Unsere hoch subventionierten Wirtschaftsforscher werden nicht müde, eine falsche Vorhersage nach der anderen abzugeben. In Sachen Wirtschaftswachstum liegt ihre Fehlerquote bei praktisch 100 Prozent. Die Medien käuen die Ergebnisse der Modellrechnungen dennoch geduldig wieder – ohne auf die Idee zu verfallen, deren Relevanz zu hinterfragen.
Vergangenen Montag war die Nationalbank am Zug, am Donnerstag nächster Woche dürfen Wirtschaftsforschungsinstitut und Institut für Höhere Studien wieder ‘ran. Es wird Zeit für die Sommerprognosen. Die sind fast zu überhaupt nichts zu gebrauchen – außer zum Verbreiten von nicht fundiertem happy talk, aber auch das muss offenbar erledigt werden.
Auf den Herbstprognosen beruhen wenigstens die Jahresplanungen von ein paar zehntausend Unternehmen. Natürlich könnten die Budgetersteller in der Privatwirtschaft auch würfeln oder eine Eingeweideschau veranstalten, aber Modellrechnung klingt eindeutig besser und stimmt den Aufsichtsrat friedlicher.
Das ist der eine Grund, warum es sinnvoll ist, den Herbstprognosen für das nächste Jahr besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Das zweite Motiv ist, dass es ja noch eine gewisse sportliche Herausforderung geben sollte. So wäre es z.B. ziemlich sinnlos, am 31.12. getroffene Voraussagen für das zu Ende gehende Jahr auszuwerten. Diese beruhen ja zu 99 Prozent auf bekannten Entwicklungen und können nur mehr geringfügig daneben liegen.
Das obige Säulendiagramm zeigt die Herbstprognosen des Wifo seit 2011 für das jeweilige Folgejahr sowie den tatsächlich ereichten Wert laut Datenblatt des Wirtschaftsministeriums. Für 2015 wird die Prognose in Ermangelung des wirklichen BIP-Werts am aktuellen (Wifo)Prognosestand gemessen.
Man könnte die gleiche Übung mit dem IHS anstellen und würde wahrscheinlich auf noch höhere Diskrepanzen stoßen (die Vorhersagen liegen üblicherweise um zwei oder drei Zehntel über dem Wifo). Meine Quellen finden sich hier (2011), hier (2012), hier (2013) und hier (2014). Das Diagramm zeigt jedenfalls, dass die letzte akkurate Wachstumsprognose aus dem Jahr 2011 datiert.
Vielleicht sollte man das Wifo zum Trost an dessen Prognose für 2009 erinnern, die 470 Basispunkte daneben gelegen ist. Im Vergleich dazu nehmen sich die Fehlschläge der vergangenen drei Jahre geradezu lächerlich aus. Die Rechtfertigung lautete damals, dass man schwarze Schwäne nicht vorhersagen könne – aber wie sich in den vergangenen drei Jahren erwiesen hat, lassen sich nicht einmal normale hässliche Entlein voraussagen.
Aus Gründen der Aktualität sollen hier aber auch die Prophezeiungen der Nationalbank thematisiert werden, und zwar die Sommerprognosen für das jeweilige Folgejahr. Der Irrtum der Nationalbänkler bewegt sich fast traditionell zwischen 100 und 150 Basispunkten. Die Angaben stammen von hier (Prognosezeitpunkt Sommer 2011), hier (Sommer 2012), hier (Sommer 2013) und hier (Sommer 2014). Wie beim Wifo wird die 2015er-Vorhersage auch in diesem Fall dem aktuellen (eigenen) Prognosestand gegenübergestellt (0,7 Prozent). Die Tabelle sieht so aus:
Sommer-Prognose VJ | tatsächlich | |
2012 | 2,3 | 0,9 |
2013 | 1,7 | 0,2 |
2014 | 1,5 | 0,3 |
2015 | 1,9 | 0,7 |
Für nächstes Jahr hat die OeNB schon wieder ein Wachstum von 1,9 Prozent vorausgesagt. Offenbar denkt sie sich: Beharrlichkeit führt zum Ziel. Irgendwann einmal, sagt die Statistik, wird die OeNB auch recht behalten.
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