Die Paradoxa des Schieferöl-Booms und die Grenzen des Machbaren

In den USA hat sich eine (zusätzliche) Ölproduktion verfestigt, die es nach üblichen ökonomischen Gesetzmäßigkeiten eigentlich gar nicht geben dürfte: Shale (eigentlich: Light Tight) Oil, das mittlerweile die Hälfte des in den Staaten geförderten Erdöls ausmacht. Der Sektor hat von Beginn weg vor roten Zahlen nur so gestrotzt – wird von Banken und Investoren aber unverzagt weiter mit Kapital beworfen. Es scheint, als wäre dieser Run eher ein finanzwirtschaftliches denn ein technologisches Phänomen.

Steve St. Angelo, der Blogger des SRSroccoReport, hat sich die jüngsten Zahlen der Industrie angesehen und kommt zum Urteil, dass Shale schon zu Zeiten eines Barrelpreises von 100 Dollar nicht profitabel war.

Und er prophezeit, die Schieferöl-Produzenten in den USA 2017 weitere 20 Mrd. Dollar Miese machen werden (was angesichts des niedrigen Ölpreises eigentlich wenig ist; doch die Firmen haben ihre Kosten reduziert und sind um einiges produktiver geworden).

Sogar erfahrene Rohstoffkonzerne wie BHP Billiton verlieren mit Shale Geld und bedauern sich vor sechs Jahren auf ein Investment eingelassen zu haben,

Der immer wieder vorhergesagte Zusammenbruch des Sektors wegen Unwirtschaftlichkeit hat bisher nicht stattgefunden – und ist auch heute nicht absehbar.

Obwohl sich einmal angezapfte shale wells in Rekordzeit erschöpfen – und daher auf Teufel komm raus ein Loch ums andere gebohrt werden muss -, hat nicht einmal ein nennenswerter Produktionsrückgang stattgefunden. Die Produktion blieb auch 2016 hoch:

US shale oil output remains resilient despite rig count fall”

Das mag in vollem Umfang verstehen, wer will (ich tue es nicht).

Aber eines ist ziemlich klar: Das Phänomen Shale hat einerseits mit besonders günstigen geologischen Bedingungen in Dakota, Texas und den Appalachen (Marcellus) zu tun;

sowie andererseits mit in den USA vorherrschenden finanzwirtschaftlichen Faktoren: quantitative Lockerung, Nullzins und Anlagenotstand.

Dass eine derart günstige Ausgangslage anderswo reproduziert werden kann, darf eher bezweifelt werden

Das sieht auch die US Energy Information Administration (EIA) so, wenn sie prophezeit, dass sich die weltweite Tight Oil-Erzeugung in den nächsten 25 Jahren verdoppeln wird – nämlich von heute fünf auf dann 10 Millionen Barrel pro Tag.

Das klingt nach viel, ist es aber nicht. Zehn Millionen Barrel sind Lichtjahre von der allenthalben prophezeiten Revolution der gesamten Ölförderung entfernt.

Etwa ein Drittel dieses Zuwachses werde in den Staaten selbst anfallen, glaubt die EIA.

Das ist realistisch und optimistisch zugleich.

Realistisch, weil die Wachstumschancen durch die Fracking-Technologie außerhalb des US-Treibhauses relativ niedrig angesetzt werden.

Und optimistisch, weil man offenbar der Meinung ist,

  • die derzeit günstigen monetären Bedingungen ein Vierteljahrhundert fortschreiben und
  • nach Bakken und Eagleford weitere sweet spots ausfindig machen zu können.

Unabhängiger Journalist

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