herkunft der mutmaßlichen Täter thematisiert, der ganze Artikel aber “versteckt”, indem ein ähnlicher Fall einer in Mallorca vergewaltigten Schottin als Anreißer auf die “elektronische Seite 1″ gestellt wird.

Online-Plattformen wie krone.at, die bereits früh berichtet haben, haben die Geschichte zwar nicht upgedatet, können aber immerhin von sich sagen, sie hätten journalistisch korrekt gehandelt (warum eine story nicht ergänzt wird, die die Nummer 2 in der Hitparade der Klicks ist, ist freilich schwer nachvollziehbar).

Generell lässt sich feststellen, dass die hiesigen Medien die liebevolle Berichterstattung über einen Fernsehauftritt des ÖVP-Spitzenkandidaten oder den jüngsten Vorstoß des französischen Präsidenten als ungleich wichtiger erachten als die Vergewaltigung in einem auch von vielen Österreichern frequentierten Badeort (in manchen österreichischen Leitmedien berichtet man sowieso lieber darüber, wie die Vielfalt das antike Rom stabilisiert hat).

Die in deutschen Online-Zeitungen erschienenen Meldungen sind zahlreich.

Der Vorwurf, den man einigen selbst ernannten österreichischen Qualitätszeitungen machen kann – das Thema nämlich gänzlich ignoriert zu haben -, lässt sich in Deutschland kaum erheben

In den deutschen Medien erschienen Berichte im Dutzend, allerdings wird auch hier nur im Ausnahmefall auf den Hintergrund der mutmaßlichen Vergewaltiger eingegangen. Weder ihre “ethnisch-kulturellen Wurzeln” noch ihre “Beschäftigung” sind in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle von Belang.

Das gilt übrigens auch für die Berichterstattung in den elektronischen Medien, siehe z.B. bei ntv:

Positive Ausnahme Bild

Schon gar nicht wird über die wohl populistische Ankündigung Warschaus berichtet, den Italienern bei der Ausforschung der Täter “helfen” bzw. ggf. überführte Täter in Polen vor Geicht stellen zu wollen

So ein Hinweis würde wohl schlecht in die laufende Berichterstattung über eine demokratiepolitsch bedenkliche Justizreform in Polen passen.

Die große Ausnahme ist in diesem konkreten Fall BILD (Ehre, wem Ehre gebührt).

Ohne dass auch nur im geringsten sensationsheischend oder irgendwie hetzerisch agiert würde, finden sich im Bericht dieser Boulevardzeitung sowohl der Hinweis auf die mutmaßliche Herkunft der Täter als auch auf die Töne, die zu der Causa von der polnischen Regierung gekommen sind.

Nachbemerkung: Ich verzichte in diesem meinem Eintrag weitgehend darauf Namen zu nennen – Begründung:

Erstens ist die Sachlage so schwer überschaubar, dass sich ein versteckter korrekter/umfassender Bericht nicht ausschließen lässt (d.h. einer, der “auf der Höhe der Nachrichtenlage ist”); dass also tatsächlich jemandem Unrecht getan wird.

Und zweitens kann/will sich dieser Blogger kein teures Gerichtsverfahren gegen ein professionelles Medium leisten, das sich im Recht wähnt.

Das könnte man in letzter Instanz zwar vielleicht gewinnen – aber nur, wenn man bis dahin (wirtschaftlich) überlebt hat.

Unabhängiger Journalist

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