Ö: Zynismus und Berufsausbildung

Wien will einen Erlass abschaffen, nach dem Asylwerber schon vor dem positiven Abschluss ihres Verfahrens eine Lehre beginnen dürfen. Opposition und MSM halten das für zynisch. Das wäre es aber nur, wenn die Asylsucher mehrheitlich wirklich politisch etc. Verfolgte wären bzw. jene Jugendlichen keine Alternative hätten, die tatsächlich einwandern & sich integrieren wollen und die bereit sind, “ihr eigenes Gewicht zu ziehen”.

Die Diskussion über den jüngsten “Regierungszynismus” geht auf zuletzt thematisierte Fälle zurück, in denen jugendliche Asylwerber, die sich in Ausbildung befinden, nach einem hypothetischen negativen Ausgang ihres Verfahrens außer Landes gebracht werden könnten.

Dagegen haben vorsorglich auch ihre Lehrherren rebelliert.

Besagte Lehrverhältnisse wurden nach dem 2012 in Kraft getretenen Erlass zu recht begonnen (was nicht selbstverständlich ist, denn:

Asylsuchende dürfen hierzulande – prinzpiell – keiner offiziellen Arbeit nachgehen, worauf bisher v.a. die Gewerkschaft Wert gelegt hat; dieses “Tabu” wurde bis Ende vergangenen Jahres freilich schrittweise “zerlöchert”).

Der Erlass stammt noch aus einer Zeit, in der es sich bei Asylsuchenden tatsächlich um Einzelfälle gehandelt hat und der Asylprozess noch nicht zur verdeckten Einwanderung pervertiert ist.

Der Großteil der Journos verzichtete – wenig überraschend – auf eine angemessene Kontextualisierung der Diskussion und gab sich damit zufrieden, die Regierungskoalition als herzlose Fremdenfeinde zu zeichnen.

FP-Vizekanzler Strache verteidigte das Vorgehen mit dem Hinweis, dass mit dem Erlass von 2012 das Asylrecht ausgehebelt werden könne und dass es genügend “hiesige” Lehrstellensuchende und anerkannte Flüchtlinge gebe, um die Nachfrage der Wirtschaft zu decken.

Ein Regierungsprecher ergänzte, dass parallel ein eigener Aufenthaltstitel für Lehrlinge entstehen und die Rotweißrot-Card attraktiver gemacht werden solle (was es theoretisch erleichtert, als Asylwerber getarnte Versorgungssuchende von arbeitswilligen Immigranten zu trennen).

Flüchtlinge statt NEETs

Bezeichnenderweise scheint sich die um die politische Opposition versammelte Empörungsgemeinde nicht für eine sachorientierte Lösung zu interessieren (wovon in diesem Fall die Wirtschaftskammer ausgenommen werden muss: “Wichtig ist eine klare Regelung, die sauber zwischen Asyl und qualifizierter Zuwanderung unterscheidet.”)

Vergessen und vorbei sind jedenfalls jene Zeiten, in denen sich (alle) Sozialpartner und Medien noch über das Schicksal des sozusagen bio-österreichischen Nachwuchses gfretteten und sich Sorgen machten, dass Jahr für Jahr Zehntausende Jugendliche in einem “Bermudadreieck” zwischen Schule, Lehre und Beruf verschollen sind.

Das war vor 2015.

In Soziologensprache nannte man (und nennt man bis heute) dieses Phänomen NEET (“Not in Education, Employment or Training”), siehe z.B. hier.

Red. Strunz und die Empörungsgemeinde scheinen davon noch nie etwas gehört zu haben.

Unabhängiger Journalist

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