In dem momentan im Gaza-Streifen erfolgenden Militäreinsatz Israels im Kampf gegen die palästinensischen Terroristen der Hamas kommt es auch zu Pannen. Dazu sollte man nicht aus dem gemütlichen Ohrensessel überzogene Kritik üben, sondern sich bei deren Beurteilung besonders um eine realistische Betrachtung des Kampfgeschehens bemühen. Von Dr.Dr. Heinz-Dietmar Schimanko
Es gilt, die schwierigen und gefährlichen Situationen, in denen sich die einzelnen Soldatinnen und Soldaten befinden, und dabei insbesondere die spezifisch unsoldatische Art zu berücksichtigen, in der die Terroristen kämpfen. Auch die auf Seiten der Soldaten in einigen Fällen bestehende besondere menschliche Tragik sollte einbezogen werden.
Militärische Operationen laufen nicht nach einem Drehbuch ab, weder im Krieg noch in einem bewaffneten Konflikt. Da kämpfen eben zwei Parteien gegeneinander, im gegenständlichen Fall israelische Militäreinheiten gegen palästinensische Terroristen.
Natürlich gehen militärische Einheiten meist nach einem bestimmten Plan vor, das eigentliche Kampfgeschehen läßt sich aber nur schwer steuern und ergibt sich meistens spontan im Gegeneinander mit dem Feind. Eine Partei will die andere Partei überraschen, es kommt darauf an, wer sich zuerst eine Position verschafft, den anderen auszuschalten, bevor dieser ihn ausschaltet.
Da hält eine Partei sich bedeckt und versucht, die andere Partei zu täuschen. Da besteht ein Kampfgeschehen mit einem unkontrollierten Zusammenwirken einer größeren Anzahl von Akteuren, so daß sich spontan unvorhersehbare Situationen ergeben, in denen oft nur wenige Sekunden oder gar nur Bruchteile von Sekunden verbleiben, um die Situation zu erfassen und zu entscheiden.
Die Situationen können sich schlagartig ändern. Oft bleiben Situationen unklar, dennoch ist rasches Handeln geboten.
Dabei ist zu berücksichtigen, daß auf einzelne Soldaten im Kampfgeschehen oft gleichzeitig verschiedene optische und akustische Eindrücke einwirken, etwa durch Detonationen oder Schüsse, Motorengeräusche, Rufen, Schmerzschreie von Verwundeten. Oft können sie sich nicht auf einen Bereich konzentrieren, sondern müssen zugleich verschiedene Bereiche auf verschiedenen Ebenen im Auge behalten, gerade im Häuserkampf, weil sie davon ausgehen müssen, daß der Feind dort lauern kann.
Oder sie werden überhaupt gleichzeitig aus verschiedenen Richtungen angegriffen oder müssen dem Feind zugleich in verschiedenen Bereichen zuvorkommen.
Da kann auch die Koordination innerhalb der Truppe schwierig werden. Die Sicht kann je nach Tages- oder Nachtzeit und Wetter beeinträchtigt sein, außerdem durch Blendung oder Rauchentwicklung. Die Anstrengungen und Gefahren, denen die Soldaten ausgesetzt sind, können rasch zur Überanstrengung führen.
Im gegenständlichen Fall kommt erschwerend dazu, daß die israelischen Einheiten auch mit der besonders schwierigen Aufgabe der Geiselbefreiung befaßt sind.
Geiselbefreiung ist ein besonders schwieriges Unterfangen, weil die Geiseln von Verbrechern wie Terroristen gefangengehalten werden, und man Gewalt einsetzen muß, um die Geiseln zu befreien, aber dabei die Gewalt auf die Widerstand leistenden Verbrecher konzentrieren und die sich im Bereich der Verbrecher befindenden Geiseln möglichst schonen muß.
Außerdem muß man dabei besonders schnell vorgehen, um den Verbrechern möglichst keine Gelegenheit zu lassen, den Geiseln zu schaden.
Getötete Geiseln
In dem Fall der von Soldaten der IDF versehentlich erschossenen drei Geiseln dürften sich diese Umstände tragisch ausgewirkt haben. Nach den Angaben von Israels Generalstabschef Herzi Halevi waren die Geiseln im Freien in ihrer Zivilkleidung mit ausgezogenem Hemd,
um zu zeigen, daß sie keinen Sprengstoff am Leib tragen, und verwendeten eine weiße Fahne, aber nur eine behelfsmäßige. Halevi gab aber auch zu bedenken, daß sich der Vorfall in einer Kampfzone ereignete, und die Hamas-Terroristen oft in Zivilkleidung aktiv sind (Die Welt, 17.12.2023).
Letzteres zeigt auch, daß die Hamas-Terroristen sich im Unterschied zu üblichen Kombattanten nicht einmal an das Mindestmaß der auch in einem bewaffneten Konflikt geltenden Regeln halten.
Die Geiseln dürften von dem Soldaten, der auf die drei schoß und dabei zwei von ihnen tötete und einen verletzte, als Bedrohung wahrgenommen worden sein.
Der Verletzte eilte in das Haus zurück, aus dem die Geiseln gekommen waren. Als andere Soldaten sich dem Haus näherten, hörten sie dessen Hilferufe auf hebräisch, glaubten aber an eine Falle (Ulrich von Schwerin, Israels Armee tötet versehentlich drei Geiseln in Gaza, NZZ 17.12.2023).
Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Soldat weiter entfernt war, “einige Dutzend Meter”.
Der Umstand, daß die Geiseln nicht befreit werden mußten, sondern sich frei bewegten, erscheint ungewöhnlich, so daß die Soldaten vermutlich nicht damit rechneten und die Geiseln nicht als solche identifizierten.
Was diese Auffälligkeit und die Hilferufe in Hebräisch betrifft, so ist zu berücksichtigen, daß israelische Soldatinnen und Soldaten darauf geschult sind, in palästinensischem Gebiet besonders skeptisch zu sein, weil Palästinenser ihnen oft Fallen stellen und dabei Zivilistinnen und Zivilisten einsetzen.
Auch in einem bewaffneten Konflikt sind solche Fallen Kriegsverbrechen (Art. 8 Abs.2 lit.b. sublit.i., sublit.xi. und sublit. xxiii, lit.e. sublit.i. und ix. Römer Statut), ebenso wie Geiselnahmen (Art. 8 Abs.2 lit.a. sublit.viii, lit.c. sublit.iii Römer Statut).
Von der Hamas gestellte Fallen
Gerade Fallen mit Personen, die vortäuschen, sich zu ergeben, sind bei der aktuellen Militäroperation im Gaza-Streifen bereits passiert. So kam in einem Fall eine Gruppe alter Frauen und Männer eine weiße Fahne schwenkend aus einem Haus, worauf ein Mann aus ihren Reihen trat und auf israelische Soldaten feuerte. Es gibt weitere rezente Beispiele von diesen üblen Methoden der Hamas-Terroristen (siehe Douglas Murray, „Hamas’ philosophy: All civilians, all children are tools of war“, New York Post, 28.12.2023).
So näherten sich israelische Soldaten im Süden des Gaza-Streifens einer alten Dame, die allein an einer Straßenecke im Rollstuhl saß, und wurden plötzlich von einem Terroristen beschossen, der sich unter ihrem Rollstuhl versteckt hatte.
Einen erst dreizehnjährigen Jungen instrumentalisierten die Terroristen, indem sie ihn in der Nähe einer Schule bei israelischen Soldaten eine Tasche abstellen ließen, die explodierte, nachdem er weggerannt war, wodurch ein Soldat schwer verletzt wurde.
Daher müssen auch immer wieder palästinensische Kinder als potentielle Terroristen angesehen werden. Einzubeziehen ist auch der Umstand, daß die Mehrheit der Bevölkerung des Gaza-Streifens die Terrororganisation Hamas unterstützt (Mehrheit der Palästinenser sieht Hamas positiv, Der Standard 14.12.2023).
Es ist daher für israelische Soldatinnen und Soldaten militärisch vernünftig, auf der Hut zu sein und den gesamten Gaza-Streifen als feindliches Gebiet und im Zweifel seine Bevölkerung als feindselig anzusehen.
Zuweilen fehlgeleitete öffentliche Meinung
Ein demokratisches Staatssystem kann nicht so einfach einen Krieg oder einen bewaffneten Konflikt führen oder unterstützen, wie ein autokratisches.
Die Regierung eines demokratischen Staatssystems muß in weit größerem Ausmaß Rücksicht nehmen auf Meinungen, die in der Bevölkerung bestehen, auch wenn einzelne Gruppen von Bürgerinnen und Bürgern aus Inkompetenz heraus gegen Regierungsmaßnahmen agieren. Wenn diese Maßnahmen in Militäroperationen bestehen, dann wirkt sich dieser Umstand besonders aus in westlichen Demokratien mit postheroischen Gesellschaften (Copyright Prof. Dr. Herfried Münkler).
Viele Bürgerinnen und Bürger haben weltfremde Vorstellungen und verstehen oft nicht den Ernst der Lage.
In illusorischem Humanismus begreifen sie nicht, daß es Schwerverbrecher gibt, bei denen man nichts erreicht, wenn man ihnen gut zuredet, sondern die man nur von der Begehung von Greueltaten abhalten kann, wenn man sie mit Gewalt stoppt.
Und sie sind überfordert, wenn sie Aufnahmen vom Kampfgeschehen sehen oder Berichte davon hören und dabei konfrontiert werden mit Gewalthandlungen und Opfern, die ein solches Kampfgeschehen zwangsläufig mit sich bringt.
Insbesondere ein Kampfgeschehen, das in Ortschaften ausgetragen werden muß, weil die Terroristen zivile Gebäude wie Moscheen, Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten und auch viele Wohngebäude einschließlich deren Kinderzimmer als Stützpunkte und Lager für Waffen und Sprengstoff mißbrauchen, womit sie gegen Kriegsregeln verstoßen, und sich in den Ortschaften zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern verschanzen und sie als menschliche Schutzschilder mißbrauchen,
was für sich genommen ein Kriegsverbrechen ist (Art. 8 Abs. 2 lit.b. sublit. xxiii Römer Statut).
Und viele Bürger haben keine militärischen Grundkenntnisse und kennen daher die in einem Kampfgeschehen unvermeidbare Fehlerquote nicht und können daher auch nicht sachgerecht Kritik an militärischen Aktionen üben. Damit sind sie auch anfällig für Manipulation wie jene durch palästinensische Propaganda.
Ihre Kritik am militärischen Vorgehen gegen die Terroristen der Hamas ist daher zumeist schlichtweg falsch und im Sinne der Sicherheit der Menschen in Israel nicht ernst zu nehmen.
Manche gehen in ihrer weltfremden Sicht so weit, daß sie die israelischen Verteidigungskräfte sogar dafür kritisieren, daß sie gefangene Hamas-Terroristen bis auf die Unterwäsche entkleiden.
Dies entgegen der falschen Annahmen Mancher nicht zu deren Erniedrigung (was im Vergleich zu den von diesen begangenen Greueltaten eine Lappalie wäre), sondern um sicherzugehen, daß sie keinen Sprengstoff am Körper tragen, mit dem sie als Selbstmordattentäter agieren können, wie es in der Vergangenheit immer wieder der Fall war.
Zu dieser Thematik kann man auch auf Douglas Murray; Why all the fuss over stripping of Hamas terrorists? That is what a real war looks like, The Sun 14.12.2023) verweisen,
der auch (ebenso wie Piers Morgan in dessen Sendung von Sky News Australia) couragiert gegen palästinensische Protagonisten auftritt, welche die Terrorangriffe der Hamas glorifizieren und die von der Hamas am 07. Oktober 2023 begangenen Greueltaten leugnen,
siehe z.B. Douglas Murray silences pro-Palestine guests with definition of terrorism, ab Min. 13:15).
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