Der deutsche Vermögensberater und Autor Marc Friedrich hat – mit neuem Co-Autor – ein weiteres Buch herausgebracht, das nach einem ähnlichen Muster wie seine bisherigen Bestseller gestrickt ist. “Die Größte Revolution aller Zeiten” ist der bekannte Abgesang auf die westliche Währungsordnung, die wohl wirklich überfällig ist. Ob allerdings, wie ausgeführt, Bitcoin eine “freiheitlichere” Lösung für Betuchte ist, darf bezweifelt werden.
Die Beendigung der Ära anonymer Zahlungsmittel ist ja nun wirklich ein versuchtes Schurkenstück von welthistorischen Ausmaßen
und diverse, jetzt entwickelte CBDCs haben allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz das Zeug, Beraubungs- und Unterdrückungsinstrumente par excellence zu werden.
Ähnlich wie Lyn Alden, deren “Broken Money” demnächst hier besprochen wird, legt Friedrich seinen Finger in die Wunden der herrschenden Fiat-Geldordnung, als da beispielsweise wären:
- Geld- und Schuldenschwemme & Inflation. Friedrich macht in seinen Einlassungen zum aktuellen “Geldsterben” einmal mehr auf den – sogar offiziellen – Kaufkraftverlust etwa von US-Dollar und Euro aufmerksam (wodurch die Halter der beiden Fiat-Währungen schleichend enteignet werden) sowie auf die damit verbundene weltweite Aufschuldung, für die 2020 ein neuer, höherer Gang eingelegt wurde.
- Zentralisierung sowie “disempowerment” der Geld-Nutzer, fehlende Transparenz und Kontrollierbarkeit des Geld- und Finanzwesens, was – wie sich dieser Blogger zu ergänzen erlaubt – voll im Interesse von Umverteilungs-, Nudging und Gängelungspolitikern jeglicher Couleur liegt. Die verdeckte. nichtsdestotrotz gezielte Schrumpfung diverser Formen von “financial privacy”, die einst durchgängiges Leitmotiv der Finanzpolitik war, gehört auch in dieses traurige Unterkapitel.
- All das mündet in eine himmelschreiende Inkompetenz gegenwärtiger Politicos & Bürokraten (die freilich keineswegs “natürliches Monopol” moderner Demokratien ist; Inkompetenz in öffentlichen Ämtern gab und gibt es auch in monarchischen und autoritären Regierungsformen, und zwar jede Menge).
Trotz teilweise anderer Erklärungsmuster folgt dieser Blogger in obigen Punkten dem besprochenen Autor weitgehend.
Die Frage ist nur, ob mit Kryptowährungen – mit digitalen “fiduziären Medien” allgemein -, nicht eine falsche Alternative aufgemacht wird und in Freiheits-Liebhabern & Anlagesuchenden trügerische Hoffnungen geweckt werden.
(überzeugte BTC-Fans werden natürlich bestreiten, dass es sich bei ihren Coins um ein solches Geld-Substitut handle – schließlich wird es ja auch nicht von Banken in Umlauf gebracht. Das ist übrigens ein zentraler Unterschied von echten und gefakten Kryptos).
Regionaler Gewaltmonopolist
Das Problem ist “nur” – und das betrifft Marc genauso wie Lyn – dass trotz aller geschilderten theoretischen Tugenden “echten Kryptogelds” (≠ CBDCs) die Rechnung ohne den Wirt gemacht wird;
den Wirt, den man auch den “lokalen/regionalen Gewaltmonopolisten” nennen kann.
Dieser hat im Zweifelsfall nicht nur die “Überzeugungskraft” entsicherter Feuerwaffen für sich, sonden auch die Unterstüzung Hundertausender anderer im jeweiligen Herrschaftsbezirk,
die der Meinung sein mögen, dass der versprochene soziale Nutzen von vom Gewaltmonopolisten requirierten digitalen Vermögensgegenständen (und/oder Steuern) höher einzustufen ist als alle financial privacy der Welt
(ein solchesVersprechen des Machthabers muss realiter ja gar nicht eingelöst werden).
Es reicht zunächst schon, wenn – mit oder ohne Zustimmung des “Fußvolks” – Internet und/oder Stromnetz erst “betreten” werden dürfen, wenn der Installation von Programmen zugestimmt wird, die Stromverbrauch, digitale Transaktionen und/oder ebensolche Vermögenswerte kontrollier- und <be>steuerbar machen. Ähnliches sollte aus der Gegenwart ja bekannt sein).
Der nächste (und wohl finale) Schritt wäre, so komisch das heute klingen mag, das Verschwinden von Stromnetz und Internet
(ok, die Satoshis mögen dann auf ewig in der Wallet gespeichert bleiben – aber was damit tun? Warten auf Godot, weil man nie völlig ausschließen kann, dass die Elektrizität wiederkehrt?)
Natürlich könnte auch der Fall eintreten, dass der lokale Fürst an den digitalen Transaktionen oder den in der Wallet gespeicherten angeblichen Vermögenswerten so wenig interessiert ist,
dass er sich keine Mühe gibt, wertlose, weil nicht einlösbare Zahlungsversprechen zu kontrollieren
- aber damit würde auch der mühsam aufgebaute “Plan B(itcoin)” für private Anlagesuchende auch in sich zusammenbrechen.
Die Rolle der USA
Interessanterweise führen die Autoren in ihrem 3.Teil ein gutes Dutzend Beispiele für die “Bitcoin-Freundlichkeit” der USA an, vom Verhalten staatlicher Regulierer bis hin zu großen Vermögensverwaltern an der Wall Street, die selbstverständlich Teil des an sich bekämpften Finanzsystems sind
(was insofern eine gewisse Logik hat, weil die Bitcoin-Adoption durch El Salvador oder die günstigen natürlichen Mining-Voraussetzungen in Bhutan für hiesige Anlagesuchende vielleicht nicht so überzeugend sind ).
Friedrich und Kössler differieren in diesem Punkt vom Mainstream der Bitcoinistas – dieser ihr Einwurf erfolgt aber vollkommen zu Recht.
Und was folgt daraus?
Die Erklärung der Autoren lautet:
Die USA arbeiten vermutlich längst am Plan B(itcoin). Sie sind bereits der größte Besitzer von Gold, und sie werden ebenfalls der größte Besitzer von Bitcoin sein.” (Kapitel 17)
Wirklich?
Der erste (und wie dieser Blogger meint: einzige) “Hegemon des Systems”, der weitaus größte Nutznießer des “exorbitanten Privilegs” die Weltleitwährung herausgeben zu dürfen, investiert in den “Todfeind” eben dieses Systems (bzw. “schafft das nötige ‘regulatorische framework’”)?
Für einen “Todfeind”, der wegen angeblicher oder wirklicher mathematischer Gesetzlichkeiten nicht nur jedes “Easing” verunmöglichen würde, sondern auch die raffinierte indirekte “Tribut-Einhebung” des Imperiums?
Läge es da nicht näher, in Bitcoin eine Ergänzung des vorgeblich bekämpften Systems zu sehen, eine weitere Asset-Klasse, die vielleicht sogar unter dem besonderen Schutz der US-amerikanischen “monetary authorities” steht?
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