Während sich Deutsche mit historischem Gedächtnis durch den Trump-Besuch in Paris erneut in die Zange genommen fühlten, haben der Donald und Macrons unmittelbar darauf folgendes Rendezvous mit dem israelischen Premier einen anderen Sinn: Paris will auf Nahost-Vermittler machen ohne Reputationsrisiken einzugehen. NB zu Syrien und dessen französischen handler.
Die Presse, auch die sogenannte seriöse, interessiert sich hauptsächlich für die Frauen von Macron und Trump sowie das gedenkpolitische Räucherwerk im Vordergrund (Eintritt der USA in den 1.Weltkrieg, Massendeportation von Juden in Vichy-Frankreich 1942).
Ein Beispiel für die genannte deutsche Interpretation ist Wolfgang Effenbergers Einlassung zu Trump in Paris im Bader-Blog.
Nicht, dass die historischen Reminiszenzen Effenbergers so falsch wären (sie werden in feiner transatlantischer Gesellschaft freilich nicht allzusehr geschätzt).
Aber sie scheinen im konkreten Fall nicht wirklich angebracht.
Es sieht eher so aus, als wolle die unabhängige Makrone gute Dienste für die jüngste amerikanisch-russische Initative rund um Syrien leisten, dabei aber
- das “Schicksal” unzähliger gescheiterter offener Nahost-Vermittler vermeiden,
- den Israelis hinter gepolsterten Türen eine goldene Brücke bauen ohne in der Öffentlichkeit die (pro)arabische Klientel Frankreichs zu verprellen und
- für den Fall eines Scheiterns des Syrien-Friedens von Putin und Trump sich selbst als the next big thing in der Nahostpolitik zu empfehlen.
Das – und nicht eine versteckte Drohbotschaft an ein im Werden begriffenes neues Nationaldeutschland - ist der Hintergrund, warum Trump seine Goldfasane von Dunford bis McMaster plus CIA-Direktor Pompeo nach Paris mitgebracht hat.
Trump gibt Bibi Klinke in die Hand
Das geschah wohl, um den Franzosen glaubhaft versichern zu können, dass diesmal nicht passieren wird, was Obama und Kerry im vergangenen September passiert war, nachdem sie sich mit den Russen auf einen Waffenstillstand re Syrien eingelassen hatten: eine offene Meuterei des Pentagon und eine nicht so gut publizierte durch die CIA.
Kaum dass der Donald weitergereist war, stand Bibi Netanjahu schon auf der Tacke des Élysée, natürlich ebenfalls zu einem bereits von langer Hand geplanten Staatsbesuch anlässlich 75 Jahre Velodrome d’Hiver.
Netanjahu, der ohne jeden Zweifel bereits in den ursprünglichen Deal zwischen Ruskis und Amis “eingebunden” war, nutzte die Gelegenheit ein bisschen nachzuverhandeln.
Er deponierte, dass die Amerikaner, deren europäische Vasallen und die Ruskis für weniger iranischen Einfluss rund um Nordisrael sorgen müssten, wollten sie die Zustimmung Israels zum Waffenstillstand haben.
Im Klartext: Hisbollah im Südlibanon und die drohenden neuen proiranischen Basen in Syrien sind den Israelis militärstrategisch zu viel (bzw. letztere sind zu nahe am de facto annektierten Golan).
Weswegen die Hisbollah bei einem Waffenstillstand in Syrien aus dem südlichen Libanon verschwinden muss.
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Wie passend, dass die ehemalige Kolonial-/Mandatsmacht über so gute Beziehungen zu Beirut verfügt.
Vielleicht können Macron und seine frogs die libanesische Regierung ja überzeugen, dass ihr das Wohlwollen Frankreichs mehr wert sein sollte als das der Hisbollah…
Wenn nicht, geht’s wieder mal in die Verlängerung.
Dann wär’s zwar noch nix einem symbolischen, für alle sichtbaren Ende des IS in Syrien – aber der Donald würde such diese PR-Schlappe wegstecken können.
Schließlich muss er ja inzwischen gewohnt sein, in der Öffentlichkeit eins übergebraten zu bekommen.
Dann wäre der Weg für eine neue glorreiche Initiative aus Paris frei.
Die würde zwar auch nichts bringen, die Erinnerung an ihre ergebnislos endende Vorläuferin wäre zu diesem Zeitpunkt aber bereits verschwunden.
PS: Macron hielt im Angesicht Bibis zwar die Kritik an der israelischen Siedlungspolitik in der Westbank aufrecht und beschwor eine “Zweistaatenlösung”.
Man wird aber den Eindruck nicht los, dass sich Frankreich bereits mit einer Einstaatenlösung abgefunden hat.
Oder was sonst soll die Passage in der Macron-Rede bedeuten, dass Israelis und Palästinenser “Seite an Seite innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen leben” sollten, “mit Jerusalem als Hauptstadt”?
Siehe auch:
The Syrian Test of Trump-Putin Accord
La paix en Syrie au profit d’Israël et de la Turquie ?
What Netanyahu told Macron in Paris
Emmanuel Macron Chides Israel PM Benjamin Netanyahu On Settlements, Urges New Mideast Talks
Netanyahu: Israel won’t tolerate Iranian bases in Lebanon, Syria
Bild: US Embassy France [Public domain], via Wikimedia Commons
Nachbemerkung, 19.7.2017, 8.00 Uhr: Piezcenik sagt, Macron sei “beauftragt” worden, Syrien (für den “Westen”) zu handeln.
Das ist gar nicht wo unwahrscheinlich, bedenkt man die Historie und die exzellenten Pariser Kontakte dorthin. Zum Schluss zitiert P. Henry Kissinger, der einmal gemeint hat, es gebe keinen Frieden in der Region ohne Syrien.
Natürlich würde das für Frankreich eine Sonderrolle in den transatlantischen Beziehungen bedeuten – aber eine andere als die eines enfant terrible wie z.B. de Gaulle eines war.
Weiß nicht, Pieczenik ist ein psyopster, der das freimütig auch zugibt.
Nicht wörtlich zu nehmen, hat aber wohl einen wahren Kern.
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