Ist John McCain von 1969 noch relevant? Zum Tod e. Kriegshelden

Senator John McCain ist 81-jährig an Krebs gestorben und die Mainstream-Medien beeilen sich, den Mann, über den sie sich noch 2008 lustig gemacht haben, zu beweihräuchern. Kaum je erwähnt wird eine Propagandaaufnahme, zu der sich der in vietnamesische Gefangenschaft geratene 33-jährige US-Pilot genötigt gesehen hatte.

Disclaimer: Dieser Blogger ist selbst kein Held und er hat selbst seinen nicht wirklich vergleichbaren Präsenzdienst beim österreichischen Bundesheer in den 1980ern nur widerwillig absolviert.

Er war damals der Meinung, dass ihm der österreichische Staat zu wenig “bieten” würde als dass er seinen Altersgenossen und ihm ruhigen Gewissens die höchste Opferbereitschaft abverlangen dürfe.

Dieser Blogger ist bis heute zugegeben unheldisch und er maßt sich auch für die folgend geschilderte Situation nicht an, die Haltung von Lieutenant Commander John McCain zwischen 1967 und 1973 zu verurteilen.

Junge Menschen, die (über)leben wollen, verdienen großes Verständnis – umso mehr, je härter die Umstände sind.

Problematisch wird’s freilich, wenn das politisch-moralische Kapital, das aus einer solchen Situation entstehen kann, dazu verwendet wird,

  • die eigene Karriere zu befördern und
  • fragwürdige Politiken zu pushen.

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Der Verstorbene ( * 1936) war Sohn eines Admirals und zeitweiligen Kommandeurs der US-Pazifik-Flotte. Er war während des Vietnamkriegs Pilot eines Bombers, wurde 1967 bei seiner 23. “Mission” über Hanoi abgeschossen und – an Armen und Beinen schwer verletzt – gefangengenommen.

Die Umstände der nordvietnamesischen Gefangenschaft waren extrem hart.

Torturen, Essensentzug und verweigerte medizinische Behandlung waren an der Tagesordnung.

Nach eigener Darstellung ist McCain wiederholt gefoltert worden. Auch soll er sich geweigert haben, früher als andere Kriegsgefangene heimzukehren.

Das kommunistische Regime in Hanoi versuchte, die amerikanischen Kriegsgefangenen für Propagandazwecke einzusetzen, z.B. über Radiobotschaften, in denen sich die Gefangenen als Verbrecher bezeichnen mussten.

Auch der damals 33-jährige John McCain lenkte ein und sagte im nordvietnamesischen Radio u.a.:

I, as a U.S. airman, am guilty of crimes against the Vietnamese country and people. I bombed their cities, towns and villages and caused many injuries, even deaths, for the people of Vietnam (…)”

I received this kind treatment and food even though I came here as an aggressor and the people who I injured have much difficulty in their living standards. I wish to express my deep gratitude for my kind treatment and I will never forget this kindness extended to me.”

Nach seiner Rückkehr 1973 bekam er einen Orden.

Anfang der 1980er verabschiedete er sich vom Militär und schlug die politische Laufbahn  ein.

Auf einem Ticket “seines” Heimatstaats Arizona zog er sodann über Jahrzehnte hinweg für die Republikaner ins Oberhaus ein. 2008 trat er schließlich erfolglos gegen Barack Obama bei den Präsidentschaftswahlen an.

McCains Nimbus als Kriegsheld war sowohl für seine Wahlerfolge als auch für sein standing in der Repubikanischen Partei wesentlich.

Ein Grüppchen Vietnam-Veteranen hielt und hält diese Charakterisierung jedoch für falsch.

Für sie wurde nur deshalb kein Hochverratsprozess gegen McCain geführt, weil dieser von Präsident Nixon begnadigt worden sei (wofür es keinen archivalischen Beweis gibt).

Andere Schicksalsgenossen, meinen diese Vietnam-Veteranen, hätten sich viel “heldenhafter” benommen.

McCains Mitwirkung an der nordvietnamesischen Propaganda war jedenfalls lange ein Gerücht (“fake news”?) – bis im Sommer 2016 im National Archive eine verlegte Tonbandaufnahme aufgestöbert wurde.

Zusätzliche Relevanz bekam diese “alte Geschichte” im Zug der Wahl Donald Trumps, der von Neocon McCain nach Kräften bekämpft wurde (Trump revanchierte sich entsprechend).

Als Außenpolitiker hat McCain jedenfalls die Kriege und Positionierung des US-Imperiums während der vergangenen 20 Jahre entscheidend mitgestaltet.

Unabhängiger Journalist

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