Lihber Sparefro !

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Quelle: Lisa und Johannes

Ich möchte dir hertzlich zu deinem Geburtstag kratulieren, obwohl ich nicht weis, wie alt du bist. Die Dame von der Bank, bei der die Mamma, die Miri und ich heute waren, hat es auch nicht gewust. Wahrscheinlich bist du schon viel älter als die Oma, obwohl du im Gesicht noch ganz jung ausschaust.

Die Dame hat mir ein Matchbox-Auto gegeben und die Miri hat einen Luftballon bekommen. Ich wollte eigentlich die elecktrische Rennbahn haben, die dort gestanden ist. Aber die hätte ich nur gegriegt, wenn die Mamma einen neuen Spar Vertrag um 70 Euro gekauft hätte. Aber das Spielzeugauto ist auch sehr schön.

Wie wir wieder draußen waren, hat die Mamma gsagt, dass die Leute von der Bank alle Pülcher sind und dass die nette Dame auch zu ihnen gehört. Sie würde auch ganz sicher keinen Grehdit bekommen, wenn sie einen brauchen tät, sagt die Mamma. Geld auf die Bank tragen würde sie aber auch nicht, weil da kriegt sie keine Zinsen. Nur halt am Weltspahrtag, wegen dem Matchbox-Auto. Sie ist ja nicht deppert, hat die Mamma gesagt.

Seitdem der Pappa weg ist, hat sie aber eh kein Geld und drumm ist es ihr Wurst, wenn es keine Zinsen gibt. “Und überhaupt: Sparefro gipps auch keinen”, hat sie gesagt.

Das ist aber nicht wahr ! Wie ich daheim war, hab ich gleich mit dem neuen Hendi, das ich zum Geburtstag gegriegt habe, den Onkel Herbert angerufen und der hat zuerst gar nicht gewust, worum es geht. Aber dann hat er ganz ruhig gesagt: “Na sicher gipps den Sparefro. Die Mamma redet halt manchmal Unsinn.”

Das ist wirklich so. Vor allem, wenn sie sich ärgert. Das kann man an ihrer Stimme erkennen und ihre Augen werden ganz klein.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie wir einmal bei der Kasse im Supermarkt gestanden sind. Ich wollte die Mamma überreden, dass sie mir ein Sackerl mit Fußballerfotos zum einkleben kauft, weil mir noch mindestens vier gefehlt haben und ein Foto wäre sicher in dem Sackerl gewesen. Vielleicht sogar zwei. Aber die Mamma wollte bartu nicht und dann hat auch noch Miri zum Stinken angefangen.

 

Historischer Sparefroh, Wien 1964
Historischer Sparefroh, Wien 1964 

Da hab ich gesagt: “Aber das Freun Wallner kauft mir immer ein Sackerl mit Fußballerfotos.Da ist die Mamma ganz wilt geworden und hat geschrien: “Lass mich in Ruh’! Das Freun Wallner ist eine Flitsche.”

 

 

Das stimmt aber nicht. Der Papa sagt auch, dass das Freun Wallner keine Flitsche ist. Außerdem war was ich gesagt habe, wahr und was wahr ist, darf man sagen.

Seit der Pappa zum Freun Wallner gezogen ist, sind die Miri und ich an jedem zweiten Wochenende bei ihm und Freun Wallner. Wenn ich mit ihr am Samstag einkaufen gehe, kauft sie mir immer ein Sackerl mit Fußballerfotos.

Ein paar Wochen, nachdem der Papa ausgezogen ist, ist der Onkel Herbert bei uns eingezogen. Vorübergehend. Er ist Inschtallateur und hat ein Geschäft im siemten Bezirk. Wir waren schon dort. Er ist der Bruder von der Mamma und ein kohmischer Mensch. Er ist aber auch sehr nett und mann kann ihn eigentlich immer anrufen.

Er hat keine Frau und keine Kinder und ist bei uns eingezogen, damit wer auf uns aufpassen kann, wenn die Mamma am Abend Fort geht. Dafür darf er im Wohnzimmer schlafen und mit uns Abendessen und die Mamma wascht seine Wäsche mit.

Die Mamma ist jetzt schon länger nicht mehr Fort gegangen, aber der Onkel Herbert ist noch immer da. Er beschäftigt sich gern mit der Miri und mir und ließt der Miri auch fünf Mal hintereinander das gleiche Buch vor, wenns sein muss. Er verträgt sich auch mit der Mamma. Meistens halt.

Die Mamma sagt immer, wir sollen nicht so frech sein und dem Onkel Herbert nicht ständig mit vollem Anlauf auf den Bauch hupfen, wenn er auf der Kautsch liegt. Aber das macht ihm nichts aus. Er wird nicht böse, oder nur selten.

Nur einmal, wie ich ihm unabsichtlich mit dem Fuss ins Gesicht getreten bin, dass ihm das Blut aus der Nase geronnen ist, hat er mich am Oberarm gepackt, so fest, dass es richtig Weh getan hat. “Reis dich zusammen”, hat er gesagt und mir ganz starr in die Augen geschaut.

Wenn er sowas sagt, ist er auf hundert. Wie an dem Abend, wie wir gehört haben, dass das Freun Wallner ein Baby haben wird und dass die Miri und ich wahrscheinlich ein Brüderl bekommen werden. Wir sind vor dem Fernseher gesessen und die Mamma war traurig. Der Onkel Herbert aber war ziemlich wütend. Er hat die Mamma ganz böse angeschaut, den Wein in den Kühlschrank getragen und gerufen: “Reis dich zusammen !”

Die Mamma sagt, dass der Onkel Herbert Stein reich ist, dass das aber niemand glauben würde, weil jeder von seinen Sokken ein Loch hat. Und die Miri und ich werden eines Tages alles bekommen, weil noch Niemand einen Weg gefunden hat, wie mann sich was in den Himmel mitnehmen kann.

Der Onkel will sich nix gönnen, weil er eh schon Alles hat, sagt er selber: ein Auto, ein Haus und in seinem Keller stehen 1.187  leere Bierflaschen, die er gesammelt hat. Ich kann das gut verstehen. Wahrscheinlich fehlen auch ihm noch ein paar seltene Flaschen.

Ah ja, und viel Gold hat er auch, sagt die Mamma. Aber das sage ich nur dir, lieber Sparefro, weil das darf ich unter keinen Umständen Niemanden weitererzählen. An einen Abend hab ich gehört, wie die Mamma den Onkel gehenselt hat, weil sie im Fernsehen gesagt haben, dass der Goldpreis jetzt wieder gefallen ist.

Ich glaube, das macht ihm so wenig aus wie wenn ihm Wer auf den Bauch hupft. “Dann muss ich schon wieder was von dem Zeugs kaufen. Schön langsam geht mir das Geld aus”, hat er gesagt und gelacht.

Er hat auch eine Pistole um das Gold zu bewachen, sagt die Mamma. Eine ganz Echte, eine Klock. Die würde mich Viel mehr interessieren. Einmal habe ich den Onkel Herbert gefragt, ob es stimmt, dass er eine echte Pistole hat. “Sei nicht so neugierig”, hat er gesagt.

Dies ist der Brief eines Siebenjährigen an den “Sparefroh”. Dieser ist eine Märchenfigur wie der Weihnachtsmann und der Osterhase. Er wurde in den 1950er-Jahren erfunden, um bei den Kindern für die Idee des Sparens zu werben. Der Sparefroh tritt üblicherweise nur einmal im Jahr am sogenannten Weltspartag auf. Eine Übersetzung der obigen Mundartausdrücke ist mir zu mühsam.

Foto: Sammlung Traimer, Wikimedia Commoans,

Unabhängiger Journalist

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