Update zum CETA-Klamauk – Der EU-Kadi wird’s schon richten

Wien und Berlin tun, als hätten “ihre” nationalen Parlamente in Sachen CETA etwas zu vermelden, was hier nachzulesen ist. Oberkommissar Juncker reagierte zunächst mit der ungewohnt ehrlichen Charakterisierung Klamauk. Das änderte sich, nachdem man ihn überzeugt hatte, dass zur Wählertäuscherei ein Votum dringend benötigt wird. Seither spielt der Lügenbaron mit. Die Parlamente dürfen abstimmen und der EU-Gerichtshof darf deren Entscheidungen aufheben.

Und alle dürfen zufrieden sein: Die kollektive Führung der EU, weil sie kriegt, was sie haben möchte, die nationalen Parlamente, weil sie sich noch einmal in die Brust werfen dürfen und die Medien, die das als Sieg der parlamentarischen Demokratie verkaufen können.

Hier ist der plot, direkt aus der Feder von Thomas Mayer, des Brüssel-Korrespondenten des Wiener Standard (eigene Hervorhebungen):

Zunächst Junckers Verwandlung vom Klamauk-Kritiker zum Schauspieler:

Hatte der Kommissionschef selbst erst vor einer Woche den Regierungschefs beim EU-Gipfel in Brüssel noch die Ansicht des Rechtsdienstes seiner Behörde vorgetragen, wonach Ceta allein in die Kompetenz der Kommission falle (“EU-only”) und es ein “einfaches Abkommen” geben müsse, so sprach er sich nun für das Gegenteil aus: ein “gemischtes Abkommen.”

Dann das verhängnisvolle Requisit. Die nationalen Parlamente scheinen zwar noch fest in der Hand der Glühenden Europäer zu sein – so ganz sicher ist man sich aber doch nicht mehr, weshalb

Ratifizierungen über den Umweg des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Straßburg (sic!) doch noch unmöglich gemacht (werden müssen)… Der Plan sieht so aus: Die Kommission stellt ausdrücklich fest, dass ihre ursprüngliche Rechtsansicht aufrecht bleibt, überlässt es aber den Regierungen “aus politischen Gründen”, wie (Handelskommissarin Cecilia) Malmström sagte, Ceta als gemischtes Abkommen zu beschließen.”

Trotz dieser Feststellung befasst die Kommission den EuGH, der gerade einen anderen Handelsvertrag daraufhin abklopft, ob es sich dabei – wie seit “Lissabon” vorgesehen – um eine reine EU-Kompetenz handelt.

Was im Fall CETA herauskommt, ist nicht wirklich streitig. Die Sachlage ist so eindeutig, dass sich Luxemburg keine große Mühe mit einer komplizierten Rechtsbeugung geben muss.

Seit 2009 darf die Kommission ohne nationale Parlamente internationale Verträge abschließen, siehe z.B. hier:

rechtspersönlichkeit
Quelle: www.eu-info.de

Jeder in Brüssel weiß, dass das Abkommen mit Kanada in diese Kategorie fällt – und dass der EuGH auch dementsprechend entscheiden wird.

Zum Schluss erfolgt die Anullierung der parlamentsdemokratischen Turnübung. Noch einmal der Standard:

Auf Frage des Standard bestätigte (Handelskommissarin Malmström), dass der Ball letztlich bei den Höchstrichtern liege. Und gefragt, ob es möglich sei, dass die Mitbestimmung der nationalen Parlamente dann obsolet werden könnte, sagte sie im ORF: “Das ist möglich, das könnte passieren.”

Nach vor der Entscheidung des EuGh kann das Abkommen bereits provisorisch in Kraft gesetzt werden, damit keine Zeit bei der Umsetzung verloren werden muss. (Mit einiger Sicherheit werden die Eurorichter übrigens auch postulieren, dass über TTIP ebensowenig abgestimmt werden muss   :mrgreen: ).

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Nun sollte man meinen, dass man nach dieser gelungenen Schilderung des Trickreichen Umfallers wenigstens ein bisserl ironisch wird.

Weit gefehlt. Die Zeitung bittet die Helfer der Clowns sogar um eine Wortspende:

Im Kanzleramt in Wien reagierte man positiv auf die Ankündigung aus Brüssel: Dass für Ceta ein Nationalratsbeschluss nötig wird, bedeutet, dass eine breite Diskussion über das Abkommen in der Öffentlichkeit und unter Experten stattfinden wird, so ein Sprecher von Kanzler Christian Kern (SPÖ). Man wolle diese Debatten abwarten, ehe man sich klar für oder gegen Ceta ausspricht. Im Büro von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner wurde der Entscheid der Kommission als “Erfolg” für Österreich gesehen.”

Zum lockeren Abschluss des Themas ein Klassiker des großen Helmut Qualtinger: Der Papa wird’s scho richten.

Unabhängiger Journalist

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