Der spanische PP-Chef Rajoy, der soeben Wahlen gewonnen hat, hat wieder in die Keksdose gegriffen und für die anstehenden Pensionszahlungen 8,7 Mrd. Euro entnommen. Der Fonds, der noch 2011 mit 67 Mrd. Euro gefüllt war, fasst nur mehr 25 Mrd. und wenn der nächsten Regierung nicht bald etwas einfällt, ist 2018 Schluss.
Die Querschüsse, von denen auch die Aufmachergrafik stammt, haben hier darüber geschrieben, El País hier, ABC hier und El Confidencial hier. Für Agenturen und Zeitungen außerhalb Spaniens scheint das Thema nicht so interessant gewesen zu sein.
Der 2000 gegründete fondo de reserva hat v.a. in den guten Vorkrisenjahren die Beitragsüberschüsse aus der Pensions- und anderen Versicherungen aufgesaugt und in Staatsanleihen investiert.
Damit war vor fünf Jahren Schluss. Seit damals hat Madrid 54,1 Mrd. Euro abgehoben – mehr als man in den zehn Jahren vorher angesammelt hat (es gab ja noch Zinsen).
2012, als die damals neue konservative Alleinregierung anfing in die Keksdose zu greifen, sagte man noch gemütlich: “Dazu ist es doch da !”, doch mittlerweile trägt dieses Thema wesentlich dazu bei, dass niemand Koalitionspartner der Partido Popular werden möchte. PP (der partido/die Partei) wurde 2015 zwar erneut größte Partei, hat aber ihre absolute Mehrheit verloren.
In den beiden Wahlkämpfen haben alle erklärt, sie wollten den Fonds wieder auffüllen, aber das ist leichter gesagt als getan.
Den Sozialisten (PSOE) schwebt eine Solidaritätssteuer auf Mieten und Vermögen vor, während die PP Witwen- und Waisenpensionen aus dem allgemeinen Steuertopf finanzieren und den Fonds dadurch entlasten will. 22 Milliarden würden kurzfristig benötigt, um den Kollaps des Fonds abzuwenden, heißt es heute.
Der vielleicht interessanteste Aspekt ist der Umstand, dass sich der Schrumpfkurs des Sozialtopfs eigentlich gar nicht hätte fortsetzen dürfen – schließlich soll die spanische Wirtschaft im vergangenen Jahr real mehr als drei Prozent gewachsen sein und das soll sich heuer wiederholen.
Damit hat Spanien eine der höchsten Wachstumsraten des Kontinents. Mit einem solchen Wachstum müssten nicht nur die Arbeitslosen weniger werden, sondern auch wieder mehr Sozialbeiträge hereinkommen.
Das findet aber nicht statt und böse Zungen erklären das damit, dass der viel beschworene wirtschaftliche Erfolg zum größeren Teil ein statistisches Artefakt ist.
Das lässt auch die Arbeitslosigkeit vermuten, die parallel zur angeblichen wirtschaftlichen Erholung um fünf Prozentpunkte auf 21 Prozent zurückgegangen ist. Die “vielen” neuen Jobs tragen freilich nicht allzuviel zum spanischen Umlagesystem bei.
Diese Querschüsse-Geschichte über die aktuellen Arbeitsmarktzahlen deutet an, was dahintersteckt. Statistisch gibt es zwar mehr neue Jobs, die meisten von ihnen sind aber befristet und schlecht bezahlt.
Die Junizahlen der neuen Arbeitsverträge zeigen das auf extreme Weise (Erntehelfer etc. haben ausschließlich befristete Kontrakte): Von den in diesem Monat geschlossenen 1,92 Millionen neuen Arbeitsverträgen waren nur 148.395 bzw. acht Prozent auf unbestimmte Zeit.
Soviel zum Thema Statistik und spanisches Umlagesystem.
Ein zweiter höchst interessanter Aspekt ist der Umstand, dass der Fonds, der für seine Veranlagung entsprechende gesetzliche Auflagen hat, in den vergangenen Jahren substanziell Papiere der Madrider Zentralregierung verkauft haben muss – ohne dass sich das in den laufend niedriger werdenden Renditen bemerkbar gemacht hätte.
Vor vier Jahren erbrachte der Zehnjahres-Bono noch einen yield von 7,2 Prozent, mittlerweile liegt dieser bei 1,2 Prozent, siehe z.B. hier - ein klarer Fall von Investorenvertrauen in die Wirtschaftspolitik , nicht wahr, Herr Draghi?
Der Verfall der Renditen bedeutet natürlich auch, dass die Zinsen bei den noch gehaltenen, aber bereits “übergerollten” Staatsanleihen deutlich zurückgegangen sind, was die Misere des Fonds vergrößert (quantitativ aber vergleichsweise wenig ins Gewicht fällt).
Den spanischen Medien erzählt man noch heute gerne, was für ein gutes Geschäft Staatsanleihen doch seien und dass die Lage noch schlimmer wäre, wenn der Fonds nicht so viele Bonos besitzen würde. So etwas wird immer gerne geglaubt, auch in Spanien.
Grafik: querschuesse.de, mit freundlicher Genehmigung; FBAWI16060490076
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