“Energiewende”: Ein Happy Peppy-Modell aus Großbritannien

Englische Politicos sind kontinentaleuropäischen durchaus ähnlich – indem sie z.B. Aufträge an “objektive Consulter” vergeben, die Wege empfehlen, die die Politicos von Anbeginn einschlagen wollten. Manche Experten verdingen sich auch als bloße Modellrechen-Knechte.”Geht doch!”, pflegt dann Schoßhündchen-Presse befriedigt zu schreiben. Anmerkungen zu einem “grünen” Energieplan aus London. NB zur Politikberatungs-Kaskade.

Konkret ist hier die Rede vom Energieteil des Nationalen Infrastruktur-Assessment von UK, das sich hier findet.

Klarerweise kommt die Kommission zum (vorgefassten?) Schluss, dass über die nächsten 30 Jahre die Elektrifizierung fast des gesamten britischen Primärenergiebedarfs möglich ist und dass alles mit Erneuerbaren Energien geht.

Sogar Raumheizung und individuelle Mobilität sollen ohne besonders großen Mehrbedarf verstromt werden können.

Roger Andrews und die Techniker um Energy Matters haben sich die Pläne vor kurzem angesehen und darüber diskutiert, siehe hier.

Ein Hauptresultat ist, dass sich die verwendeten Parameter nicht aus den ihm vorliegenden empirischen Daten (dänischen Ursprungs) ableiten ließen – das aber lässt sich kühnen Extrapolationen der Modellrechnungen nur bedingt entgegenstellen (“Na, aber über die nächsten 30 Jahre!?”).

So bleibt Andrews letztlich nur die sarkastische Empfehlung, die Ezzesgeber/Modellrechner selbst auditieren zu lassen, und zwar durch eine kompetente Organisation (“vorausgesetzt, eine solche existiert”).

Die Modellrechnungen zur Energie wurden von Aurora Energy Research vorgenommen, wovon eine Power Point Präsentation vorliegt.

Verdienst des Andrews-Postings (und der sich danach entspinnenden Diskussion) ist immerhin, dass als Ergebnis eine kurz gefasste, von Praktikern vorverdaute Darstellung der 30-Jahre-Planung produziert wurde.

Der stärkste Eindruck, der sich aus der Beschäftigung mit dem Erneuerbaren-Plan der NIC ergibt, ist, dass es sich um Szenarien handelt,  die auf überwiegend (politisch) vorgegebenen assumptions beruhen (manchmal sind es auch Annahmen, die sich aus anderen – potenziell – wissenschaftlichen Studien ergeben).

Super-Vorgabe ist jedenfalls die künftig stattfindende/anzustrebende starke Dekarbonierung der Energieerzeugung (aus welchen Motiven immer).

Das Szenario, das sich Andrews näher ansieht, ist eines, bei dem im Jahr 2050 ca. 90 Prozent des Stroms aus “Erneuerbaren” kommen.

Wenn dann, wie angenommen, auch Transport und Raumwärme völlig auf Strom umgestellt sind, würde tatsächlich nicht mehr viel menschliches CO2 übrig bleiben (nach dieser Rechenart).

Annahmen über Annahmen

Die Elektrifizierung von Transport und Heizung würde im Jahr 2050 nicht mehr als 65 Prozent mehr Strom erforderlich machen als heute nachgefragt wird (zusammen mit den “organischen” Verbrauchszuwächsen), meinen die grünen Techniker & Modellierer (obwohl diese beiden Sektoren heute ein Vielfaches der gesamten Stromerzeugung ausmachen).

Das scheint wenig eingängig, ist aber nicht auszuschließen - technische Revolutionen haben in der Geschichte der Menschen schon öfter stattgefunden (kaum jemals freilich so kurzfristig und wenn “sie gerufen wurden”).

Die Elektrifizierung der gesamten Raumwärme “zum Diskontpreis eines nur 4,9 Prozent höheren Strombedarfs” ist jedenfalls eine Annahme, die auf einer im März 2018 vorgelegten anderen Studie (elementenergy) beruht, die ihrerseits auf Plausibilität geprüft werden müsste.

Man kann jedenfalls davon ausgehen, dass keine sachkundige Person, die nicht dafür bezahlt wird, sich durch die immer höher werdenden Ebenen von mit Steuergeld bezahlten Expertisen graben wird.

Das ist in letzter Konsequenz wohl auch das Ende nonkonformer technischer “Gratis-Expertise” nach dem Modell von Energy Matters. Diese Leute mögen so gut sein wie sie wollen und so viel Wirkliche-Welt-Erfahrung haben wie sie mögen -

sie werden trotzdem immer langsamer und unvollständiger informiert sein als die “offiziellen Profis” – und Geld verdienen sie damit auch nicht wirklich (unter heutigen Umständen).

Da muss zuerst schon ordentlich Schaden angerichtet worden sein, dass die auch einmal zum Zug kommen.     :mrgreen:

 

Nachbemerkung, 24.7.2018, 15.00 Uhr: Eine Nuançierung ist angebracht – die Vorgehensweise ist komplizierter und arbeitsteiliger als dargestellt.

Die Berater, oft erst in ihren Dreißigern, beraten nicht direkt, sondern erstellen “streng wissenschaftliche Szenarien” auf einer naturgemäß beschränkten, zeitgebundenen Datenbasis – Reklamationen ausgeschlossen.

Für Politicos und Öffentlichkeit in Empfehlungen “übersetzt” werden diese Szenarien von Honoratioren, vorzugsweise mit akademischen und Adels-Titeln. Die sind älter, was den “Vorteil” hat, dass sie höchstwahrscheinlich nicht mehr leben, sollten infolge der von ihnen empfohlenen Politik in 20 Jahren oder so die Lichter ausgehen.

Und die Politicos tun sowieso nur, was ihnen die “Experten” sagen (“sachorientierte Politik”)

So bedeckt jede der drei Gruppen ihren A. und die heute womöglich noch Ungeborenen mögen sehen, wo sie in 20 Jahren bleiben.

Unabhängiger Journalist

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